16:17 BAUBRANCHE

Nährboden für Schimmel und Algen?

Die zunehmend strenger werdenden Vorschriften für die Wärmedämmung, vor allem mit Platten aus Polystyrol, Polyurethan, Glas- und Steinwolle, rufen in Deutschland Kritiker auf den Plan, die vor den Nebenwirkungen warnen.

Die strengeren Vorschriften stossen bei Hauseigentümern und in der Wohnungswirtschaft zunehmend auf Widerstand und sorgen für Diskussionen. Dies berichtete vor kurzem die Zeitung „Welt“. Als Nebenwirkung von Wärmedämm-Massnahmen wird angeführt, dass abgedichtete Fassaden oft durch Algen befallen werden, die nicht nur zu einem ästhetischen Problem werden können, wie der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen feststellt. So werde auch die Gesundheit der Bewohner tangiert, weil damit auch Schimmelpilze auftreten. Werden so sanierte Wohnungen, gemäss Empfehlung, häufiger gelüftet, gelangen Sporenträger in die Raumluft. Die „Welt“ zitiert eine Hochrechnungen von Medizinern der Universität Würzburg, wonach rund 2500 Menschen in Deutschland an den Folgen von Schimmelpilz-Infektionen sterben. Unter anderem hat laut dem deutschen Ärzteblatt gerade die hermetische Abdichtung des Wohnbereichs zu einer deutlichen Zunahme des Schimmelpilzbefalls geführt. Dem hält der deutsche Gesamtverband Dämmstoffindustrie entgegen, dass Algen und Schimmelpilze überall wachsen, wo es feucht ist. Der Befall sei eine Folge konstruktiver Fehler. Die Wetterwand eines Hauses müsse zum Beispiel durch ein vorspringendes Dach gegen Dauerregen geschützt werden, um die Fassade trocken zu halten.

Das deutsche Fraunhofer-Institut kommt derweil zu ganz anderen Schlüssen: Starke Dämmung führe zu kälteren Wandaussenflächen, auf denen Wasser kondensiert. Es entsteht ein Tauwassereffekt. Stark gedämmte Fassaden können keine Sonnenwärme speichern und werden auch nicht durch die Innenraumluft erwärmt, weshalb die Aussenfläche nachts stark abkühlt. Die Luftfeuchtigkeit kondensiere dann auf der dünnen Putzschicht und bilde den Nährboden für Algen und Pilze - ein Problem, das vor allem bei Wärmedämmverbundystemen auftrete. Bei monolithischen Mauerwerken aus Porenbetonsteinen und zweischaligen Backsteinklinkerwänden können sich Algen und Schimmelpilze kaum ansiedeln, da diese auch im Winter bis in die Nacht hinein genügend Wärme aus dem Sonnenlicht speichern können, um zu verhindern, dass sich zu viel Luftfeuchtigkeit an den Wänden fest setzt.

Auch der Einsatz von Algen- und Schimmel verhindernden Fassadenanstrichen wird kritisch thematisiert. Die WELT bezieht sich dabei auch auf Untersuchungen der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) und der Eidgenössischen Anstalt für Wasserversorgung, Abwasserreinigung und Gewässerschutz. Diese äussert sich kritisch zu den Farben und Putzen, die mit pilztötenden Fungiziden und algenschädlichen Bioziden ausgerüstet sind. Danach sind Giftauswaschungen aus Fassadenbeschichtungen neben den Pflanzenschutzmitteln eine der Hauptursachen für die Belastung der Gewässer mit organischen Schadstoffen. (mai)

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