Historische Wege zwischen Bautechnik und Denkmalpflege
Historische Verkehrswege sind landschaftsprägende und oft auch bautechnisch und architektonisch hervorragende Kulturobjekte. Ihre Erhaltung stellt vielfältige Anforderungen an den gesellschaftlichen und praktischen Umgang. Bei baulichen Interventionen gilt es verschiedene Prinzipien zu beachten.
Historische Verkehrswege als Teil unseres baulichen Erbes sind mehrfach gefährdet: Verkehr, ländliche Erschliessung, Siedlungswachstum sowie auch kleinere Eingriffe in Unkenntnis ihres Wertes sind Beispiele für mögliche Beeinträchtigungen.
Um die Bauwerke zu erhalten, braucht es das Engagement und die Zusammenarbeit vieler Akteure wie zum Beispiel Wegeigner, Gemeinden, Kantone und Bund. Oft sind denkmalpflegerisch gute Lösungen nicht auf Anhieb mit ingenieurtechnischen Normen oder den Bedürfnissen der Nutzerinnen und Nutzer der Wege zusammenzubringen.
Wie bei historischen Gebäuden ist auch bei der Instandstellung historischer Verkehrswege die fachgerechte Erhaltung genau zu definieren: Muss der historische Weg in seiner Dimensionierung, Materialisierung und Bautechnik vollumfänglich erhalten werden? Ist eine Anpassung an aktuelle Nutzungsansprüche und Normen angezeigt? Wie werden die Schweizer Leitsätze zur Denkmalpflege angewendet? Und nicht zuletzt: Welcher historische Zustand soll erhalten werden? Denn historische Verkehrswege erfahren im Laufe der Zeit mehrfach Anpassungen und Veränderungen.
Individuelle Lösungen nötig
Solche Fragen müssen bei jeder Instandstellung individuell beantwortet werden. Das zeigt das Beispiel der Valtschielbrücke bei Donat GR zeigt, einer der frühen Betonbrücken des 20. Jahrhunderts. Sie wurde 1926 von Robert Maillart (1872 bis 1940) errichtet, einem frühen Meister des «modernen» Baustoffes Beton. Er realisierte eine Reihe filigraner Betonbrücken. Die Valtschielbrücke zählt zu seinen Hauptwerken. Der sparsame Einsatz von Beton ermöglichte es ihm, mit leichteren Lehrgerüsten zu arbeiten und mit kostengünstigen Lösungen zu überzeugen. Die Valtschielbrücke ist als versteifter Stabbogen konzipiert. Neben dem filigranen Brückenbogen wirken auch die Fahrbahn und die Brüstungen als Versteifungsträger, welche die Lasten verteilen. Die Brücke ist einspurig befahrbar und ausgelegt auf eine Last von sieben Tonnen. Glücklicherweise blieb das Prunkstück bis heute praktisch unverändert erhalten.
Frostschäden und abgeplatzte Betonteile
2012 wurden an der Brücke Frostschäden und abgeplatzte Betonteile festgestellt, vor allem im Bereich der Fahrbahn, an den Brüstungsöffnungen sowie zwischen der Fahrbahn und den Widerlagern. Einzelne Bewehrungseisen lagen frei. Da auf der Brücke kein Tausalz eingesetzt wurde, trat keine Lochfrass-Korrosion auf. An der Unterseite der Brücke zeigten sich feuchte Stellen mit Moos- und Sinterbildung.
Die Schäden wurden durch das projektierende Ingenieurbüro Conzett Bronzini Partner AG in erster Linie auf Frostwirkungen als Folge einer mangelhaften Entwässerung zurückgeführt. Daher wurde im Rahmen der Instandstellung die ursprüngliche Querentwässerung über die Brüstungsöffnungen durch eine Längsentwässerung in Richtung der Widerlager ersetzt und damit bereits bestehendes Gefälle ausgenutzt.
Als Fahrbahnoberfläche wurde ein Ultrahochleistungs-Faserbeton (UHFB) eingebaut. Damit konnten die Fahrbahnoberfläche in minimaler Stärke aufgetragen und die typischen halbrunden Brüstungsöffnungen freigelegt werden. Auf die Wiederherstellung der ehemals geschotterten Wegoberfläche wurde zugunsten der Längsentwässerung verzichtet. Der Schotter hatte sich wohl nicht bewährt, denn er war bereits wenige Jahre nach dem Bau durch einen Bitumenbelag ersetzt worden.
Auf Gesamterneuerung verzichtet
Die Instandstellung beschränkte sich auf eine gezielte Erneuerung beschädigter Stellen. Auf eine Gesamterneuerung wurde aus denkmalpflegerischen und finanziellen Gründen bewusst verzichtet. Neben der Anpassung der Entwässerung wurden die beschädigten Betonteile mit Spritzmörtel sorgfältig reprofiliert. Nach sechs Monaten Bauzeit konnte die instand gestellte Brücke im Oktober 2013 im Rahmen des Transviamala-Laufes eingeweiht werden – dessen Schlussstrecke führt über die Valtschielbrücke.
Die beteiligten Ingenieure setzten sich für eine möglichst umfassende Erhaltung der historischen Bausubstanz ein. Die Projektträgerschaft, bestehend aus der Gemeinde Donat und dem Naturpark Beverin, konnte daher ein Projekt präsentieren, das den Anforderungen der kantonalen Denkmalpflege und des Astra Rechnung trug. Der neuen Entwässerungslösung – einer Abkehr vom historischen Vorbild – konnten Denkmalpflege und Astra zustimmen, da die Vorteile für die langfristige Erhaltung des Gesamtbauwerkes den Eingriff in die Bautechnik rechtfertigten. (hpk/rc)
Den vollständigen Artikel lesen Sie im Baublatt Nr. 14 vom 7. April
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