Kantonale Abstimmungen: Ja zu umstrittenen Strassenprojekten in Bern
Am Wochenende wurde auf Kantonsebene über baurelevante Vorlagen abgestimmt: Der Kanton Bern kann im Oberaargau und im Emmental zwei umstrittene Strassenprojekte realisieren und Graubünden erhält in Chur ein neues Hochschulzentrum.
Quelle: Swiss Interactive AG
Bei der Verkehrssanierung Aarwangen soll unter anderem eine 480 Meter lange Brücke über der Aare gebaut werden (Visualisierung).
Bern: Über 400 Millionen Franken für Strassenprojekte
Im Oberaargau und im Emmental kann der Kanton Bern zwei umstrittene Strassenprojekte realisieren. Nach einem emotionalen Abstimmungskampf hat das Volk beide Vorlagen angenommen.
Der Kredit von knapp 100 Millionen Franken für die Verkehrssanierung im Oberaargau wurde mit 51,7 Prozent Ja-Stimmen gutgeheissen, wie die Staatskanzlei am Sonntag mitteilte. Der stark befahrene Ortskern von Aarwangen wird mit einer Umfahrungsstrasse vom Durchgangsverkehr entlastet.
314 Millionen Franken kostet die Verkehrssanierung im Emmental, die von 56,9 Prozent der Stimmenden angenommen wurde. Auch hier stehen Umfahrungen im Zentrum. Das Ziel ist ein Ende der vielen Verkehrsstaus in Burgdorf und zwei Nachbargemeinden.
Mit Erleichterung reagierte das Ja-Komitee auf das Abstimmungsresultat. Damit sei ein wichtiger Schritt getan im Hinblick auf mehr Lebensqualität. Gestärkt werde auch die wirtschaftliche Prosperität in beiden Regionen. Für ein doppeltes Ja hatten Anwohnende, KMU, Wirtschaft, SVP, FDP, Mitte und EDU geworben. An ihrer Seite kämpften auch einzelne Vertreter von EVP, Grünliberalen und SP.
Seit über drei Jahrzehnten werde nach einer Lösung für die Verkehrsprobleme in Aarwangen gesucht, stellte die SVP fest. Und seit mehr als einem halben Jahrhundert werde über die Zufahrt Emmental diskutiert. Nun lägen endlich Lösungen vor, von denen die Bevölkerung und das Gewerbe gleichermassen profitierten.
Gegner Umfahrungsstasse Aarwangen geben nicht auf
Die Gegner der Umfahrungsstrasse Aarwangen geben nach dem Volksverdikt noch nicht auf. Zwar sei das Projekt angenommen worden, doch stelle sich die Frage, ob es auch rechtskonform sei. Bund und Kanton nähmen das Smaragdgebiet Oberaargau nicht ernst. Erst die hängige Beschwerde von WWF und Pro Natura Bern an den Regierungsrat werde zeigen, ob die Umfahrungsstrasse rechtskonform geplant worden sei – und ob sie gebaut werden könne.
Das «Komitee gegen Megastrassen» wies darauf hin, dass der Widerstand gegen solche Strassenprojekte aus dem letzten Jahrhundert immer grösser werde. Nun müssten ähnliche Pläne wie etwa der Ausbau der Grauholz-Autobahn auf acht Spuren sofort korrigiert und redimensioniert werden.
Berner Bauernverband sieht Emmentaler Verkehrssanierung positiv
Im Fall von Aarwangen sei der Enttäuschung über den Ausgang der Abstimmung auch bei den betroffenen Bauernfamilien gross, teilte der Berner Bauernverband mit. Die Anliegen der Landwirtschaft seien in der Planung nicht berücksichtigt worden. Dem Kulturland müsse endlich ein höherer Stellenwert eingeräumt werden.
Anders beurteilt der Verband das Ja zur Emmentaler Verkehrssanierung. Dort stehe auch die Landwirtschaft hinter dem Projekt. Die betroffenen Bauernfamilien seien von Beginn weg in die Diskussion mit den Behörden miteinbezogen worden. Von der nun vorliegenden Lösung profitierten auch viele KMU-Betriebe.
Stadtberner Stimmberechtigte für Aarwangen und gegen Emmentaler Projekt
Zu Aarwangen legten 113'119 Stimmberechtigte ein Ja in die Urne, 105'638 lehnten die Vorlage ab. 124'589 Stimmende sprachen sich für die Verkehrssanierung im Emmental aus, 94'509 lehnten diese ab. Die Stimmbeteiligung betrug 30,4 Prozent.
