Erneut drohen höhere Mieten
Nachdem Anfang Juni dieses Jahres der Referenzzinssatz erstmals in seiner Geschichte gestiegen war, erhöhten sich in der Folge die Mieten per Herbst. Und nun dürfte sich letzteres wiederholen: Im Frühjahr 2024 ist mit einer nächsten Runde von Mietzinserhöhungen zu rechnen.
Hauptursache für den Anstieg der Mieten ist der Mechanismus des
Hypo-Referenzzinssatzes. Weil sich die Hypozinsen im Zuge der Zinswende
von ihren historischen Tiefstständen gelöst haben, ist die
Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass auch der Referenzzinssatz steigt.
Zwar beliess das Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) im September bei
seiner letzten Beurteilung den Zins bei 1,50%. Doch der dem
Referenzzinssatz zugrunde liegende Durchschnittszins auf inländische
Hypothekarforderungen stieg damals von 1,44 auf 1,59%. Sollte der
vierteljährlich berechnete Wert nun nur leicht auf 1,62% steigen, wird
der Referenzzinssatz auf 1,75% angehoben. Bei der Berechnung wird er
jeweils auf den am nächsten liegenden Viertelprozent-Wert auf- oder
abgerundet.
Vermieter dürfen Mietzins um 3% erhöhen
Für die
Mieter sind das schlechte Nachrichten. Denn bei einer Anhebung des
Referenzzinssatzes um 0,25 Prozentpunkte, dürfen die Vermieter den
Mietzins um 3,0% anheben - sofern sie die früheren Senkungen
weitergegeben haben. - Bei seiner Einführung im 2008 hatte der Satz 3,5%
betragen, danach sank er schrittweise. Laut einer Schätzung der Zürcher
Kantonalbank basieren derzeit rund 60% aller Mietverhältnisse auf dem
aktuellen Referenzzinssatz. Der Anteil der Betroffenen ist damit seit
der letzten Erhöhung um etwa 10 Prozentpunkte gestiegen.
Neben
dem Referenzzinssatz können Vermieter auch die Inflation zu 40% und
sogenannte "allgemeine Kostensteigerungen" pauschal an die Mieter
weitergeben. Da die letzte Mietzinsanpassung aber erst gerade einige
Monate zurückliegt und die Inflation inzwischen auch deutlich
zurückgegangen ist, dürfte dieser Effekt diesmal geringer ausfallen.
Analysten erwarten im 2024 keine weitere Erhöhung
Immerhin dürfte es mittelfristig der letzte Anstieg des Referenzzinssatzes gewesen sein, da sind sich von der Nachrichtenagentur AWP befragte Analysten einig. Zumindest im Jahr 2024 erwarten sie keine weitere Mietzinserhöhung. Darüber hinaus ist das Bild für Mieterinnen und Mieter einer aktuellen Prognose der ZKB zufolge aber weniger rosig: Demnach dürfte der Referenzzinssatz bis ins Jahr 2028 auf 2,50% ansteigen. Dies würde noch einmal drei Mietzinsrunden bedeuten und zwar in den Jahren 2025, 2026 und 2027.
In anderen Szenarien prognostiziert die ZKB sogar einen Anstieg auf bis zu 2,75 oder nur 2,25 Prozent. "Die zukünftige Entwicklung des Referenzzinssatzes ist abhängig von den gesamtwirtschaftlichen Entwicklungen und ist mit Unsicherheit behaftet," ordnete ZKB-Chefökonom David Marmet die Bandbreite der Prognosen ein.
Raiffeisen-Chefökonom Fredy Hasenmaile geht derweil von einer mehrjährigen Pause bis vermutlich 2027 beim Referenzzinssatz aus. Da er keine weitere Leitzinserhöhung durch die Schweizerische Nationalbank (SNB) erwartet, dürfte der Referenzzinssatz zugrunde liegende Durchschnittszinssatz nur langsam ansteigen: "Ob der Referenzzinssatz noch weiter auf 2,0% steigen wird, ist unsicher und abhängig von der mittelfristigen Entwicklung der Zinsenlandschaft." weiter.
Bundesrat will Anstieg der Mieten mit Gegenmassnahmen abfedern
Der Bundesrat ist sich der Problematik der steigenden Zinsen für die Konsumentinnen und Konsumenten bewusst. Er will daher kurzfristig umsetzbare Massnahmen ergreifen, um den Anstieg bei den Mieten abzufedern, wie er vergangenen Mittwoch ankündigte. Konkret sehen die Vorschläge vor, dass die Teuerung nur noch zu 28 Prozent weitergegeben werden dürfe. Zudem soll eine pauschale Weitergabe der allgemeinen Kostensteigerungen nicht mehr zulässig sein, sofern kein effektives Ausmass nachgewiesen werden kann.
Darüber hinaus sind administrative Anpassungen vorgesehen. So soll das Formular für die Mitteilung des Anfangsmietzinses um den zuletzt und neu geltenden Stand des Referenzzinssatzes wie auch der Teuerung ergänzt werden. Ebenso wird vorgeschlagen, das Formular für die Mitteilung von Mietzinserhöhungen um einen Hinweis zu ergänzen, dass "bei der Anfechtung von Mietzinserhöhungen auch absolute Kostenkriterien wie ein übersetzter Ertrag oder die Orts- und Quartierüblichkeit vorgebracht werden können."
Für die Anpassung der Verordnung ist im kommenden Sommer eine Vernehmlassung geplant. Davon betroffen wären also erst darauf folgende mögliche Erhöhungen. In einer wissenschaftlichen Studie soll ferner das aktuelle Mietzinsmodell daraufhin überprüft werden, ob es noch den heutigen Realitäten der Immobilienfinanzierung entspricht.
Inflation wird weiter angetrieben
Weil die Mietzinsen bei der Berechnung der Inflation in der Schweiz ein erhebliches Gewicht haben, dürft die Teuerung auch 2024 weiter angetrieben werden. Die befragten Analysten rechnen mit einer Erhöhung der Teuerung um 0,4 Prozentpunkte. Erstmals dürfte dies auf die Berechnung im Mai 2024 durchschlagen. Dies könnte die SNB dann noch einmal unter Druck setzen, um die Inflation nachhaltig unter den Wert von 2,0 Prozent zu drücken.
Laut
Hasenmaile dürfte der die Teuerung wieder in die Nähe der 2%-Schwelle steigen. Zuletzt betrug die Teuerung im Oktober 1,7%, nachdem sie Anfang des Jahres noch deutlich über 3 Prozent lag. (awp/sda/mai)