Meyer Burger schliesst Produktion in Thun
Der Solarindustriezulieferer Meyer Burger schliesst seine Produktion in der Schweiz und verlegt Teile davon nach China. Am Hauptsitz in Thun droht eine Massenentlassung. Vom Schliessungsentscheid sind bis zu 180 Stellen betroffen.
Quelle: Meyer Burger
Solar-Technologie-Zentrum in Thun
Wie viele Kündigungen es tatsächlich geben wird, ist noch offen.Ein erstes Gespräch mit den Arbeitnehmervertretern betreffend dem relevanten Konsultationsverfahren habe stattgefunden, schreibt Meyer Burger in einer Mitteilung vom Donnerstag.
Das Unternehmen geht davon aus, dass der Transformationsprozess bis Ende 2018 grösstenteils abgeschlossen sein wird. Die Personalmassnahmen sollen möglichst fair und sozialverträglich umgesetzt werden. 2018 soll auch die holländische Niederlassung in Eindhoven mit rund 75 Mitarbeitenden reorganisiert werden.
Diamatdrahtsägen nach China
In Zukunft fokussiert Meyer Burger die Aktivitäten am Hauptsitz in Thun unter anderem im Verkauf und Marketing sowie Forschung und Entwicklung. «Die Entscheidung unsere Produktion in Thun im Verlauf von 2018 zu schliessen und Teile unseres Produktportfolios zu reorganisieren, ist uns nicht leicht gefallen», wird Unternehmenschef Hans Brändle zitiert. Insbesondere darum, weil auch langjährige Mitarbeiter betroffen seien.
In Thun werden bislang Anlagen für die Wafer- und Modul-Prozesse sowie Applikationen für gebäudeintegrierte Photovoltaik (PV) hergestellt. Im Bereich Wafering, in dem ein Grossteil der PV-Wafer in Asien (hauptsächlich in China) hergestellt werden, wird Meyer Burger die Produktion von Diamantdrahtsägen im Verlauf des Jahres 2018 von Thun nach China verlagern.
Im Bereich Module will das Unternehmen die verfügbaren Ressourcen auf die Weiterentwicklung der SmartWire Connection Technologie (SWCT) zu einem Industriestandard konzentrieren. Und für den Bereich Solarsysteme, welcher mit seinen MegaSlate-Produkten speziell den Schweizer Markt mit gebäudeintegrierten PV-Applikationen abdeckt, werden strategische Alternativen geprüft.
Schlechte Nachrichten
Der drohende Stellenabbau ist für die Stadt Thun sehr schmerzlich, wie der Thuner Stadtpräsident Raphael Lanz der Nachrichtenagentur sda sagte. Die Verlagerung der Produktion nach China sei aber nicht nur für Thun, sondern für den gesamten Industrie- und Technologiestandort Schweiz «eine schlechte Nachricht».
Dass Meyer Burger den Hauptsitz und den Bereich Forschung und Entwicklung in Thun belässt zeige, dass der Abbauentscheid nicht «am Standort Thun liegt», sondern an der Konkurrenzsituation. Denn: ein wesentlicher Teil des Marktes in der Solarbranche ist in China angesiedelt. Mit den dortigen Produktionsbedingungen können Schweizer Unternehmen nicht mithalten. «Das muss uns Sorgen machen für den Standort Schweiz», betont der Thuner Stadtpräsident.
Nicht eitel Sonnnenschein
Der drohende Stellenabbau kommt nicht ganz unerwartet. Der Solarindustriezulieferer erlebte in den vergangenen Jahren nicht nur eitel Sonnenschein und steckte in den roten Zahlen fest. Um wieder Oberwasser zu bekommen, musste Meyer Burger abspecken: Im September 2016 gab der Solarzulieferer die Streichung von 250 Stellen bekannt, davon rund ein Drittel in der Schweiz, namentlich in Thun.
Für 2016 sah das Unternehmen den Turnaround in Griffnähe, es gelang, die Verluste einzudämmen, doch die Lage blieb schwierig. Das Unternehmen gleiste ein Refinanzierungsprogramm. Eine neue Führungscrew sollte das Unternehme in die schwarzen Zahlen führen. Trotz mehr Aufträgen blieb Meyer Burger in der Verlustzone, wiedie Halbjahreszahlen Mitte August zeigten (baublatt berichtete).Im Oktober vermeldete Meyer Burger, einen Auftrag von 45 Millionen Franken an Land gezogen zu haben.(sda)
Unia fordert Taskforce
Die Gewerkschaft Unia kritisierte am Donnerstag den Entscheid der Führung, die Produktion von der Entwicklung und Forschung zu entkoppeln. Dies sei ein strategischer Fehler, denn beide Bereiche würden sich gegenseitig bedingen. Die Gewerkschaft befürchtet, dass der Massnahme bis zu 250 Stellen zum Opfer fallen könnten, inklusive Lernende und temporär Angestellte. Die Unia fordert von der Berner Kantonsregierung darum die Einsetzung einer Taskforce, damit möglichst viele Stellen in Thun erhalten werden können.