Hypothekarmarkt: Zinsen steigen, Digitalisierung hinterlässt Spuren
In ihrem Immobilienmonitor stellt die CS viel Bewegung auf dem Hypothekarmarkt fest: Während sich die Digitalisierung sich als Türöffner für neue Anbieter erweist und das Vermittlergeschäft ankurbelt, steigt die Konkurrenz im Hypothekargeschäft. Dessen Wachstum ist in den letzten Jahren um mehr als die Hälfte gesunken.
Die Zeiten stetig sinkender Zinsen gehören der Vergangenheit an. Nachdem die Hypothekarzinsen Mitte 2016 ihr Allzeittief erreicht zu haben scheinen, bewegen sie sich seither auf einem leicht ansteigenden Pfad nach oben. Der Grund dafür liegt in den weltweit verbesserten Konjunkturaussichten. Allerdings haben sich erst die mittel- und langfristigen Zinssätze erhöht. Die Geldmarktsätze dagegen dürften aufgrund der Negativzinspolitik der Schweizerischen Nationalbank bis mindestens 2019 fest auf ihrem Allzeittief verankert bleiben.
Für die Hypothekarkreditnehmer ist der Moment gekommen, sich über ihre Hypothekarstrategie Klarheit zu verschaffen. In der Vergangenheit hat sich eine Fix-Hypothek nur in sehr wenigen Fällen ausbezahlt. Ein solcher Fall könnte aber jetzt vorliegen, denn die Zinssätze der Fix-Hypotheken sind noch immer auf historisch sehr tiefen Werten, dürften aber in den kommenden ein bis zwei Jahren laut Prognosen der CS-Ökonomen rascher ansteigen als die Geldmarkthypotheken. Deshalb raten sie Hypothekarnehmern, die eine Absicherung gegen Zinsanstiege ins Auge fassen, nicht allzu lange mit dem Entscheid für oder wider eine Fix-Hypothek zuzuwarten.
Umbruch auch auf dem Hypothekarmarkt wegen Digitalisierung
Zudem Digitalisierung sorgt für neuen Schwung auf dem Immobilien- und Hypothekarmarkt. Mittlerweile verfügen rund zwei Dutzend Anbieter über Online-Angebote, mit denen Hypotheken teilweise oder vollständig auf dem digitalen Kanal abgewickelt werden können. Damit lassen sich nun auch Kundensegmente ausserhalb des angestammten Marktgebiets ansprechen, was wiederum die Konkurrenz erhöht.
Der Einsatz digitaler Technologien schlägt sich auch in der Struktur des Hypothekarmarktes nieder: So werden die einzelnen Prozessschritte der Kreditvergabe zunehmend entbündelt und können damit outgesourct werden. Dies eröffnet sowohl neuen als auch alteingesessenen Anbietern zusätzliches Marktpotenzial. Denn Hypotheken sind wegen der Tiefzinsphase auch für Anleger interessant geworden, die zwar nicht über die notwendigen Abwicklungskapazitäten verfügen aber diese gerne von Dritten beziehen würden.
Ganz generell haben institutionelle Investoren wie Pensionskassen und Versicherungen Hypotheken als Anlageform wiederentdeckt – obwohl sie erst einen Marktanteil von gut 5 Prozent auf sich vereinen. Renditen von einem halben bis zu einem ganzen Prozent sind mit Blick auf das eingegangene Risiko attraktiv und dürften laut CS das Interesse an diesem Geschäft aufrechterhalten.
Die voranschreitende Digitalisierung ist allerdings auch ein Türöffner für neue Akteure, was sich zum Beispiel im stark wachsenden Vermittlungsgeschäft zeigt. Neben klassischen Vermittlern wie Architekten oder Immobilienpromotoren sind vor allem auch neue digitale Plattformen entstanden. Zum einen handelt es sich dabei um bestehende Anbieter, etwa Online-Immobilienmarktplätze oder Verbände, zum anderen um Startups.
Gedrosseltes Wachstum auf dem Hypothekarmarkt
Die intensive Wohnbautätigkeit beschränkt sich praktisch ausschliesslich auf den Mietwohnungsmarkt. Im Wohneigentum ist die Bautätigkeit dagegen seit Jahren rückläufig. Dazu hat die verschärfte Regulierung einen wesentlichen Beitrag geleistet. Das Wachstum des Hypothekarvolumens hat sich entsprechend abgeschwächt. Im Vergleich zum langfristigen Mittel der letzten 30 Jahre von nominal 5,4 Prozent wächst das Volumen an Hypotheken von Privatpersonen aktuell mit rund 2,5 Prozent weniger als halb so kräftig. Zur Drosselung haben neben den hohen Immobilienpreisen auch die höheren Kapitalanforderungen beigetragen sowie die verschärften Amortisationsrichtlinien, die eine raschere Rückführung der Belehnungsquote auf zwei Drittel des Belehnungswerts vorsehen.
Trotz dem schwächeren Wachstum nimmt die Verschuldungsquote der Privathaushalte und Firmen gemessen am Bruttoinlandprodukt weiter zu. Neu ist diese Entwicklung jedoch nicht, sie kann gemäss CS seit 1975 beobachtet werden. Mittlerweile ist die Verschuldungsquote auf einem Niveau angelangt, das der Schweiz einen Spitzenplatz im internationalen Vergleich sichert. Insofern ist es zu begrüssen, dass im letzten Jahr die Verschuldungsquote erstmals seit sieben Jahren nur noch unterdurchschnittlich angestiegen ist. Dies dürfte auch für die nächsten Jahre so bleiben, denn der graduelle Wiederanstieg der Hypothekarzinsen wird das Wachstum des Hypothekarvolumens bremsen und damit dazu beitragen, die Gefahr einer übermässigen Ausweitung des Kreditvolumens zu begrenzen.
Schwierige Drei-Zimmer-Wohnungen
Die Zeiten, in denen auf dem Mietwohnungsmarkt alles, was gebaut wurde, auch reissenden Absatz gefunden hat, sind vorbei. Davon zeugen steigende Leerstände. Deshalb versuchen Investoren, ihr Wohnungsangebot besser den aktuellen Bedürfnissen der Mieter anzupassen. Im Zuge des allgemein bekannten Trends zu kleineren Haushalten sind sie dazu übergegangen, vermehrt Zwei- und Drei-Zimmer-Wohnungen zu bauen. Besonders Wohnungen mit drei Zimmern sind bei den Planern und Bauherren beliebt: Sie machen gegenwärtig über 30 Prozent der Neuzugänge aus.
Die Wohnungsgrösse in dieser vermeintlich goldenen Mitte droht jedoch zwischen Stuhl und Bank zu fallen. Denn Drei-Zimmer-Wohnungen erfüllen häufig weder das Bedürfnis einer Familie nach einer genügend grossen Wohnung noch den Wunsch eines Paars nach einer Wohnung zu möglichst überschaubaren Kosten. Entsprechend weist die Drei-Zimmer-Wohnung von allen Wohnungsgrössen mit 1,76 Prozent bereits die höchste Leerstandsziffer auf. Eine Umkehr dieses Trends ist nicht in Sicht. Immobilieninvestoren sind gemäss CS gut beraten, nicht blindlings den Wohnungsmix anderer zu kopieren. (mai/mgt)