Das Emmentaler Projekt fand eine Mehrheit in allen zehn Verwaltungskreisen. Die Aarwangen-Vorlage wurde hingegen in drei Kreisen bachab geschickt: Im Berner Jura, in Biel und in Bern-Mittelland. Die rotgrün dominierte Stadt Bern lehnte gleich beide Kredite deutlich ab.
Quelle: PD
Visualisierung: So soll das neue Hauptgebäude der Fachhochschule Graubünden dereinst aussehen.
Graubünden: Neues Hochschulzentrum für
FH Graubünden in Chur
Die Fachhochschule Graubünden (FHGR) bekommt in Chur ein neues Hochschulzentrum. Die Bündner Stimmberechtigten haben sich mit einem Ja-Stimmenanteil von 83,08 Prozent überaus klar für den Neubau und einen Verpflichtungskredit von 151 Millionen Franken ausgesprochen.
Der Kredit wurde mit 30'469 zu 6204 Stimmen bewilligt. Die Stimmbeteiligung betrug 26,30 Prozent, wie die Bündner Standeskanzlei am Sonntag mitteilte.
Die Kosten für das neue Hauptgebäude und den dazugehörigen Campus sind auf insgesamt 178 Millionen Franken veranschlagt. Die Bündner Regierung geht aber davon aus, das sich der Bund mit voraussichtlich 27 Millionen Franken am Bauprojekt beteiligt. Den Rest schultert der Kanton als alleiniger Eigentümer der Schule. Es handelt sich um sein grösstes Hochbau-Vorhaben aller Zeiten.
Die FHGR ist derzeit auf fünf Standorte und neun Gebäude verteilt, was gemäss Kantonsregierung und Parlament einen effizienten, einer Hochschule angemessenen Schulbetrieb nicht zulässt. Zudem ist sie räumlich nicht als Ganzes erkennbar.
Fünf Standorte zusammengefasst
Die verschiedenen Standorte werden nun an einem Ort zusammengefasst. Das neue Zentrum der Fachhochschule wird am bisherigen
Hauptstandort realisiert, im aufstrebenden Industrie- und Gewerbequartier Chur
West. Zusammen mit dem bisherigen vergleichsweise kleinen Hauptgebäude wird der
Neubau einen Campus bilden, der für 1700 Vollzeit-Studienplätze
ausgelegt ist und sich bis auf 2000 Plätze erweitern lässt.
Die FHGR löste sich erst im Jahr 2020 von der
Fachhochschule Ostschweiz und machte den Schritt in die Selbständigkeit. Das
neue Zentrum soll nun zur nationalen Anerkennung der jungen Fachhochschule
beitragen. Politik und Wirtschaft erhoffen sich zudem positive Auswirkungen auf
den Fachkräftemangel in Graubünden.
Widerstand gegen den Neubau gab es vor der Abstimmung trotz der hohen Kosten keinen. Baustart ist im Herbst 2024 vorgesehen, in Betrieb genommen wird der Neubau voraussichtlich Ende 2027.
Quelle: NormanB - Own work wikimedia CC BY-SA 3.0
Blick auf Beckenried im Kanton Nidwalden. (Symbolbild)
Obwalden und Nidwalden: Netto-Null-Ziel bis 2040 wird nicht in der Verfassung festgeschrieben
Ob- und Nidwalden wollen sich beim Klimaschutz zwar stärker engagieren, aber dabei auf Pragmatismus setzen. In beiden Kantonen haben die Stimmberechtigten zwei gleichlautende Klima-Initiativen abgelehnt, die das Netto-Null-Ziel bis 2040 in der Verfassung verankern wollten.
Im Kanton Nidwalden wurde die Klima-Initiative mit einem Nein-Stimmenanteil von 74 Prozent abgelehnt, in Obwalden mit 73 Prozent. Nidwalden stimmte aber mit einem Ja-Stimmenanteil von 61 Prozent einem weniger ambitionierten Gegenvorschlag zu. In Obwalden wurde den Stimmberechtigten kein Gegenvorschlag vorgelegt.
Die gescheiterten Volksbegehren verlangten von Kantonen und Gemeinden, dass sie für die Verringerung der Klimaerwärmung und für den Schutz vor ihren Folgen einstehen. Mit Hilfe von verbindlichen Absenkpfaden für den CO2-Ausstoss sollte bis 2040 Klimaneutralität erreicht werden.
