08:45 BAUBRANCHE

Urteil zu Menschenhandel-Prozess um Bauunternehmer folgt im März

Das Bezirksgericht Zürich wird das Urteil über einen Bauunternehmer, der ausländische Angestellte ausgebeutet haben soll, am 20. März fällen. Nachdem die Staatsanwältin von Menschenhandel gesprochen hatte, hat die Verteidigung am Donnerstag auf die freiwillige Einreise der Arbeiter hingewiesen und eine Entschädigung für den Angeklagten verlangt.

Der 42-jährige Bauunternehmer beschäftigte zwischen 2012 und 2016 zu verschiedenen Zeitpunkten sieben ungarische und 16 moldawische Trockenbauer. Statt des vereinbarten Lohnes zahlte er ihnen nur Pauschalbeträge ohne Überzeit, Spesen und Ferien aus. Gemäss Anklageschrift kamen die Arbeiter auf Stundenlöhne, die zwischen 80 Rappen und 9 Franken lagen – sofern sie denn überhaupt Löhne erhielten.

Dies führte dessen Verteidiger am Donnerstag vor Gericht auf «organisatorische und finanzielle Überforderung» zurück. Nachdem ein Generalunternehmer, für die sein Mandant Gipserarbeiten ausführte, die Akonto-Zahlungen eingestellt habe, sei er unter Druck geraten. «Ihm wuchsen die Baustellen über den Kopf.»

Sein Mandant habe nicht die Absicht gehabt, keine Löhne zu zahlen, führte der Verteidiger weiter aus. Als Chef wollte er benötigte Facharbeiter, diese wollten höhere Löhne als in ihrer Heimat. Um dieses gemeinsame Interesse sei es gegangen, das wäre eine Win-Win-Situation gewesen.

Gezielt billige Arbeitskräfte angelockt

Für die Staatsanwältin, die bereits am Mittwoch plädiert hatte, war aber klar: Der Unternehmer habe gezielt vulnerable, in prekären finanziellen Verhältnissen lebende Personen in die Schweiz gelockt. Mit dem Jobangebot habe er eine «Angelrute mit einem dicken Wurm als Köder in einen Teich voll hungriger Fische ausgeworfen.»

Doch von diesem Wurm – etwa den versprochenen hohen Löhnen – blieb am Ende nicht viel übrig. Der Unternehmer behandelte die Mitarbeiter laut der Staatsanwältin wie Menschen zweiter oder dritte Klasse und beutete sie aus. «Für ihn waren sie Spielfiguren, die er nach seinem Willen einsetzen konnte.»

Der Schweizer nutzte sie demnach als billige Arbeitskräfte, um mit tiefen Offerten prestigeträchtige Aufträge an Land zu ziehen. Die von Generalunternehmen aufs Firmenkonto eingehenden Akontozahlungen verwendete er für den Kauf eines Ferraris, für Ferien und weitere private Zwecke.

Über 600'000 Franken soll er gemäss Anklage aus dem «undurchsichtigen Firmengeflecht» entnommen haben. Über Geld für Löhne sowie nicht bezahlte Steuern und Abgaben hätte er also verfügt.

Arbeiter seien freiwillig eingereist

Den Vorwurf des Menschenhandels wies der Verteidiger zurück. Damit strafrechtlich davon überhaupt die Rede sein könnte, müsste eine Ausbeutung in grosser Intensität wie im Bereich der Prostitution, von Sklaverei oder Zwangsarbeit vorliegen.

Die Arbeiter seien jedoch freiwillig in die Schweiz gereist, sie hätten keine Arbeit gegen ihren Willen ausgeführt. Alle seien bereits zuvor einmal im Ausland einer Arbeit nachgegangen, sie seien damit weder wehr- noch ahnungslos gewesen.

Gemäss internationalen Vereinbarungen liege Zwangsarbeit vor, wenn eine Strafe angedroht werde, hielt dem die Staatsanwältin entgegen. Als Strafe gälten nicht nur Sanktionen, auch das Schaffen einer abschreckenden Situation oder subtilere Massnahmen fielen darunter.

Das Zurückhalten von Löhnen sei eine solche Strafe. Damit werde erreicht, dass die Betroffenen ihre Arbeit fortführen und sie nicht nach Hause fahren könnten.

Lange Haft oder Entschädigung

Die Staatsanwältin forderte eine Verurteilung wegen Menschenhandels und einer Vielzahl weiterer Delikte. Der vorbestrafte Unternehmer soll mit einer Freiheitsstrafe von acht Jahren und vier Monaten betraft werden.

Dessen Verteidiger verlangte Freisprüche von den meisten Vorwürfen und für verbleibende Schuldsprüche in Nebenpunkten wie Misswirtschaft und Förderung der illegalen Einreise eine Freiheitsstrafe von zehn Monaten sowie eine angemessene Geldstrafe.

Da der Mann fast drei Jahre in Untersuchungshaft sass, beantragte er für ihn eine Entschädigung von rund 280'000 Franken. Der Bauunternehmer nahm an der zweitägigen Verhandlung nicht teil. Das Bezirksgericht hatte ihn dispensiert. (sda/pb)

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