19:35 BAUBRANCHE

Immobilienmarkt: Zenith überschritten?

Die Autoren des aktuellen Swiss-Real Estate-Berichts der Credit Suisse sehen deutliche Anzeichen dafür, dass der Immobilienzyklus in der Schweiz seinen Zenith überschritten hat. Wenn auch in einzelnen Segmenten die Preise, wenn auch verlangsamt, weiter steigen, ist die Dynamik gebrochen. Ein Crash scheint unwahrscheinlich - eher eine sanfte Landung.

Auf dem Wohnungmarkt haben die Regulierungsmassnahmen und auch erste, zur Vorsicht mahnende Zinsanstiege, zusammen mit dem erreichten Preisniveau eine bremsende Wirkung entfaltet. Das Wachstum der Preise für Wohneigentum und des Kreditvergabevolumens haben sich abgeflacht und eine gewisse Verlagerung der Nachfrage in Regionen mit günstigeren Preisen gefördert. Damit hat sich das Risiko eines Immobiliencrashs reduziert. Weitere Regulierungsschritte dürften die Abkühlungsphase verlängern.

Gemäss den CS-Experten ist es noch zu früh für eine definitive Entwarnung. Erst wenn die Zinsen mittelfristig wieder kräftiger zu steigen beginnen, wird es zu Preiskorrekturen kommen. Gegen eine rasche Trendumkehr sprechen auch sogenannte Fundamentaldaten: Die gute Konjunktur, stabile Haushaltseinkommen, die wachsende Bevölkerung, eine robuste Beschäftigungsentwicklung und vergleichsweise tiefe Zinsen sorgen für eine weiterhin hohe Wohnraumnachfrage.

Mehr Leerstände in der Peripherie

Auf diese Situation reagiert das Angebot nach Meinung der Experten räumlich nicht optimal. Arbeitsplätze entstehen zunehmend in den Zentren, wo auch die Wohnungsnachfrage am grössten ist. Das Angebot zahlbarer Wohnungen weicht zusehends in die Peripherie aus. Während die Situation in den Zentren weiterhin von einer anhaltenden Wohnungsknappheit und immer noch steigenden Mieten geprägt bleibt, erleben die peripheren Lagen wachsende Probleme bei der Absorption von Mietwohnungen sowie steigende Leerbestände. Für wachsende Nervosität dürfte auch die Annahme der Einwanderungsinitiative sorgen, ist doch die Wohnungsabsorption auch von der Zuwanderung abhängig. Und diese düfte voraussichtlich eher gedrosselt werden.

Zu viele Büroflächen

Die tiefen Zinsen haben in den letzten Jahren viele neue Flächen entstehen lassen. Die Folgen sind wachsende Leerstände. Bis 2015 dürfte die Überkapazität auf über eine Million Quadratmeter zunehmen. Die Nachfrage nach Büroflächen zeigt sich daneben ziemlich flau und grössere Projekte haben zunehmend Realisierungsprobleme, weil sie die Vorvermietungsquote nicht erreichen. Die Unternehmen verhalten sich vor dem Hintergrund unsicherer weltwirtschaftlicher Aussichten zurückhaltend und tendenziell wenig expansiv. Der Markt beginnt sich somit selber zu regulieren. Das wachsende Überangebot dürfte sich in den kommenden Quartalen verstärkt in Mietpreisrückgängen und Bewertungskorrekturen niederschlagen. Einzig die sehr guten Lagen dürften von diesem Trend verschont bleiben.

Abnehmende Lust auf neue Verkaufsflächen

Der Verkaufsflächenmarkt wird eher von strukturellen Veränderungen dominiert. Neben den bestehenden Herausforderungen des Detailhandels (Sättigung, Einkaufstourismus, Preisnachlässe) gewinnt der Online-Handel zunehmend an Bedeutung. Er zwingt die Detailhändler gleich doppelt zu Investitionen: Zum einen in den elektronischen Kanal, zum andern auch in die Filialen: Angesichts der steigenden Konkurrenz aus dem Internet müssen Detailhändler das Einkaufserlebnis und die Beratungsqualität verbessern, um Kunden auch weiterhin in die Verkaufslokale zu locken. Dadurch fehlen Mittel für die Flächenexpansion. Dazu kommt, dass in der Welt des wachsenden Online-Handels schlicht weniger Verkaufsflächen benötigt werden. Dafür wächst tendenziell der Bedarf an Logistikflächen. Da die Qualität der Logistikdienstleistungen vermehrt die Kaufentscheide der Konsumenten beeinflusst, gewinnen Logistikimmobilien markant an Bedeutung. Institutionelle Anleger aus dem In- und Ausland haben in den letzten Jahren verschiedene Logistikimmobilien in der Schweiz entwickelt oder erworben.

Ungleichgewicht zwischen Zentrum und Peripherie

Die effektive Wohnungsknappheit beschränkt sich vor allem auf die Zentren. Ein überproportional wachsendes Wohnraumangebot auf dem Land verstärkt die Binnenwanderungen. Staus, ausufernde Infrastrukturkosten und fortschreitende Zersiedelung sind die Konsequenzen, die das Vollzugsdefzit der Raumplanung zu Tage treten lassen. Die CS-Fachleute interpretieren die Befürwortung der Einwanderungsinitiative auf dem Land auch als Protest gegen das ungebremste Wachstum der Siedlungsflächen. Die Ursachen dafür finden sich in anhaltenden Widerständen gegen die Verdichtung, aber auch in überregulierten Wohnungsmärkten in den Städten. Am Beispiel Genfs lassen sich die ungewollten Folgen von Eingriffen in das Preisgefüge des Wohnungsmarktes gut beobachten: In den nicht regulierten Marktbereichen explodieren die Preise, die Bevölkerung wird zusehends unzufriedener mit der Wohnsituation und die Standortqualität sinkt. Die Absicht, Wohnraum erschwinglich zu halten, hatte unerwünschte Auswirkungen. Wo Wohnraum (über)reguliert wird. lohnt es sich weniger, neuen Wohnraum zu schaffen. Das Angebot bleibt knapp und die Preise explodieren. (mai/mgt)

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