Kantonale Abstimmungen: Wallis versenkt neues Klimagesetz, Luzern schränkt Gemeindeautonomie bei Windanlagen ein
Grosse Windenergieanlagen werden im Kanton Luzern künftig vom Kanton und nicht von der Gemeinde genehmigt, im Wallis erhielt das neue Klimagesetz eine Abfuhr und im Kanton Genf werden Grundeigentümern beim «Plan localisé de quartier» keine zusätzlichen Rechte zugestanden.
Am Wochenende wurde auch auf Kantonsebene über baurelevante Vorlagen entschieden.
Genf: Keine zusätzlichen Rechte für Grundeigentümer beim «Plan localisé de quartier»
Der sogenannte «Plan localisé de quartier» (PLQ) dient in Genf als ein zentrales Instrument, mit dem öffentliche Körperschaften ihr Territorium gestalten können. Ein revidierter Plan sollte Grundeigentümern beim Prozess der Annahme eines Quartiersplans mehr Mitsprache einräumen. Doch so weit kommt es nicht: Die Stimmberechtigten lehnten das Gesetz, gegen das die Linke das Referendum ergriffen hatte, mit 62,49 Prozent Nein-Stimmenanteil ab.
Weitere Vorlagen: Nach diesem Abstimmungswochenende sinkt im Kanton Genf die Einkommenssteuer für einen Grossteil der Steuerpflichtigen künftig um im Schnitt knapp neun Prozent. Zudem bestätigte das Stimmvolk, dass die Tarife im öffentlichen Verkehr auch künftig unter die Zuständigkeit des Grossen Rats fallen.
Quelle: Jérémy Toma, eigenes Werk, CC BY-SA 4.0
Moutier wird zur Bezirkshauptstadt.
Jura: Neuer Bezirk Moutier kann gebildet werden
Mit einem sehr deutlichen Ja-Anteil von 81,8 Prozent entschieden sich die Stimmberechtigten des Kantons Jura für die Bildung des neuen Bezirks Moutier, respektive für die entsprechende Verfassungsänderung. Damit wird die Stadt Moutier zum vierten Bezirk des Kantons und wird künftig im Parlament 7 von 60 Sitzen besetzen. Die übrigen drei Bezirke werden ihre Anteile im Kantonsparlament verkleinern: Delsberg wird 4 Abgeordnete verlieren, Pruntrut 2 und die Freiberge einen Abgeordneten.
Bei
dieser Abstimmung ist es um eine verfassungsmässige Formfrage gegangen:
Bereits am 22. September hatten die Stimmberechtigten in den Kantonen
Bern und Jura den Kantonswechsel des Städtchens Moutier mit jeweils
deutlichem Mehr besiegelt.
Luzern: Neues kantonales Plangenehmigungsverfahren für Windkraftanlagen
Der Bau grosser Windkraftanlagen soll sich im Kanton Luzern künftig nicht durch lange Bewilligungsverfahren verzögern können: Die Stimmberechtigten segneten eine entsprechende Änderung des Planungs- und Baugesetztes mit einem Mehr von 68,51 ab, die per 1. Januar 2025 in Kraft tritt. Damit gilt für grosse Anlagen mit einer Jahresproduktion von über 10 Gigawattstunden nun ein neues kantonales Plangenehmigungsverfahren. Das heisst, eine kommunale Bewilligung und ein Beschluss der Gemeindeversammlung ist nicht mehr nötig. Die Standortgemeinde werde aber nach wie vor angehört und könne Anträge stellen, versicherte der Regierungsrat. Die Einsprache und Beschwerdemöglichkeiten blieben bestehen.
Dank des kantonalen Verfahrens, wie es bereits auch im Strassen- oder Wasserbau existiert, sollen grosse Windkraftanlagen rascher geplant und realisiert werden können. Zwischen dem Projektierungsbeginn und der Realisierung könnten heute weit über 20 Jahre verstreichen, hatte der Regierungsrat den Systemwechsel begründet.
Der Kanton Luzern hat sich im Rahmen seiner Energiestrategie das Ziel gesetzt, das Potential der Windenergie besser zu nutzen. Bis 2050 sollen 250 Gigawattstunden Strom von Windrädern produziert werden. Im Richtplan sind 22 Gebiete mit einer Gesamtfläche von 5500 Hektar vorgesehen, in denen Windräder installiert werden können. Die SVP bekämpfte als einzige Partei die Neuerung. Mit der Kantonalisierung des Genehmigungsverfahrens würde die Gemeindeautonomie ausgehebelt und die direkte Demokratie beschnitten, argumentierte sie.
Die SVP lehnte auch eine zweite Neuerung der Gesetzesrevision ab. Es geht dabei um die Pflicht, bei Um- und Neubauten von Einstellhallen die Grundinfrastruktur für das Laden von Elektrofahrzeugen installieren zu müssen.
Obwalden: Wengier Ungleichheiten bei der Besteuerung von Grundstücken
Die Stimmberechtigten haben einen Nachtrag zum Schätzungs- und Grundpfandgesetz mit einem 55,7 Prozent Ja-Anteil angenommen. Damit sollen bestehende Ungleichheiten bei der Besteuerung von Grundstücken verringert werden.
