Küken in Kuala Lumpur
Fast sieht es so aus, als ob der Flamingo im Schnee steht, doch der Vogel klebt nur auf einer Fensterscheibe. Solche poetischen Momente haben die Teilnehmer des Windowzoo-Projekts gezaubert und mit der Kamera festgehalten. Die Fotografien sind derzeit im Museum Franz Gertsch zu sehen.
Normalerweise sind es die Silhouetten von Schwalben und nicht von Flamingos, die sich auf Fensterscheiben tummeln. Sie sollen Vögel davon abhalten, versehentlich in die Scheiben zu prallen. Und sie inspirierten wohl das Schweizer Künstlerduo Bay&Bay zu einem weltweiten Kunstprojekt, dem „Windowzoo“: „Das Projekt macht aus jedem einen Künstler und macht jeden Ort zu einem Ausstellungsraum“, heisst es auf der Website zum Projekt. Es wird dazu aufgerufen eine selbstklebende Vogelsilhouette irgendwo zu platzieren oder „Fenstervögel“ fotografisch fest zu halten. Seit rund vier Jahren vermehren sich die teils originellen und witzigen Silhouetten rund um den ganzen Erdball; Von einem Pavillon der Verkehrspolizei in Addis Abeba über ein Küken an einem Fenster des Renaissances Hotel in Kuala Lumpur bis hin zu Flamingos im Bahnhof von Zollikofen. Solche Silhouetten sollen an unerwarteten Orten ihren Betrachtern neue Sichtweisen ermöglichen und ihren Blick für Details schärfen. Mittlerweile umfasst der Fensterzoo über 3'317 Tiere und Objekte. Sie fliegen in insgesamt 560 Städten über Fenster und Scheiben. Im Laufe der Zeit hat sich Projekt erweitert, neben Vögeln machen auch Fische, Helikopter oder menschliche Umrisse die Fensterwelt unsicher.
Seine Wurzeln hat das Projekt in der Streetart – zu der auch Graffiti gehören. Die Werke der Streetart werden oft illegal angebracht, deshalb wollen die meisten Künstler anonym bleiben. Bei vielen Projekten geht es darum, einen Gegenpol zur allgegenwärtigen Werbung oder zur Veränderung von Stadtteilen zu schaffen. Zu Klassikern dieser Kunstrichtung gehören unter anderem Harald Naegeli und Keith Haring. „Ich war während vieler Jahre in der Graffiti-Szene aktiv“ schreibt dazu eine Initiantin des Projekts auf windowzoo.com. „Die destruktive Seite vieler Streetart-Richtungen störte mich stets. (…) Die aufdringliche Natur der Streetart mag gut sein um zu provozieren und um zum nachdenken anzuregen. Aber ich fragte mich stets, ob es möglich ist Streetart zu machen, die weder destruktiv noch obstruktiv ist. Ich begann nach einer Möglichkeit zu suchen, Streetart nur für ein paar wenige sichtbar zu machen…“ Aus solchen Gedanken entstand schliesslich die Idee der Vögel.
Allerdings weiss man bei den ausgestellten Fotografien nie mit hundertprozentiger mit Sicherheit, ob die Vögel in einer heimlichen Aktion aufgeklebt wurden oder ob sie doch nur ihre realen Artgenossen vor gefährlichem Glas warnen sollen. Aber genau das macht den ironischen Charme der Bilder aus. (mai)
Linktipp zum Projekt und zum Mitmachen: www.windowzoo.com
Adresse: Platanenstrasse 3, 3401 Burgdorf
Website: www.museum-franzgertsch.ch
Öffnungszeiten: Mittwoch bis Freitag 10 bis 18 Uhr, Samstag und Sonntag Sa 10 bis 17 Uhr, Montag und Dienstag jeweils geschlossen