13:29 BAUBRANCHE

Mehr Regulierungen verhindern wirtschaftlich nachhaltige Immobilieninvestitionen

Teaserbild-Quelle: inproperstyle, Pixabay-Lizenz

Die steigende Regulierung durch Behörden macht der Immobilienbranche zu schaffen, etwa wegen komplexen  Bauordnungen und Gestaltungsplänen oder Lärmschutz. Die Folge: Es wird vermehrt in der Agglomeration und nicht in der Stadt saniert und neu gebaut. Das zeigt Studie der Hochschule Luzern. Gleichwohl ist ein signifikanter Teil der Investoren bereit, zugunsten der Nachhaltigkeit kurzfristig auf Rendite zu verzichten.

Zurzeit spielen die Parameter auf dem Anlagenmarkt verrückt: Einerseits Zinsen, Wirtschaftslage, die unterschiedliche Nachfrage in Regionen und Sektoren, andererseits die verstärkte politische Einflussnahme, mehr Verordnungen sowie gesellschaftliches Wohlverhalten prägen das komplexe Spiel. Aktuell liegt die durchschnittliche Immobilienquote bei Pensionskassen in der Schweiz bei 24.3 Prozent. Sie bleibt damit hinter Aktien und Obligationen weiterhin eine der wichtigsten Anlageklassen. Zwar hat sich der relative Immobilienanteil vor allem aufgrund von Wertanstiegen bei Aktien und anderen Assetklassen reduziert, zukünftig wollen die Anleger aber ihren Immobilienanteil wieder erhöhen.  Dies geht aus der aktuellen Studie der Hochschule Luzern (HSLU) zu Immobilienanlagen hervor, an der 208 Pensionskassen (PK), Versicherungen, Anlagestiftungen (AST) und Fonds teilgenommen haben. 

Seit 2015 hat sich das Hypothekenvolumen hat bei Pensionskassen verdoppelt und liegt bei rund 2 bis 3 Prozent. Bei der Hypothekarvergabe ist das Wachstum bei Pensionskassen deutlich grösser als bei Banken. Stabiles Einkommen, Sicherheit und geringe Volatilität bleiben auch im Jahr 2024 die Hauptgründe, in Hypothekaranlagen zu investieren. - Und so ist denn die Studie auch mit «Immobilienanlagen: Alice ist raus aus dem Wunderland» überschrieben. 

Bauordnungen, Lärmschutz und Mieterschutz

Für institutionelle Anleger werden Regulierungen in Form von Gesetzen, Verordnungen und Entscheidungen der Behörden immer herausfordernder, wie die Studie zeigt. So werden die Komplexität und Dauer der Prozesse bei Behörden als besonders einschränkend empfunden: Dies erwähnten 92 Prozent aller Befragten mit grossem Nachdruck, heisst es in der Medienmitteilung der HSLU. Auch Einsprachen (81 Prozent), komplexe Bauordnungen und Gestaltungspläne (81 Prozent) sowie der Mieterschutz (79 Prozent) machten den Anlegern zu schaffen. Mehr als die Hälfte räumten überdies dem Lärmschutz und mit 50 Prozent ebenso der Raumplanung eine zentrale Bedeutung ein. Als weniger einschränkend wird hingegen die Mehrwertabgabe betrachtet (23 Prozent). «Politische Regulierungen schränken das marktwirtschaftliche Handeln von Investorinnen und Investoren in Immobilienanlagen klar ein und haben unerwünschte Nebeneffekte für Mieter- wie Vermieterseite», bilanziert Co-Autor  John Davidson. «Die Wirtschaft braucht vor allem ein berechenbares und verbindliches Verhalten der Behörden.»


Studie «Immobilienanlagen: Alice – raus aus dem Wunderland?»

