Gerichtsurteil im Betrugsfall Bad Rans: Schuldsprüche für Baupleitiers
Das Kreisgericht St. Gallen hat die Hauptverantwortlichen mehrerer Immobilienpleiten in einem am Montag mündlich eröffneten Urteil zu Freiheitsstrafen verurteilt. Mit einem Schneeballsystem sollen die Beschuldigten das Genossenschaftskapital in die eigene Tasche gewirtschaftet haben.
Quelle: Gemeinfrei, Wikimedia
Justizia auf dem Gerechtigkeitsbrunnen in Bern. (Symbolbild)
Die ehemaligen Verwaltungsräte der
Genossenschaften waren unter anderem wegen Betrugs, Veruntreuung,
Urkundenfälschung, ungetreuer Geschäftsbesorgung, Misswirtschaft und
betrügerischem Konkurs angeklagt.
Bei der Wohnbaugenossenschaft Isenbach in Illnau-Effretikon
ZH verloren über 500 Anleger ihr Geld. Das Genossenschaftskapital von über 20
Millionen Franken ging vollends verloren. Während des Konkurses meldeten sich
210 Gläubiger mit Forderungen von über 43 Millionen Franken.
6,2 Millionen als «Promotionshonorare» eingestrichen
Das Gericht verurteilte am Montag einen 77-jährigen
Unternehmer zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 14 Monaten und zu einer
bedingten Geldstrafe von 360 Tagessätzen à 230 Franken. Bis Ende 2009 war
er auch Verwaltungsratspräsident der Genossenschaft Bad Rans, die in Sevelen SG
(140 Millionen Franken) und Buchs SG (20 Millionen Franken) Luxushotels plante,
aber nie baute.
Im Fall Bad Rans sollen die Verwaltungsräte 6,2 Millionen Franken
an Investorengeldern als «Promotionshonorare» eingestrichen haben. Zudem sollen
sie sich «Verkaufshonorare» von 1,5 Millionen Franken zugeschanzt haben.
Fiktive Bauleistungen verrechnet
An den Geschäften beteiligt war auch ein heute 70-jähriger
Zürcher Architekt. Als Koordinator und Bauleiter sei er laut Anklage bei allen
Genossenschaften massgeblich beteiligt gewesen. Er habe etwa wiederholt
Rechnungen für fiktive Bauleistungen gestellt.
Er wurde zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 36
Monaten verurteilt, davon sollen 18 Monate vollzogen werden. Weiter wird er zu
einer bedingten Geldstrafe von 360 Tagessätzen à 110 Franken verurteilt.
«Sie waren die treibenden Kräfte hinter den Tätigkeiten der
beteiligten Gesellschaften und profitierten massgeblich in finanzieller Sicht»,
schreibt das Gericht in einer Medienmitteilung.
Nicht ausreichend überwacht
Die fünf weiteren Beschuldigten seien in vergleichsweise
untergeordneten Chargen tätig gewesen. Ihr finanzieller Vorteil sei nicht
sonderlich gross gewesen. «Ihnen ist vor allem vorzuwerfen, dass sie die beiden
Hauptbeschuldigten nicht ausreichend überwacht haben», sagte der vorsitzende
Richter. Ihr Verschulden sei deutlich geringer.
Ein Hotelier, zwei weitere Unternehmer und ein Zimmermann
wurden zu bedingten Geldstrafen verurteilt. Ein Anwalt, dessen Tatbeitrag nicht
hinreichend nachgewiesen sei, wurde freigesprochen.
Sachverhalte teilweise verjährt
Mit den Schuldsprüchen folgte das Gericht in der Hauptsache
den Anträgen der Staatsanwaltschaft. Die angeklagten Sachverhalte reichen zum
Teil bis ins Jahr 2006 zurück. «Vereinzelt sind sie verjährt», sagte der
Richter weiter. Dies führte zu einem geringeren Strafmass. Die
Staatsanwaltschaft hatte für die Hauptbeschuldigten Freiheitsstrafen zwischen
40 Monaten und 6,5 Jahren gefordert. Die Verteidiger verlangten vollumfängliche
Freisprüche.
Es war bereits der zweite Versuch der St. Galler Justiz, den
komplexen Betrugsfall mit Schäden in der Höhe von mehreren Millionen Franken
und vielen Geschädigten von einem Gericht beurteilen zu lassen. Ein erster
Prozess am Kreisgericht Werdenberg-Sarganserland war nach den Urteilen im
November 2018 annulliert worden, weil einer der Richter befangen war.
Das Verfahren am Kreisgericht Werdenberg-Sarganserland habe
sich letztlich als «unnütz» erwiesen, hielt das Kreisgericht St. Gallen fest.
Die dabei entstandenen Kosten habe der Staat zu tragen. Die Kosten des
Verfahrens am Kreisgericht St. Gallen haben zur Hauptsache die verurteilten
Beschuldigten zu bezahlen.
Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig. (sda/pb)