Konsumenten sollen Wasserkraft unter die Arme greifen
Machen die Schweizer Wasserkraftwerke Verluste, sollen Endkonsumenten temporär eine Grundversorgungsprämie zahlen. Gibt’s ein Plus, erhalten sie das Geld wieder von den Produzenten zurück. Dies fordern sowohl die Gebirgskantone als auch die Energiekommission des Nationalrats (Urek).
Die zeitlich befristete Grundversorgungsprämie soll nur dann erhoben werden, wenn die Schweizer Wasserkraftwerke defizitär arbeiten, wie die Regierungskonferenz der Gebirgskantone mitteilt. Über einen Ausgleichsfonds sollen dann die Verluste der Stromproduzenten ausgeglichen werden. Umgekehrt sollen Stromproduzenten in den Ausgleichsfonds einzahlen, wenn sie mit der Grosswasserkraft verdienen. Dieses Geld würde an die Endkonsumenten verteilt. Dieser Ausgleichsmechanismus würde den Endkonsumenten in schwierigen Zeiten für die Wasserkraft belasten und in guten Zeiten entlasten, hiess es in der Mitteilung.
Energiestrategie 2050 nur "erste Etappe"
Die in der Regierungskonferenz vertretenen sieben Gebirgskantone Graubünden, Glarus, Uri, Tessin, Wallis, Nidwalden und Obwalden betonen, dass sie die Energiestrategie 2050 unterstützen, weil darin eine erste Massnahme zur Unterstützung der Wasserkraft vorgesehen sei. "Für uns ist das eine erste Etappe, die in die richtige Richtung geht", sagte Christian Vitta, Präsident der Gebirgskantone-Konferenz und Tessiner Finanz- und Volkswirtschaftsdirektor, der Nachrichtenagentur sda. Das genüge aber nicht, um die Grosswasserkraft genügend zu unterstützen. Die Gebirgskantone fordern daher eine Überbrückungsmassnahme in Form der Grundversorgungsprämie für erneuerbare Energien. Diese soll so lange erhoben werden, bis ein "komplett neues Strommarktdesign in Kraft tritt".
Positive Reaktionen auf Urek-Entscheid
Zufrieden äussern sich die Gebirgskantone zum Entscheid der Urek des Nationalrats vom Dienstag, die Grundversorgung mit Strom in Zukunft allein mit der Wasserkraft sicherzustellen und die Gestaltung der Stromtarife "weiter vertiefen zu wollen". Dieser Entscheid ziele in die von den Gebirgskantonen beantragte Richtung, müsse aber im parlamentarischen Prozess weiter entwickelt werden.
Deutlicher wird der Bündner Energiedirektor Mario Cavigelli, der in der Gebirgskantone-Konferenz einsitzt: "Das Konzept der Urek ist identisch mit dem Konzept unserer Forderung", erklärte er auf Anfrage. Der Unterschied liege in der Formulierung.
Protektionistische Massnahmen der EU-Länder
Die Schwierigkeiten für die Schweizer Wasserkraft lägen im Preiszerfall der Kohle und des Gases sowie in protektionistischen Massnahmen in EU-Ländern, welche den Markt verzerren würden, schrieben die Gebirgskantone. Stromproduzenten im Ausland, insbesondere in Deutschland, Frankreich und Italien, würden in vielen Fällen und auf vielfältige Arten staatlich gestützt, erklärte Energiedirektor Cavigelli. Dabei gehe es nicht primär um die bekannte Subventionierung von erneuerbaren Energien in Deutschland, sondern um die Stützung von Stromproduktionen mit Kohle, Gas, Kernenergie und sogar Erdöl.
Auch die Bündner Regierung unterstütze das neue Energiegesetz und das darin enthaltene Massnahmenpaket zur Energiestrategie 2050, sagte Cavigelli weiter. Es sei jedoch offensichtlich, dass diese Massnahmen nicht ausreichten, um die Schweizer Grosswasserkraft mit gleich langen Spiessen auszustatten wie die Konkurrenz. (sda/mt)