Mit Radar und Infrarot Bergstürzen auf der Spur
Fels- und Bergstürze haben während der vergangenen Jahre in den hochalpinen Regionen zugenommen. Grund ist der schwindende Permafrost. Zurzeit untersuchen Forscher am Pizzo Cengalo im Bergell mit Radar und Infrarot die Auswirkungen des Permafrostes für ein Projekt der Arbeitsgemeinschaft der Alpenländer (Arge Alp). Es soll helfen, Felsinstabilitäten besser zu erkennen und zu überwachen.
Quelle: links
Forschungsobjekt: der Pizzo Cengalo
Ein dramatisches Beispiel für einen Felssturz im Permafrostgebiet dürfte der Bergsturz am Pizzo Cengalo sein: am 30. Dezember 2011 donnerten zwischen zwei und drei Millionen Kubikmeter Fels ins Val Bondasca hinunter, glücklicherweise in unbewohntes Gebiet. Laut alpenmagazin.org brachen die Gesteinsmassen im Gipfelbereich des Dreitausenders ab. Darauf mussten Bergwanderwege und Kletterrouten gesperrt werden. Im folgenden Sommer führten starke Niederschläge zu mehreren Murgängen aus den Ablagerungen des Bergsturzes. Sie gelangten zum Teil bis in die Gemeinde Bondo hinunter, wo sie massive Schäden anrichteten.
Diesen Sommer erforschen Wissenschaftler für das Projekt „Einfluss von Permafrost auf Berg- und Felsstürze“ der Arbeitsgemeinschaft Alpenländer (Arge Alp, siehe Kasten) den Pizzo Cengalo: Mit einem Radar werden Bewegungen in der Felswand gemessen, der Verschiebungen im Millimeterbereich feststellen kann. Parallel dazu werden Infrarotaufnahmen gemacht, deren Auswertung Rückschlüsse auf die Felstemperaturen zulassen. Von den Messungen erhofft man sich neue Erkenntnisse über temperaturgesteuerte Bewegungen grosser Felswände zu erhalten. Die so gesammelten Daten werden anschliessend ausgewertet und an einem Workshop mit Experten aus allen Mitgliedsländern der Arge Alp kommenden Frühling diskutiert.
Das Projekt der Arge Alp soll helfen, Auslösemechanismen von Fels- und Bergstürzen im Permafrost besser zu verstehen. Zudem will man aus den Erkenntnissen einen Katalog ableiten, der Voraussetzungen und Situationen auflistet, unter denen vermehrt mit Fels- und Bergstürzen gerechnet werden muss. Das Projekt wurde 2012 gestartet und 2015 abgeschlossen werden. Am Projekt beteiligen sich das Amt für Wald und Naturgefahren Graubünden, die Gemeinde Bregaglia, die Expertenbüros Bonanomi AG und Terrarsense, das WSL Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLF, die ETH Zürich und das Amt für Geologie in Bozen. (mai)
Arbeitsgemeinschaft Alpenländer (Arge Alp)
Die Arge Alp will das Bewusstsein um die Verantwortung für den alpinen Lebensraum vertiefen und diesen zum Wohl der Einwohner nachhaltig entwickeln helfen. Der 1972 in Tirol gegründeten Arbeitsgemeinschaft gehören zehn Länder bzw. Regionen und Kantone in vier Staaten an. Mitglieder sind die Kantone Graubünden, St. Gallen und Tessin, die österreichischen Bundesländer Salzburg, Tirol und Vorarlberg, der Freistaat Bayern sowie die italienischen Regionen Südtirol, Trient und Lombardei. Der Vorsitzende der Arge Alp wird jeweils für ein Jahr von einem Mitgliedsland gestellt. Derzeit ist es Trentino. Website: www.argealp.org. (mgt)