19:25 BAUBRANCHE

Hintergrund: Zukunft der Pumpspeicher

Teaserbild-Quelle: Joujou, pixelio

In einer gemeinsamen Erklärung haben Deutschland, Österreich und die Schweiz bereits 2012 für den Ausbau von Pumpspeicherkraftwerken plädiert. Die Forcierung erneuerbarer Energien macht den Ausbau von Stromspeicherkapazitäten unabdingbar. Nun liegt eine trilaterale Studie vor, die sich mit den Potenzialen und wirtschaftlichen Aussichten der Pumpspeicherkraftwerke befasst.

Wasserkraft aus den Bergen: der Grimselstausee. (Joujou, pixelio)

Quelle: Joujou, pixelio

Wasserkraft aus den Bergen: der Grimselstausee.

Die trilaterale Studie besteht aus drei Teilstudien und einem zusammenfassenden Bericht. Die Bewertung des Beitrags von Speichern und Pumpspeichern ist Thema einer Teilstudie, die vom Institut für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft (IAEW) der RWTH Aachen durchgeführt wurde. Sie untersucht die systemischen Aspekte des Pumpspeichereinsatzes in Deutschland, Österreich und der Schweiz und bewertet dessen Beitrag für die Markt- und Netzintegration (unregelmässig anfallender) erneuerbarer Energien in mittel- und langfristigen Szenarien.

Deckungsbeitrag und Entwicklungsaussichten von Pumpspeicherkraftwerken behandelt eine Teilstudie der Wirtschafts- und Infrastrukturpolitik (WIP) der Technischen Universität Berlin in Zusammenarbeit mit dem IAEW der RWTH Aachen.

Den Rechtsrahmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz sowie die rechtlichen Vorgaben zur grenzüberschreitenden Vermarktung von Strom aus Pumpspeicherkraftwerken beinhaltet das Rechtsgutachtens von Görg Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB.

Einen zusammenfassenden Bericht "Pumpspeicher im trilateralen Umfeld Deutschland, Österreich und Schweiz" verfasste das Energy Science Center (ESC) der ETH Zürich im Auftrag des Bundesamtes für Energie (BFE). Der Bericht des ESC diskutiert und bewertet die Resultate der Teilstudien aus wissenschaftlicher Sicht.
Die wichtigsten Erkenntnisse

Die jüngsten Entwicklungen im europäischen Stromverbund, namentlich die in Deutschland forcierte, durch sehr hohe Stromkosten durch die Verbraucher subventionierte Energiewende haben zu Marktverzerrung geführt. Neuinvestitionen in Pumpspeicherkraftwerke sind heute nur schwierig zu begründen, bzw. lohnen sich für Stromproduzenten kaum. Dennoch ist es offensichtlich, dass Pumpspeicherkraftwerke längerfristig für ein funktionierendes Gesamtsystem von grosser Bedeutung sein können. Dies auch auf Grund der tendenziell zunehmenden schwankenden Belastung des Netzes, bedingt durch die volatile Einspeisung von Sonnen- und Windenergie. Als Sofortlieferanten von sauberer Energie wenn Wind und Sonne streiken, sind sie unentbehrlich.

Noch viele Fragen offen

Die künftige Bedeutung der Pumpspeicherkraftwerke hängt davon ab, wie sich das Energiesystem in Europa gesamthaft entwickelt.

Die Regierungen der Länder müssen abklären, welche politischen bzw. regulatorischen Instrumente geeignet sind, um die Sicherheit der Stromversorgung auch langfristig gewährleisten zu können. Eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit ist sinnvoll, um Ineffizienzen rein nationaler Lösungen zu vermeiden.

Um Marktverzerrungen zu verhindern und grenzüberschreitende Bewirtschaftungs-Möglichkeiten zu erweitern, ist eine Harmonisierung der Rahmenbedingungen in den involvierten Ländern anzustreben (z.B. bei den Netzentgelten).

Gemäss dem zusammenfassenden ESC-ETH-Bericht bedürfen folgende Bereiche einer vertieften und klärenden Diskussion:

Rolle des Marktes: Wie kann das heutige Marktsystem im Hinblick auf den weiteren Ausbau von unsicheren, schwankenden Produktionskapazitäten (vorwiegend Sonnen- und Windenergie) weiter entwickelt werden unter Berücksichtigung der relevanten Eigenschaften von Energiespeichersystemen?

Versorgungssicherheit: Wie kann eine bedarfsgerechte finanzierbare Versorgungssicherheit in einem zukünftigen System gewährleistet werden? Dabei ist es unabdingbar, dass alle der Sicherheit dienlichen Systeme, so auch die Pumpspeicherkraftwerke, ihre Wirkung voll entfalten können.

Netzausbau: Der effiziente Einsatz bestehender und zukünftiger Pumpspeicherkraftwerke hängt stark von den verfügbaren Transportkapazitäten auf dem Übertragungsnetz ab. So sollte die Ausbau-Planung der Übertragungsnetze und der Pumpspeicherkraftwerke koordiniert erfolgen.

Systemdienstleistungen: Pumpspeicherkraftwerke spielen eine wichtige Rolle in der Bereitstellung systemrelevanter Dienstleistungen (Netzstabilität). Zu diskutieren ist, welche Rolle sie auch bei netzdienlichen Aufgaben übernehmen könnten, z.B. durch die Erhöhung der N-1-Sicherheit. Das heisst, dass in einem Netz bei maximalen Übertragungs- und Versorgungsaufgaben die Netzsicherheit auch dann gewährleistet bleibt, wenn eine Komponente, etwa ein Transformator oder ein Stromkreis, ausfällt oder abgeschaltet wird.

Was lange währt, wird nicht immer gut.

Die vorliegenden Studien zeigen vor allem eines: allzu vieles ist noch nicht klar, bzw. im Stadium von Diskussionen und noch weit davon entfernt, Nägel mit Köpfen zu machen. Je länger die Unsicherheiten am Strommarkt anhalten, desto uninteressanter wird es, bestehende Kraftwerke zu erneuern oder zu Pumpspeicherkraftwerken auszubauen. Ob das gewaltige 2,1-Milliarden-Franken-Ausbauprojekt "Linthal 2015" der Axpo, das eine Leistungssteigerung von 480 MW auf 1480 MW generieren soll, rentieren wird, steht noch in den Sternen. Weitere Projekte liegen in den Schubladen, aus denen sie nicht so bald hervorgeholt werden dürften. Dabei ist es absehbar, dass solche Energiespeicher dringend gebraucht werden, wie aus der trilateralen Studie hervorgeht. Schnell aus dem Boden stampfen lassen sie sich nicht. Zum "Glück" gibt es für die Glättung der absehbar zunehmenden Netzschwankungen ja noch die bewährten CO2-Schleudern in Form von Kohle- und Braunkohlekraftwerken, wenn Wind und Sonne streiken. (mai)

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