Mit Karten Katastrophen verhindern?
Auftauende Permafrostböden haben für besiedelte Gebiete, Infrastrukturen und Ökosysteme massive Konsequenzen. Welche Regionen besonders gefährdet sind, zeigt ein Glaziologe der Universität Zürich anhand neuer Permafrostkarten. Es sind die präzisesten weltweiten Karten, die derzeit verfügbar sind. Sie können bei Google Earth abgerufen werden.
Instabil werdende Seilbahn- und Strommasten, Felsstürze – alpine Länder wie die Schweiz haben mit dem auftauenden Permafrost bereits einschlägige Erfahrungen. Steigen die Temperaturen weiterhin an, verschärft sich die Problematik vielerorts. Permafrost, das heisst Fels oder Bodenmaterial mit einer Minustemperatur während mindestens zweier Jahre, kommt im Untergrund vor. Deswegen können solche Zonen nicht direkt kartiert werden. Die Folge: Bestehende Karte weisen grosse Unsicherheiten auf, die aber kaum untersucht und zum Ausdruck gebracht werden. Überdies können die Karten wegen unterschiedlicher Erhebungsmethoden schlecht miteinander verglichen werden.
Glaziologe Stephan Gruber von der Universität Zürich hat die globalen Permafrostzonen erstmals in Hochauflösung und nach einheitlicher Methode modelliert. Mit einer Rasterauflösung von einem Quadratkilometer sind Grubers Karten die präzisesten weltweiten Permafrostkarten, die verfügbar sind. Der Wissenschaftler schätzt die globalen Permafrostregionen auf 22 Millionen Quadratkilometer, was etwa einem Sechstel der weltweit exponierten Landoberfläche entspricht. Dies berichtete er vor Kurzem im Fachmagazin „The Cryosphere“.
Von dunkelblau bis gelb
Ein Grossteil der Permafrostzonen liegt ausserhalb von Regionen, die im Untergrund flächendeckend Permafrost aufweisen. Dort können auf verhältnismässig kleinem Raum Permafrostböden dicht neben nicht gefrorenen Böden auftreten. Somit gleicht die räumliche Verteilung des Permafrosts einem Flickenteppich. Entsprechend schwierig ist es in solchen Gebieten, Zonen mit Permafrost zu identifizieren. Hier setzen Grubers Permafrostkarten an: Sie basieren auf hochauflösenden Daten zur Lufttemperatur und Höhenlage. Zudem geben sie an, wie hoch die Wahrscheinlichkeit für Permafrost ist. Die Permafrostgebiete sind in Abstufungen dargestellt – von dunkelblau für flächendeckenden Permafrost bis hin zu gelb für Gebiete mit wenig Permafrost. Im Gegensatz zu bisherigen Karten dieser Art, die scharf umrissene Zonen zeigen, veranschaulichen Grubers Karten auch, wo der Forschungsstand unsicher ist.
Seine Motivation erklärt Gruber mit der Dringlichkeit der Sache. „Infolge des Klimawandels haben Gebiete mit Permafrost ein grosses Potenzial für unangenehme Überraschungen.“ Es liegt ihm deshalb am Herzen, dass sich Politik und Öffentlichkeit der Problematik auftauender Permafrostböden bewusst werden: „Meine Karten visualisieren das sonst kaum sichtbare Phänomen Permafrost.“ (mai/mgt)
Link zur globalen Permafrost-Indexkarte: www.geo.uzh.ch