Mehr Gerichtsverfahren wegen Miete und Pacht
Streitigkeiten Miet- und Pachtwesen haben leicht zugenommen, aber nicht in allen Kantonen. Dies zeigen aktuelle Zahlen vom Bundesamt für Wohnungswesen (BWO). Von Januar bis Juni sind total 11'0613 Schlichtungsverfahren eingeleitet worden, was einem Anstieg von rund 5 Prozent gegenüber dem Halbjahr davor entspricht. Wie das BWO mitteilt, war die langfristige Tendenz seit 2011 war eher sinkend.
Im ersten Halbjahr 2022 mussten die Schlichtungsbehörden im Miet- und Pachtwesen total 17 128 Verfahren behandeln. Wie das BWO schreibt, ergibt sich diese Zahl ergibt aus den Pendenzen aus dem Vorsemester und den Neueingängen.
Bei über der Hälfte der Fälle Einigung erzielt
Insgesamt konnten 11'671 Verfahren abgeschlossen werden. Davon konnten bei 56,3 Prozent der erledigten Fälle - oder bei 6570 Verfahren - zwischen den Parteien eine Einigung durch einen Vergleich, eine Klageanerkennung oder einen Klagerückzug erzielt werden. Nicht einigen konnten sich die Parteien bei 15,3 Prozent der Fälle respektive bei 1791 Verfahren. Das führte zur Erteilung einer Klagebewilligung. Rund ein Fünftel der Fälle (21,1 Prozent) oder 2460 Verfahren wurden durch Rückzug, Nichteintreten, Gegenstandslosigkeit oder Überweisung an ein Schiedsgericht erledigt.
In 73 Fällen kam es zu einem Mediationsverfahren, die Mediation ist ein aussergerichtliches Verfahren, bei dem eine neutrale unabhängige Person im Streitfall vermittelt. In diesen Fällen trat die Mediation an die Stelle der Schlichtungsverfahren. Bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten bis zu einem Streitwert von 2000 Franken fiel bei 77 Verfahren (0,7 Prozent) ein Entscheid. 524 Urteilsvorschläge wurden von den Parteien angenommen, was 4,5 Prozent der erledigten Fälle entspricht. 249 Urteilsvorschläge wurden abgelehnt, was zur Erteilung einer Klagebewilligung führte (2,1 Prozent).
Nicht alle Kantone vom Anstieg der Verfahren betroffen
Im Unterschied zu den vorangegangenen Berichtsperioden ist die Anzahl der neuen Verfahren schweizweit leicht angestiegen. Davon sind nicht alle Kantone betroffen, wie das BWO mitteilt. So sind bei zehn Kantonen weniger neue Verfahren als im Vorsemester eingeleitet worden, respektive in den Kantonen Freiburg, Glarus, Jura, Luzern, Nidwalden, Schaffhausen, Tessin, Waadt, Wallis und Zürich. Die Auswertung der Gründe bei den erledigten Verfahren zeige, dass die Forderung auf Zahlung mit 15,74 Prozent sowie die ordentliche Vertragskündigung mit 15,37 Prozent am häufigsten vorkamen.
Genf: Anteil der Verfahren wegen Mietzinserhöhung verdreifacht
Der Anteil an Erledigungen infolge Streitigkeiten bei Mietzinserhöhungen hat sich gegenüber dem Vorsemester von 3,9 Prozent auf 5,96 Prozent erhöht. Diese Entwicklung ist laut BWO auf die Ergebnisse in fünfzehn Kantonen zurückzuführen, in denen zum Teil signifikante Anstiege verbucht worden sind. Dazu gehört unter anderem der Kanton Genf: Im Vergleich zum Vorsemester hat sich der Anteil dieser Verfahren beinahe verdreifacht hat (von 3.22 Prozent auf 9.15 Prozent ). (mgt/mai)
Rolle der Schlichtungsbehörden
Bei zivilrechtlichen Streitigkeiten wird vor dem richterlichen Entscheidungsverfahren ein Schlichtungsversuch vor der Schlichtungsbehörde durchgeführt. Bei Streitigkeiten aus Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen besteht die Schlichtungsbehörde aus einer unabhängigen vorsitzenden Person und der paritätischen Mieter- und Vermietervertretung. Das Verfahren richtet sich nach der Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO). (mgt)