Luxus-Schallschutzwände für 26 Millionen in Paradiso?
Ist die Neat dereinst in Betrieb, werden täglich bis zu 400 Züge auf der Gotthard-Achse verkehren. Besonders stark vom Bahnlärm betroffen ist der Luganeser Vorort Paradiso. Am 30. Mai entscheidet das Stimmvolk wie das Problem gelöst werden soll.
Quelle: SBB
Herkömmliche Schallschutzwände genügen den Befürwortern der zweiten Variante nicht.
Die Stimmberechtigten können zwischen zwei Projekten wählen: Dasjenige der SBB sieht eine Standardlösung vor, und zwar eine 1871 Meter lange Lärmschutzwand mit einer Höhe von zwei Metern. Diese Variante würde den Passagieren weiterhin einen freien Blick auf den Luganersee und den San Salvatore ermöglichen. Die Kosten in der Höhe von 5,84 Millionen Franken übernähme der Bund. Allerdings ist dieser Lärmschutz der Gemeindeexekutive von Paradiso nicht gut genug. Mit dem Projekt der SBB sind laut dem den Gegnern der SBB-Lösung noch immer tausend Einwohner starkem Bahnlärm ausgesetzt.
Die Exekutive von Paradiso hat nun ein das Projekt „Omega“ ausgearbeitet. Dieses sieht bis zu 6,8 Meter hohe Wänden vor. Es bietet mehr Lärmschutz und ist aber auch einiges teurer, es kostet 26 Millionen Franken. Die Gemeinde würde rund 14 Millionen Franken des Betrags berappen, der Bund steuerte knapp 6 Millionen Franken bei. Der Rest würde den Hausbesitzern in Rechnung gestellt, deren Liegenschaften durch die verminderte Lärmbelastung aufgewertet würden. – Paradiso gehört zu den reichsten Gemeinden des Tessins. Ihr Steuerfuss ist tiefer als ihrer Nachbargemeinde Lugano.
„Inakzeptabel“
Als „inakzeptabel“ bezeichnen die Gegner diese Lösung und warnen davor, dass in der Folge die Mieten ansteigen. Um das Projekt finanzieren zu können, müsste die Gemeinde ihren Steuerfuss erhöhen, befürchten die Gegner. Es gebe keinen Grund, weshalb sich Paradiso den „teuersten Lärmschutz in der westlichen Hemisphäre“ leisten müsse, schreiben sie in einem Communiqué. Die „Omega“-Befürworter stellten ihre Eigeninteressen vor das Gemeinwohl, heisst es weiter. - Tatsächlich mussten bei der Abstimmung im Gemeindeparlament sechs Parlamentarier in den Ausstand treten, weil sie Häuser entlang der Bahnlinie besitzen. Das Parlament empfahl die Initiative schliesslich mit 8 zu 5 Stimmen zur Ablehnung.
97 Prozent der Einwohner profitieren
Die Befürworter von „Omega“ wiederum argumentieren mit Zahlen. Sie verweisen auf eine Studie, wonach derzeit die Hälfte der 3500 Einwohner von Paradiso Lärmbelastungen ausgesetzt sind, welche den zulässigen Grenzwert überschreiten. Mit „Omega“ würden 97 Prozent der Bevölkerung vom Bahnlärm befreit, mit dem SBB- Projekt hingegen bloss 57 Prozent. Und da Paradiso eine der reichsten Gemeinden des Tessins sei, könne man sich "Omega" finanziell leisten.
Das letzte Wort hat am kommenden Wochenende nun das Stimmvolk von Paradiso. Gemäss Angaben der SBB handelt es sich bei dem Urnengang um eine Premiere: Bisher hat noch keine Gemeinde eine Alternative zum Standardprojekt der SBB ins Spiel gebracht. (mai/sda)