Nachhaltigkeit ernst nehmen
Der Begriff Nachhaltigkeit ist in den letzten Jahren leider zum Modewort geworden. Für das Architekturbüro von Bob Gysin + Partner BGP gilt das nicht.
Quelle: zvg
Bob Gysins Elbarkaden im Elbtorquartier in der Hamburger Hafen-City.
«Wenn man den Begriff Nachhaltigkeit ernst nimmt, muss Architektur für viele Jahrzehnte Bestand haben – und zwar in sozialer, ökonomischer, ökologisch er, technischer und ästhetischer Hinsicht. Die wichtigsten Parameter bilden der Ort und die Landschaft, der städtebauliche Kontext, funktionale Vorgaben sowie die konstruktiven Möglichkeiten. Bereits beim Entwurf eines neuen Gebäudes wird der Lebenszyklus mit berücksichtigt: Installieren, tragen und trennen müssen unabhängig voneinander funktionieren. Dies erlaubt grösstmögliche Flexibilität innerhalb der gebauten Struktur und man kann auf viele Nutzungsänderungen und technische Neuerungen einfach reagieren», erklärt Bob Gysin.
Viermal weniger Energie
BGP konnte bereits etliche Bauten realisieren, die diese Kriterien erfüllen. So zum Beispiel das Forum Chriesbach in Dübendorf, das mehrfach ausgezeichnet wurde. Der eigenwillige Bau mit auffällig blauen Glaslamellen ist das Headquarter der Eawag, dem Wasserforschungs-Institut der ETH. Das Lehr- und Dienstleistungsgebäude mit 150 Arbeitsplätzen verbraucht rund viermal weniger Energie als ein konventionelles Gebäude.
Geheizt wird u.a. mit der Abwärme der Menschen und Geräte, ein Erdregister konditioniert die Luft vor, Sonnenkollektoren auf dem Dach sorgen für warmes Wasser, eine Solaranlage erzeugt einen Drittel des Strombedarfs. Die beweglichen Glaslamellen werden dem Sonnenstand nachgeführt und verhindern direkte Sonneneinstrahlung.
Die innovative Gebäudehülle demonstriert, was heute baulich und technisch machbar ist. Die Erfahrungen, welche Bob Gysin + Partner BGP bei diesem und ähnlichen Projekten gesammelt haben, möchten sie gerne weiter geben. Deshalb gründeten sie 2007 die Energieagentur EK Energiekonzepte.
Optimale Resultate
EK Energiekonzepte verbindet technisches Know-how aus dem Bereich Haustechnik mit einer ganzheitlichen Betrachtungsweise aus der Architektur. Das Team aus Umweltingenieuren, Architekten, Ökonomen und Haustechnikingenieuren wird bei jedem Auftrag der Aufgabe entsprechend neu zusammengestellt. Dieser Ansatz, der den individuellen, projektspezifischen Anforderungen umfassend Rechnung trägt, gewährleistet optimale Resultate. Seit September 2010 ist die lenum AG Mitinhaber und geschäftsführender Partner von EK Energiekonzepte.
Projekte
Elbarkaden, Elbtorquartier, Hafen-City Hamburg; Wettbewerb 1. Preis 2009, Realisierung 2011–13
Der Magdeburger Hafen ist der zentrale Wasserraum der Hamburger Hafen-City. In einem kombinierten städtebaulichen und architektonischen Wettbewerb galt es, die Bebauung im neuen Elbtorquartier östlich dieses Hafens zu definieren. Verlangt war ein nachhaltiges Ensemble, das dem DGNB Gold Label entspricht. Der erste Preis ging an das Büro Bob Gysin + Partner BGP Architekten in Zürich. Von der Jury wurde neben den städtebaulichen und architektonischen Qualitäten auch das Konzept der Nachhaltigkeit positiv bewertet: «Die rational geprägte Grundstruktur des Entwurfes liefert über alle Kriterien des nachhaltigen Bauens gute Lösungen. Dies reicht von begrünten Dachflächen und grünen Innenhöfen über eine hohe Nutzungsflexibilität und Wirtschaftlichkeit bis zu einer energieeffizienten Gestaltung von Gebäudehülle und Technik».
Forum Chriesbach, Headquarter der Eawag, Wasserforschungs-Institut des ETH-Bereichs, Dübendorf; Wettbewerb 1. Preis 2003; Realisierung 2004–06
Um ein Niedrigenergiehaus ohne herkömmliche Heizung zu realisieren, sind Orientierung, Volumetrie, Gebäudehülle, Speichermasse und Sonnenschutz so konzipiert, dass der Heizwärmebedarf durch die ohnehin im Gebäude anfallende Wärme durch Personen, Arbeitshilfen und Beleuchtung einerseits und durch die Nutzung von Abwärmequellen, Erdwärme und passiver Sonnenenergie andererseits gedeckt werden kann. Für die Spitzenabdeckung ist das Gebäude an das bestehende, bereits optimierte Arealwärmenetz angeschlossen. Ein Drittel des Stromverbrauchs kann durch die auf dem Dach angeordnete Photovoltaikanlage abgedeckt werden.
Wohnüberbauung Fehlmann-Areal, Winterthur; Wettbewerb 1. Preis 2000, Realisierung 2007–2010
Durch die sorgfältige Eingliederung der Neubauten bleiben integrale Bestandteile des Parks sowie die grossbürgerliche Villa Fehlmann erhalten. Die verschieden grossen Kuben fügen sich in die Körnigkeit der Umgebung ein und sind gleichzeitig ein eigenständiges Ensemble. Alle Wohnungen sind um den zentralen Erschliessungskern angeordnet. Sie sind mehrheitlich auf drei Seiten zum Park orientiert. Das einfache statische Grundgerüst spannt einen grossen, frei unterteilbaren Raum auf, der den Bedürfnissen der Bewohner angepasst werden kann. Die Überbauung wurde im Rahmen des Prime Property Awards 2010 ausgezeichnet, der innovative und nachhaltige Immobilien-Investments fördert, die «sich gleichermassen durch eine ökologische, soziale und ökonomische Performance hervorheben».
Bob Gysin + Partner BGP
Architekten ETH SIA BSA
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