In den vergangenen 20 Jahren sind im Kanton Obwalden die Grundstücksteuerwerte aufgrund politischer Einflussnahme nur vereinzelt angepasst worden, wie es in der Abstimmungsbotschaft der Regierung zu entnehmen war. Darum sind die Steuerwerte heute viel tiefer als ihre Verkehrswerte. Die Ungleichbehandlung besteht darin, dass Grundstücke nicht gleich wie andere Vermögenswerte, zum Beispiel Wertschriften oder Bankguthaben, besteuert werden. Weiter hiess es, dass die die tiefen Steuerwerte für Steuerausfälle sorgen.
Mit der
Annahme der Vorlage werden unter anderem die Steuerwerte für
nichtlandwirtschaftliche Grundstücke moderat erhöht. Rund 80 Prozent der
Eigentümer werden von einer steuerlichen Mehrbelastung von weniger als
1,2 Prozent betroffen sein. Die Vorlage soll bei den Kantons- und
Gemeindesteuern zu geschätzten Mehreinnahmen von rund 1,6 bis 2,1
Millionen Franken führen.
Wallis: Ambitioniertes kantonales Klimagesetz gescheitert
Das kantonale Klimagesetz, mit dem das Wallis bis 2040 klimaneutral werden wollte, ist gescheitert: Die Stimmberechtigten lehnten es mit 55,83 Prozent ab.
Für das neue Gesetz stimmten 41'212 Walliserinnen und Walliser, 52'099 waren dagegen. Die Stimmbeteiligung lag bei 42,08 Prozent, wie die Staatskanzlei mitteilte. Die überwältigende Mehrheit der Gemeinden (109 von 122) lehnte das Gesetz ab . Insbesondere im Oberwallis hatte es eine starke Opposition gegeben. Die Städten im Unterwallis - Sitten, Siders, Martigny und St-Maurice mit Ausnahme Monthey - sprachen sich für eine Annahme des Klimagesetzes aus. Dies reichte jedoch nicht aus für eine Umkehr des Trends.
Das Resultat ist ein Erfolg für die SVP und die Oberwalliser Mitte. Die Parteien hatten zusammen mit dem Oberwalliser Hauseigentümerverband das Referendum ergriffen, nach der Grosse Rat das neue Klimagesetz im Dezember letzten Jahres mit einer klaren Mehrheit von 93 zu 30 Stimmen angenommen hatte. Die SVP bezeichnete das "Gesetz für unnötig und den Zeitplan für die CO2-Neutralität für unrealistisch". Sie vertrat zudem die Ansicht, dass das kantonale Gesetz weder das Abschmelzen der Gletscher noch Überschwemmungen oder Schlammlawinen verhindern werde.
Die Befürworter des Gesetzes betonten ihrerseits, dass das Gesetz keine Ergebnisverpflichtung vorschreibe, sondern lediglich bestimme, dass der Kanton "darauf achten" müsse, bis 2040 CO2-neutral zu werden. Sie argumentierten mit der Beschaffenheit des Kantons, der besonders stark vom Klimawandel betroffen sei.
Mit dem kantonalen Klimagesetz
wollte das Wallis ein forscheres Tempo vorlegen als die meisten Kantone
und der Bund, der bis 2050 eine CO2-Neutralität anstrebt. Der
Gesetzestext sollte dazu dienen, eine ganze Reihe von Massnahmen über
den kantonalen Klimaplan umzusetzen.
Zug: Revidiertes Waldgesetz bremst Biker und Drohnenpiloten aus
Grünes Licht für das revidierte kantonale Waldgesetz, das damit voraussichtlich per 1. Januar 2025 in Kraft: Das Stimmvolk hat ihm mit einem Mehr von 72,8 Prozent zugestimmt. Dies hat Auswirkungen für Biker: Sie dürfen künftig nur noch auf Waldstrassen sowie auf im Richtplan festgelegten Routen, und nicht mehr auf Waldwegen unterwegs sein.
Ziel des neuen Waldgesetzes: Pflanzen und Tiere besser vor
menschlichen Freizeitaktivitäten der Menschen schützen. So gilt im Wald
neu auch ein Drohnenflugverbot und Hunde müssen während der Schonzeit an
die Leine genommen werden. Auch wird der Umgang mit der Waldbrandgefahr
neu organisiert und Schadorganismen sollen einfacher überwacht oder
vernichtet werden können.
Zur Abstimmung was gekommen, weil die IG
Mountainbike mit Mitstreitern das Referendum gegen das revidierte
Waldgesetz ergriffen hatte. Die Interessengemeinschaft monierte, die
geplanten Bike-Strecken seien unattraktiv und die Bike-Routen seien noch
gar nicht im Richtplan definiert.
Der Zuger Souverän habe ein
deutliches Zeichen für den Waldschutz gesetzt, kommentierte der Zuger
Regierungsrat Andreas Hostettler (FDP) das Ergebnis. Offensichtlich sei
die Vorlage als ausgewogen erachtet worden, hiess es weiter. (Mit Material der SDA / mai)