Konsumentenschutz sieht digitale Identität als Staatsaufgabe
Die Post und die SBB haben am Dienstag die "SwissID" präsentiert, eine digitale Identität, die sie gemeinsam lancieren. Sie soll das Abwickeln von Online-Geschäften vereinfachen. Konsumentenschützer kritisieren, der digitale Identitätsnachweis sei eine Staatsaufgabe.
Die SwissID werde per sofort interessierten Unternehmen und Behörden angeboten, teilten die Vertreter von Post und SBB vor Medien in Bern mit. Sie soll für private Nutzer kostenlos sein. Die Hoheit über die persönlichen Daten soll jederzeit bei den Anwendern bleiben.
Das neue Standard-Login soll Privatpersonen, Unternehmen und Behörden künftig erlauben, diverse Logins und Passwörter auf ein einziges zu reduzieren und so einen einfachen und sicheren Zugang zu möglichst vielen Online-Angeboten zu gewährleisten – vom Einkaufen über das Abwickeln von Post- und Bankgeschäften bis hin zum Buchen von Reisen.
Anbieter der digitalen Identität ist die SwissSign AG, ein Joint Venture von Post und SBB.
Für SwissPass-Kunden automatisch
Finanziert wird die SwissID durch den Verkauf dieser Dienstleistung an Onlinedienstanbieter. Um möglichst viele Unternehmen zu gewinnen, wollen die Macher der SwissID zunächst die bei Post und SBB bereits vorhandenen digitalen Identitäten nutzen. Konkret sollen ab Herbst 2017 die Post-Portal-Kunden und ab 2018 alle SwissPass-Kunden automatisch eine solche SwissID erhalten. Auf diesem Weg sollen in den nächsten zwei bis drei Jahren über vier Millionen Kunden generiert werden – und damit die "kritische Masse", um für weitere Partner attraktiv zu werden.
Das Ziel ist, die Identität mit der Zeit auf Online-Services anderer Schweizer Anbieter und auf weitere Anwendungen auszudehnen, zum Beispiel im Bereich E-Government und für elektronische Abstimmungen.
Staatsaufgabe
Für die Konsumenten biete der digitale Identitätsnachweis einen Zeit-, Kosten- und Sicherheitsgewinn, anerkennt die Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) in einer Stellungnahme. Sie befürworte deshalb grundsätzlich die baldige Schaffung einer digitalen Identität. Es handle sich dabei jedoch um eine Staatsaufgabe, deren Umsetzung der Bund in der Vergangenheit aus Kostengründen an die Privatwirtschaft delegiert habe, kritisiert die Stiftung.
Tatsächlich ist die SwissID eine Weiterentwicklung der vom Bund 2010 lancierten und von der Post mitentwickelten SuisseID. Das bestehende Angebot wird weiterhin zur Verfügung stehen – mittelfristig wird es allerdings in der neuen SwissID aufgehen. Dazu hat das SECO die Markenrechte an die SwissSign AG übertragen.
Die Konkurrenz schläft nicht
Die Stiftung für Konsumentenschutz bezweifelt, dass profitorientierte Service-Public-Unternehmen wie Post und SBB langfristig das für die SwissID nötige Vertrauen der Konsumenten gewinnen können. Auch sei schon bald mit Konkurrenzprodukten zu rechnen.
Swisscom, UBS und Crédit Suisse arbeiten ebenfalls an einer digitalen ID. Peter Kummer, Verwaltungsratspräsident des Joint Ventures SwissSign AG, bestätigte lediglich, zwischen SwissSign und den Konkurrenten seien Gespräche im Gang. Das Ziel sei die Schaffung einer einzigen, digitalen Identität für die ganze Schweiz.
Datenschutz
Post und SBB betonen, der Schutz der Kundendaten stehe im Zentrum des Entwicklungsprozesses. So werde sichergestellt, dass via die digitale Identität kein Datenaustausch zwischen Unternehmen möglich sei. Für eine datenschutzrechtliche Einschätzung ist es derzeit jedoch noch zu früh. Momentan sei die technische Ausgestaltung der SwissID noch nicht genügend weit fortgeschritten, um eine solche Beurteilung abgeben zu können, sagte eine Mitarbeiterin des Eidg. Datenschutzbeauftragten auf Anfrage. "Wir sind mit SBB und Post in Kontakt, damit die Datenbearbeitung im Rahmen der SwissID datenschutzkonform umgesetzt wird." (sda)