14:56 BAUBRANCHE

Mächtiger römischer Kastellgraben in Stein am Rhein entdeckt

Teaserbild-Quelle: Luftbild Amt für Geoinformation

Die Kantonsarchäologie Schaffhausen ist bei Ausgrabungen in Stein am Rhein auf einen mächtigen Verteidigungsgraben gestossen. Dieser gehörte einst zum römischen Kastell und schützte dieses vor Angriffen. Der Graben zeigt die einstige Bedeutung des Militärlagers auf.

Grafik Ausgrabung Stein am Rhein römischer Kastellgraben

Quelle: Luftbild Amt für Geoinformation

Das Kastell von Stein am Rhein mit dem bisher bekannten (gelb) und dem neu entdeckten Verteidigungsgraben (türkis).

Wo bald die Bagger auffahren, um eine Baugrube für Mehrfamilienhäuser auszuheben, haben bereits die Römer vor 1700 Jahren mächtig viel Erde bewegt. 

Denn bei der Kirche Burg in Stein am Rhein stand einst ein Kastell – ein römisches Militärlager. Es wurde kurz vor 300 n. Chr. errichtet, als die Grenze des römischen Reiches unter dem Ansturm feindlicher Truppen aus dem Norden an den Rhein zurückverlegt werden musste. Die Ruinen dieses Kastells umgeben noch heute die Kirche und den Friedhof. 

Aktuelle Ausgrabungen der Kantonsarchäologie brachten in Stein am Rhein nun Erstaunliches ans Licht. So wurde das Kastell einst nicht nur von einem, sondern von mindestens zwei Verteidigungsgräben umgeben, wie das Baudepartement des Kantons Schaffhausen am Mittwoch mitteilte. Im Falle eines Ansturms durch feindliche Truppen dienten die Gräben als Hindernis. 

16 Meter breiter neuer Graben entdeckt 

Einer dieser Gräben war der Archäologie bereits von einer früheren Ausgrabung bekannt. Er verlief im Bereich der Eschenzerstrasse und setzte sich im heutigen Einfamilienhausquartier fort. Neu ist für das Team nun, dass die römische Bevölkerung die Ostseite des Kastells gleich doppelt absicherte. So verlief ein zweiter Graben unweit der östlichen Kastellmauer. 

Ausgrabung Stein am Rhein römischer Kastellgraben

Quelle: Kantonsarchäologie Schaffhausen

Der Verteidigungsgraben zeichnet sich als dunkler Streifen in der Erde ab.

Die neue Entdeckung beeindrucke durch seine gewaltigen Dimensionen von 16 Metern Breite und einer Tiefe von fünf Metern. Diese Grössenverhältnisse stellten die Kantonsarchäologie vor eine Herausforderung, heisst es weiter. Denn um den Verlauf und die Bauart des neu entdeckten Grabens zu dokumentieren, brauchten sie statt Pickel und Schaufel die Hilfe eines Baggers. 

Ein gewaltiges Bauwerk 

Wer den mächtigen Graben in römischer Zeit ausgehoben hat, ist laut Mitteilung ein Rätsel. Waren es Soldaten, Sklaven oder gar Einheimische? Für das Bauwerk, dessen Gesamtlänge unbekannt ist, bewegten sie jedenfalls gewaltige Erdmengen. Wie aus der Mitteilung hervorgeht wurde der Graben teilweise fast senkrecht abgestochen, um den feindlichen Angreifern keine Chance zu bieten. Einzig über Brücken gelangte man ins Kastell. 

Die Reste einer solchen Brücke haben Mitarbeiter der Kantonsarchäologie bei den Ausgrabungen ebenfalls entdeckt. Von der Holzkonstruktion selbst ist zwar nichts mehr übrig, jedoch zeugen noch Reste des Auflagers und mächtige Pfostengruben als Stützkonstruktion vom einstigen Bauwerk. Die Entdeckung ist laut Mitteilung fast einmalig.

Auch in den Dimensionen suche der Graben seinesgleichen. Andere Verteidigungsgräben aus spätrömischer Zeit, so beispielsweise in Arbon (TG) oder Kaiseraugst (BL) seien rund zehn Meter breit und bis zu maximal drei Meter tief. 

Ausgrabung Stein am Rhein römischer Kastellgraben

Quelle: Kantonsarchäologie Schaffhausen

Mit dem Bagger wird ein Schnitt durch den imposanten Graben gelegt.

Erhalt des Bauwerks unmöglich

Der neu entdeckte Verteidigungsgraben ergänzt das bisherige Wissen um das Kastell von Stein am Rhein und zeigt dessen Bedeutung innerhalb der römischen Grenzbefestigung. Laut Baudepartement wird es leider nicht möglich sein, das monumentale Bauwerk zu erhalten. Grund dafür ist der Untergrund, der aus feinem Sand besteht, der mit jedem Regenguss mehr weggespült wird. Selbst in römischer Zeit war es nur mit einem steten Unterhalt überhaupt möglich, den Graben offenzuhalten. 

Nach dem Abzug des Militärs im 4. Jahrhundert verfüllte der Graben sich nach und nach. Bereits im Mittelalter, als auf der gegenüberliegenden Rheinseite die Stadt Stein am Rhein entstand, war vom Verteidigungswerk nichts mehr zu sehen. Jedenfalls sind hierzu laut Mitteilung keine schriftlichen oder bildlichen Quellen überliefert und die Gräben auf historischen Karten auch nicht eingezeichnet.

Dank der Untersuchungen der Kantonsarchäologie sei der imposante Graben nun aber gut dokumentiert und die Bauarbeiten für die dort geplanten Mehrfamilienhäuser könnten im September termingerecht starten. (mgt/pb)

Ausgrabung Stein am Rhein römischer Kastellgraben

Quelle: Kantonsarchäologie Schaffhausen

Archäologen beim dokumentieren des Grabens.

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