Nachhaltige Wohnimmobilien: Der Standortentscheid ist die halbe Miete
Die Lage von Immobilien ist und bleibt das übergeordnete Entscheidungskriterium für Investitionen in langfristig nachhaltigen Wohnraum. Der energie- und kostenoptimierte Technologiemix ist lageabhängig und dadurch der Standortentscheidung untergeordnet. Da professionelle Vermieter nachhaltige Standorte im Portfolio gewichten, heben sie sich positiv vom Eigenheimmarkt ab: Miete verdichtet, Eigentum zersiedelt.
Von Christian Kraft, Hochschule Luzern
Quelle: Gabriel Diezi
Wohneigentum entsteht oft an schlecht erschlossenen Lagen. Wohnbaugenossenschaften achten hingegen beim Bau neuer Mietwohnungen auf eine gute ÖV-Anbindung. (Symbolbild: Glattpark, Opfikon ZH, 2014).
Die Erschliessung einer Immobilie ist aus wirtschaftlicher, räumlicher und ökologischer Perspektive absolut zentral. Energetisch lassen sich Immobilien jederzeit im Lebenszyklus optimieren. Ihre Lage lässt sich dagegen nicht verändern. Zwar ist es möglich, Lagequalitäten durch zusätzliche Infrastrukturen zu verbessern. Doch Eigentümer können diese langsamen Prozesse selten beeinflussen.
Die Gründe für die hohe Relevanz von Lagekriterien für nachhaltige Wohnimmobilien liegen auf der Hand: Hohe Lebens- und Wohnqualitäten für Bewohner, geringe Risiken für Eigentümer, geringe induzierte Mobilität durch kurze Wege, geringer Landverbrauch und geringer Ressourcenverbrauch pro Kopf durch erhöhte und akzeptierte Dichte.
Wenig gut erschlossene Wohnungen
Um wirtschaftlich und nachhaltig zu investieren, müssen Entwickler und Eigentümer somit Um-und Neubauinvestitionen an die richtigen Standorte lenken. Dass dies in den letzten zehn Jahren insgesamt nicht gelungen ist, zeigt die geografische Verortung von projektierten Wohnungen gemäss Baubewilligungen, die das Bauinfo-Center der Docu Media Schweiz GmbH erhoben hat.
Gut 500'000 neu geplante oder bewilligungspflichtig sanierte Wohnungen konnten so verortet werden. 38 % dieser Wohnungen sind gut bis sehr gut mit dem öffentlichen Verkehr erschlossen, zumeist in beliebten Stadt- und Ortszentren mit erhöhter Nutzungsdichte. Hier decken sich urbane Wohnqualitäten mit geringem Landverbrauch, kurzen Wegen und langfristiger Sicherheit für Eigentümer. Die ÖV-Güteklasse eignet sich dadurch als einfaches Mass der Lagequalität mit hoher Korrelation zur Bevölkerungsdichte (Abbildung 1).
Quelle: Baublatt / Bauinfo-Center Docu Media, Hochschule Luzern
Abbildung 1: Bewilligungspflichtig projektierte Wohnungen von 2009 bis 2018 nach ÖV-Güteklasse