Grönland schon vor 4400 Jahren bewohnt
Über lange Zeit galten die Wikinger als die ersten Bewohner Grönlands. Das war etwa um 800 n.Chr. Heute ist sich die Wissenschaft sicher, dass die Insel schon Jahrtausende früher, im Zuge von Klima-Veränderungen, immer wieder besiedelt worden ist: Die Ablagerungen fettartiger Alkenon-Moleküle liefern Hinweise.
Quelle: zvg
Die ersten Siedler liessen sich hier wahrscheinlich schon vor 4400 Jahren nieder.
Mittels archäologischer Forschungen, unter anderem in Sisimiut, dem zweitgrössten Ort Grönlands, konnte nachgewiesen werden, dass die Küsten der grössten Insel der Welt bereits vor 4400 Jahren erstmals besiedelt wurden. Dabei handelt es sich um Inuits der Saqqaq-Kultur, die sich von Walen, Rentieren und Robben ernährten. Ab etwa 500 v.Chr. liessen sich die Menschen aus der so genannten Dorset-Kultur in diesem Raum bis etwa 1000 n.Chr. nieder. Sie bauten wahrscheinlich auch die ersten Iglus. Wie Werkzeugfunde, darunter Messer zum Eisschneiden und raffinierte Harpunenspitzen, zeigen, dass sie sich hervorragend an das arktische Klima angepasst hatten. Gegen Ende des ersten Jahrtausends n.Chr., wanderten die Wikinger ein, sie blieben für etwa 350 Jahre. Und um etwa 1000 n.Chr. begann die Einwanderung der Thule-Inuits. Sie bevölkern die Küsten der Insel bis heute. Dieser fliessende Wechsel von Siedler-Völkern im Laufe von 4500 Jahren wurde von schon früh mit Klima-Wechseln in Verbindung gebracht, jedoch ohne stichhaltige Beweise. Die im Zusammenhang mit der Erforschung von Klimaveränderungen oft angeführten Eiskernbohrungen von den dicken Eisplatten deuten eher auf ein relativ stabiles Klima in den letzten Jahrtausenden. Anders verhält es sich an den besiedlungsfreundlicheren Küsten der Eisinsel mit ihren „lokalen“ klimatischen Besonderheiten.
Die Temperaturen von vor Jahrtausenden aufs Grad genau
US-Geologe und Klimaforscher William D'Andrea der University of Massachusetts kam mit seinem Team auf die Idee, im Bodenschlamm von zwei Seen in der Nähe vom Sondre Stromfjord nach Ablagerungen zu suchen, die Hinweise auf Klimaveränderungen geben könnten. Die Experten hatten Erfolg: Sie fanden so genannte Alkenone. Das sind fetthaltige Moleküle die von einer einzelligen Algenart produziert werden. Gemäss D'Andrea reagieren die Alkenon-Moleküle auf die Temperatur des Wassers. Je kälter es ist, desto leichter sind die Alkenon-Moleküle. Sterben die Algen, sinken sie auf den Boden, wo sich ihre Alkenone einlagern. Und zwar über Jahrtausende hinweg. Aus diesem Klima-Archiv können Forscher Temperaturschwankungen der 5600 Jahre auf Grade genau ablesen. Dabei wurden starke Klima-Veränderungen festgestellt, die sich in ganz kurzer Zeit, innerhalb von Jahrzehnten abspielten und damit die Besiedlungs-Möglichkeiten entscheidend beeinflussten.
Laut der Fachpublikation PNAS online (Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America) zeigt ein Vergleich mit den archäologischen Forschungen klar, dass die Wechsel der Siedler-Völker immer mit grossen Veränderungen im Klima in Verbindung gebracht werden kann. (mai)