«Energie- und Klimakonzept
2035» in Obwalden
Von den Regierungen und Parlamenten wurden die Initiativen als unnötig eingestuft. Es brauche keine neuen Vorschriften, hiess es etwa in Obwalden. In Nidwalden störte sich die bürgerliche Mehrheit an einer festen Jahreszahl für das Erreichen der Klimaneutralität.
In beiden Kantonen konnten die Regierungen die Stimmberechtigten mit eigenen Ideen überzeugen. In Obwalden war es das 2022 erarbeitete und 30 Massnahmen umfassende «Energie- und Klimakonzept 2035», das Netto-Null bis 2048 und damit noch zwei Jahre vor dem Bund vorsieht.
Dieser Massnahmenplan schien den Obwaldnern eine ausreichende Grundlage zu sein, um den CO2-Ausstoss zu verringern. In einer Mitteilung versprach der Regierungsrat nach der Abstimmung, dass er die Umsetzung des Energie- und Klimakonzepts intensivieren wolle.
In Nidwalden reagierte der Regierungsrat mit einem
Gegenvorschlag auf die Klima-Initiative. Der Gegenvorschlag verankert zwar die
Klimapolitik allgemein in der Kantonsverfassung. Er verzichtet aber auf ein
eigenes Netto-Null-Ziel, sondern schreibt nur vor, dass sich die Klimapolitik
an den Zielen des Bundes orientieren solle.
Die Bevölkerung habe erkannt, dass die kantonalen Behörden hinter der Klimaneutralität stehen würden, erklärte der Regierungsrat in einer Mitteilung. Mit dem Klimaschutzartikel könne der Kanton ohne Alleingang, aber effizient und nachhaltig zum Ziel gelangen.
Quelle: Denkmalpflege Uri
Das «Tellspielhaus» in Altdorf wurde vor rund 50 Jahren letztmals umfassend renoviert. Nun steht eine weitere grosse Sanierung an.
Uri: Tellspielhaus in Altdorf wird für knapp 8 Millionen Franken saniert
Das das für seine Tellspiele bekannte Theater Uri wird renoviert. Das Stimmvolk hat eingewilligt, dass der Kanton seine Kasse öffnen und die Hälfte der Sanierungskosten von knapp 8 Millionen Franken übernehmen kann. Der Kredit wurde mit einem Ja-Stimmenanteil von 76 Prozent ( 3390 Ja zu 1073 Nein) genehmigt. Die Stimmbeteiligung betrug 17 Prozent, wie die Standeskanzlei mitteilte.
Das Theater Uri wurde 1867 als Gemeindehaus erbaut. 1917 übernahm die Tellspielgesellschaft das Gebäude und baute es vor knapp 100 Jahren zum «Tellspielhaus» aus. Vor rund 50 Jahren wurde der klassizistische Bau letztmals umfassend renoviert. Seit 1999 gehört er der Gemeinde Altdorf.
Nun steht eine weitere grosse Sanierung an. Sie soll in den nächsten acht Jahren umgesetzt werden und 7,8 Millionen Franken kosten. Im Zentrum der Erneuerung steht die technisch veraltete Bühne. Der Theatersaal mit seinen 575 Plätzen wird nicht vergrössert.
Uri beteiligt sich an Sanierung
Finanziert wird die Sanierung des Tellspielhauses je hälftig vom Kanton und der Gemeinde, ein Kostenteiler, der auch bei anderen Institutionen von kantonaler Bedeutung angewendet wird. Zudem leistet der Kanton einen Beitrag an die Planungskosten. Auch die Gemeinde Altdorf stimmte der Sanierung klar zu. 82 Prozent (1305 zu 294 Stimmen) stellten sich hinter das Projekt.
Das Theater Uri ist die grösste Kulturinstitution des Kantons. Betrieben wird die erfolgreiche Spielstätte es von einem Verein. Zu den wichtigen Produktionen gehören das Festival Alpentöne und die alle paar Jahre stattfindende Aufführung von Friedrich Schillers «Wilhelm Tell» durch die Tellspielgesellschaft.
Beitritt zu interkantonalen Vereinbarung über das Beschaffungswesen
In einer zweiten Abstimmung sprachen sich die Stimmberechtigten für den Beitritt zur interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen aus mit einem Ja-Stimmenanteil von 80 Prozent. Das Gesetz regelt die kantonalen Ausnahmen.
(pb, mit Material der sda)