Zum dritten Mal in Folge hat ein Forschungsteam des Instituts für Finanzdienstleistungen Zug (IFZ) der Hochschule Luzern (HSLU) eine breit angelegte Studie durchgeführt, mit der die Entwicklungen bei Investitionen von institutionellen Anlegern in Immobilien und Hypotheken untersucht worden ist. Die von der Auwiesen Immobilien AG, Fundamenta Group (Schweiz) AG und Helvetia unterstützt wird, erfolgt jährlich und basiert auf einer breit angelegten Umfrage bei 208 institutionellen Anlegern (Pensionskassen, Versicherungen, Anlagestiftungen, Fonds). Sie deckt mit 542 Milliarden Anlagevolumen rund 51 Prozent des Gesamtvermögens von Pensionskassen ab, umfasst einen Grossteil der Immobilienfonds, Anlagestiftungen sowie Versicherungen. Durchgeführt worden ist sie im Juni und Juli 2024 in der Schweiz. (mgt/mai)

Die Studie kann hier heruntergeladen werden: www.hslu.ch

Die Reaktionen der Investoren auf die zunehmenden Regulierungen: Sie investieren vermehrt in  der Agglomeration und auf dem Land (86 Prozent Zustimmung) und Sanierungen, die oft wirtschaftlich nicht mehr tragbar sind, schieben sie auf  (74 Prozent Zustimmung). Dies wiederum schlägt sich negativ im Wohnungsangebot nieder: In urbanen Räumen mit Nachfrageüberhang ist das Angebot tiefer und die Mieten sind höher, zudem ist Wohnkomfort wegen fehlenden Sanierungen geringer. 

Auslagerung von Portfolio- und Assetmanagement

Zudem stellten die Studienautoren fest, dass sich die Immobilienwirtschaft bezüglich Organisation weiterhin sehr flexibel zeigt, wenn es um Outsourcing von Verwaltungs- und Anlageaufgaben geht. Überraschend hoch ist die Auslagerungsquote laut der Studie bei der Datenhoheit: Mit 74 Prozent bei kleinen und 55 Prozent bei grossen PK seien die Werte bemerkenswert, da mit diesem Schritt eine hohe Abhängigkeit eingegangen werde, schreibt die HSLU in der Medienmitteilung. Ebenfalls erstaunt sind die Autoren über  die Auslagerung von Funktionen, die viel Verantwortung seitens der Dienstleister bedürfen, zum  Beispiel das Portfolio- und Asset-Management. Diese Auslagerungsquote zwischen 29 und 42 Prozent sei bedeutsam. Stephan Kloess, Co-Studienautor fasst zusammen: «Investoren stehen vor der Herausforderung, Leistungen auszulagern, aber die Beurteilungskompetenz und die Verantwortung intern sicherzustellen.»  Weniger verwunderlich ist das Outsourcing von kaufmännischer und technischer Bewirtschaftung: Hier gliedern Anleger wegen geringer Ressourcen, einer günstigeren Kostenbasis sowie fehlendem Knowhow einzelne Funktionen aus.

Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit

Zirka die Hälfte aller Investorinnen und Investoren ist bereit, die Realisierung der Zielrenditen zugunsten der Nachhaltigkeit in die Zukunft zu verschieben. Auch das zeigt die Studie. Allerdings fällt auf, dass die grossen PK (44 Prozent) im Vergleich zu Fonds (81 Prozent) relativ zurückhaltend sind. Der steigende politische Druck, aber auch die zunehmenden gesellschaftlichen Erwartungen beeinflussten die Entscheidung, Rückflüsse von Investitionen zu verschieben, schreibt die HSLU. Co-Autor Daniel Steffen erklärt: «Vereinfacht gesagt: Die Nachhaltigkeit hat Priorität, sie muss sich aber langfristig wirtschaftlich über höhere Erträge und Werte lohnen.» Ein Grossteil dieser PK erwartet, dass sich der Verzicht innerhalb von sieben bis zehn Jahren in höheren Erträgen und Werten auszahlt. Fonds und AST rechnen sogar mit einem früheren Payback innerhalb von durchschnittlich fünf Jahren, ein Viertel der Fonds sogar innerhalb von zwei.

Damit bleibt die Wirtschaftlichkeit für die Anleger immer noch der zentrale Aspekt. Sie sind aber überzeugt, dass Ökologie und Ökonomie langfristig Hand in Hand gehen. Diese Zweisamkeit berge aber die Gefahr, dass die sozialen Aspekte die Kosten tragen müssen, schreibt die HSLU. «Soziale Nachhaltigkeit hinkt in der Prioritätenliste der Wirtschaftlichkeit und Ökologie deutlich hinterher.» (mai/mgt)

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