Letzigrund: Streit um Stützen und Abschlussrechnung
Der Baukonzern Implenia sieht keine Sicherheitsprobleme im Zürcher Stadion Letzigrund. Der Dachträger mit dem Riss habe einem extremen Belastungstest standgehalten, heisst es bei der Implenia. Die zusätzlichen Stützen für das Dach seien unnötig. - Die Stadt Zürich sieht dies aber völlig anders.
Quelle: Stadt Zürich, Juliet Haller
Montage der Stützen im Februar.
Implenia habe 41 Tonnen Gewicht an den Dachträger mit dem Riss angehängt, sagte Raffael Brogna, der bei Implenia die Immobiliensparte im Raum Zürich leitet, am Donnerstag im Gespräch mit der Nachrichtenagentur SDA. Dies sei ein Vielfaches von dem, wofür der Träger ausgelegt sei. Der Träger habe der Belastung standgehalten. Angesichts dieses Resultats seien die zusätzlichen Stützen für das Dach aus Sicht von Implenia nicht erforderlich, führte Implenia-Finanzchef Beat Fellmann am Rande der Bilanzmedienkonferenz aus. "Wir glauben nicht, dass es Sicherheitsprobleme gibt", sagte Konzernchef Anton Affentranger vor den Medien. "Das Stadion könnte ohne Einschränkungen funktionieren."
„Die Implenia glaubt, dass das Dach des Letzigrunds sicher sei - die Stadt Zürich will es wissen“, kontert das Stadtzürcher Hochbaudepartement gestern Abend per Medienmitteilung. Die Stadt will den tatsächlichen Sachverhalt abklären lassen. Wie Brogna ausführte, werden die Ursachen für den Riss im Dachträger über der VIP-Tribüne und dem Stadionrestaurant gemeinsam mit Experten der Stadt analysiert. Laut Technikern könnte für den Schaden entweder die Stahlqualität oder die Konstruktion von Stahlträger und Dach verantwortlich sein, erklärte Affentranger. - Das Zürcher Hochbaudepartement hatte vergangene Woche von weiteren Material- und Ausführungsmängeln gesprochen: Bei Stahlträgern seien auch Schlackenverunreinigungen entdeckt worden, die zu Materialermüdungen führen könnten.
Am 8. Februar war der Letzigrund vorübergehend geschlossen worden, nachdem ein Riss in einem der stählernen Dachträger entdeckt wurde. Danach wurden alle Stahlträger mit Röntgen- und Ultraschallgeräten überprüft. Dabei seien keine weiteren Risse gefunden worden, sagte Brogna. Als Eigentümerin des Stadions hat die Stadt Zürich aber in der Folge 31 Stahlstützen provisorisch aufstellen lassen um jegliches Risiko auszuschliessen.
Die zusätzlichen Stützen sorgen für Ärger und Frust bei den Fussballvereinen FCZ und GC sowie den Zuschauern. Denn die Stützen behindern die Sicht aufs Spielfeld teils erheblich. FCZ und GC prüfen, ob sie von der Stadt eine Mietzinsreduktion verlangen wollen. Entscheide sind noch nicht gefallen, wie es bei den Clubs hiess.
Nachforderungen von rund 20 Millionen
Seit längerer Zeit streiten sich die Implenia und die Stadt Zürich auch über die Abschlussrechnung. Es soll sich um Nachforderungen der Stadt in der Höhe von "plus/minus" 20 Millionen Franken handeln. „Sie Stadt will und kann dem Totalunternehmer nicht im Nachhinein Geld für Forderungen bezahlen, die nicht gerechtfertigt sind“, heisst es beim Tiefbauamt. Die Nachforderungen seien "sachlich völlig unbegründet". Als Totalunternehmer sei Implenia für den Bau und die Planung und somit auch für die Prüfung aller Pläne verantwortlich. Der Vertrag sei diesbezüglich klar.
Zur Gesamthöhe der Rechnung für den Letzigrund wollte von den Implenia- Verantwortlichen niemand Stellung nehmen. Klar ist nur, dass der grösste Baukonzern der Schweiz mit dem in Rekordzeit aus dem Boden gestampften Stadion unter dem Strich keinen Rappen verdient hat. Wie hoch der Verlust sei, wollte Affentranger nicht sagen.
Aus Sicht der Stadt Zürich "sind alle Leistungen, die vertraglich vereinbart wurden, auch bezahlt worden", sagte der Sprecher des Hochbaudepartementes Urs Spinner. Die bewilligten Kredite von rund 120 Millionen Franken für den Bau des Letzigrunds hätten gereicht. Die Implenia habe jedoch mehr in Rechnung gestellt, als sie tatsächlich ausgeführt habe. Wenn der Baukonzern nun in der Gesamtabrechnung weitere Forderungen habe, liege der Ball bei dem Unternehmen.
Die Stadt hofft, dass Implenia "endlich den ordentlichen Gerichtsweg beschreitet und so alle Fakten auf den Tisch kommen", sagte Spinner. Eine "gütliche Einigung oder ein Schiedsgerichtsverfahren kommt für die Stadt nicht in Frage", hiess es in der Medienmitteilung. Die Stadt stellt sich zudem auf den Standpunkt, dass die nun anfallenden Kosten wegen des Dachträgerschadens voll zu Lasten von Implenia gehen. Urs Spinner dazu: "Als Totalunternehmer trägt Implenia das Risiko." (sda/mai)