18:25 BAUBRANCHE

Gegenwind für deutsche Windturbinen

Erstmals haben sich in den deutschen Bundesländern Rheinland-Pfalz und Saarland Windkraftgegner als politische Kraft formiert. Sie vereinen linke und rechte Kreise. Diese wehren sich nicht nur gegen die Verschandelung ganzer Landschaften und Schutzgebiete, sondern auch gegen die Umweltbelastung von Windkraftanlagen - im Zeichen der Energiewende.

Deutschland ist in Sachen Windkraft- und Photovoltaikanlagen ein Pionierland. So wird die Errichtung von Windkraftanlagen massiv gefördert, auch über verhältnismässig hohe Energiekosten für die Endabnehmer. Bei den Windkraftanlagen in der Nordsee drehen sich die Diskussionen um Themen wie den noch ungenügenden Ausbau des Übertragungsnetzes zu den Verbrauchern, über die im Meer klimatisch bedingte schnellere Alterung der Anlagen oder bei den Naturschützern um die Störung des Vogelfluges. Bei den Anlagen an Land, sozusagen mitten unter der Bevölkerung, scheinen die Vorbehalte massiv zu wachsen auch auf Grund negativer Erfahrungen mit den bereits zahlreichen bestehenden "Windmühlen". Nun haben sich in den erwähnten Bundesländern Rheinland-Pfalz und Saarland bereits 7500 Windkraftgegner und Energiewende-Skeptiker in 38 Gruppen zusammengefunden, um sich gegen den rücksichtslosen Auf- und Ausbau von Windkraftanlagen in geschützten Landschaften, in Wasserschutzgebieten, aber auch in der Nähe von Siedlungen zu wehren.

Kritik an zur grosser Siedlungsnähe

Es gibt keine gesamtdeutsche Regeln über die Abstände von Windkraftanlagen zu Siedlungen. So verlangt Bayern einen Mindestabstand zur nächsten Siedlung von der 10-fachen Höhe der Windkraftanlage. Bei einer Höhe von 150 Metern sind das 1500 Meter. Im Saarland würden in diesem Fall schon 650 Meter Abstand genügen. Neben den visuellen Irritationen wird angeführt, dass Windkraftanlagen auch laut sind und mit zunehmender Alterung noch lauter werden. Laut einem Bericht der Zeitung "Die Welt" können sich im Winter bei Eiskälte bei den Rotoren Eisbrocken lösen, die wie Geschosse in die Landschaft geschleudert werden. Solche kiloschweren Eisstücke wurden von den Gegnern gesammelt, vermessen und tiefgekühlt als Beweisstücke gelagert.

Windräder auch in geschützten Gebieten

Viele Emotionen wecken Windparks die in geschützten Gebieten errichtet wurden und werden. So entstehen in einem der schönsten Waldgebiete Deutschlands, auf dem Hundsrück, in einem Wasserschutzgebiet, auf dem nicht einmal ein Kinderspielplatz bewilligt würde, 200 Meter hohe Windräder. Diese benötigen einen 1300 Tonnen schweren Eisenbetonsockel, dazu kommen Zufahrtsstrassen, Leitungs-Trassen usw. Und in Rheinland-Pfalz in der Nähe von Landau, ist gar ein Windpark mit 250 Meter hohen Masten geplant, gegen den verschiedene Bürgerinitiativen angetreten sind.

Unzuverlässige Stromlieferanten

Als Dauerbrenner in den Diskussionen rund um die Wind- und Sonnenenergie erweist sich auch der Aspekt der Zuverlässigkeit. Wind- und Sonnenenergie gibt es nur wenn der Wind weht und die Sonne scheint. Die unvermeidlichen Produktionslücken müssen in Deutschland durch Kohlekraftwerke geschlossen werden, die in ständiger Bereitschaft sein müssen. Haben Wind und Sonne "einen guten Tag", kommt es schnell Netzüberlastungen. Das heisst zu einer Überproduktion, die nicht absorbiert werden kann, weil Speicherkapazitäten fehlen.

Hohe Stromkosten

Immer mehr Bürger realisieren, dass sie die Energiewende mit ihren kostentreibenden Unwägbarkeiten und Subventionen mit ihrer Stromrechnung bezahlen müssen und dass die Umweltbelastung damit auch nicht abgenommen hat. So betrugen 2013 die durchschnittlichen Stromkosten für einen Dreipersonenhaushalt (3500 KWh) 1005 Euro oder umgegerechnet 1220 Franken pro Jahr. Und für 2014 steigen die Stromkosten in den meisten Orten nochmals um 3,2 bis 8,8 Prozent - und das trotz sinkender Börsenstrompreise. Mehr als die Hälfte der Stromkosten entfällt heute auf Steuern und Abgaben für erneuerbare Energien. Damit ist die Schmerzgrenze für viele erreicht oder gar überschritten. Viele beginnen sich zu fragen, ob die Energiewende auf die Dauer noch bezahlbar ist.

Forderung nach Bürgerentscheiden abgeblockt

Mit ihrer Forderung nach Abstimmungen zu diesem Thema analog zur Schweiz sind die Windkraftgegner nicht durchgekommen. Dazu kommt, dass klamme Gemeindekassen empfänglich sind für Zuwendungen der Windkraft-Betreiber und -promotoren zum Beispiel zugunsten von Gemeinde-Kindergärten.

Energiewende als Tabu-Zone

Bei den zuständigen Politikern auch auf der Ebene der Länder-Regierungen finden sich wenige, die sich dem Problem stellen wollen. Die Energiewende scheint zur Tabuzone geworden zu sein, an der sich niemand der Finger verbrennen will.

Immerhin haben die Windkraftgegner Unterstützung durch einige bekannte Politiker gefunden, wie Die Welt berichtet. Heiner Geissler, Ex-Generalsekretär der CDU, beklagt, dass die "zunehmende Ökonomisierung der Gesellschaft" dazu führe, dass selbst eines der schönsten und grössten Waldgebiete Deutschlands in Torschlusspanik mit Windrädern gespickt werde. Und Oskar Lafontaine von der Partei "Die Linken" sagte bei einem Treffen des Anti-Windrad-Bündnisses: "Wir kämpfen jetzt gegen das planlose Vollpflanzen des Saarlandes mit Windkraftanlagen - das ist ja unsere Heimat, und das wollen wir nicht."

Und Wolfgang Piroth, Ex-Ministerpräsident des Saarlandes, wettert gegen das "Banausentum" und den rücksichtslosen Umgang mit herrlichen Kulturlandschaften. "Dieselben Grünen, die gegen die Abholzung des brasilianischen Regenwaldes protestieren oder sich in Stuttgart an Bäume ketten, fahren mit dem Bulldozer durch den Wald, wenn es um Windkraft geht."

Und in der Schweiz?

Die Neuenburger Stimmbürger haben sich soeben für den weiteren Ausbau der Windenergie in ihrem Kanton entschieden. Verschiedene Windenergieprojekte sind in auch in der übrigen Schweiz in Planung und Ausführung. Die Schweiz hat sich auf einen ähnlichen Weg begeben wir Deutschland. Steigende Stromkosten durch Abgaben auf "Erneuerbare" sind auch hier absehbar. In wie weit und in welcher Stärke sich noch mehr Gegenwind-Energie entwickeln wird oder nicht, werden wir erleben – allenfalls an der Urne. (mai)

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