Geflutete Idylle am Röstigraben
Der 12,7 Kilometer lange Schiffenensee im Kanton Freiburg staut die Saane in einem schmalen Talabschnitt zwischen den Gemeinden Barberêche, Düdingen, Freiburg, Granges-Paccot und Kleingurmels. Unter den Wellen des Gewässers liegt ein Gebiet mit viel Geschichte. Davon und von seiner Entstehung erzählt eine Ausstellung und ein Buch.
Wer auf der A12 von Bern Richtung Genfersee fährt, quert bei Granges-Paccot den Schiffenensee und damit auch den „Röstigraben“. Die meisten nehmen den ihn nur kurz wahr, vielleicht eher als breiten Fluss, romantisch gelegen zwischen steilen Felsen. Wer weiss heute noch, dass hier einst ein idyllisches Tal lag, bevor der See hochgestaut wurde? Allzu lange ist dies nicht her: Vor etwas mehr als 50 Jahren grasten im Tal der Saane zwischen Düdingen und Pensier Kühe, spazierten Kurgäste dem Flussufer entlang durch die Auenlandschaften. Ein paar Brücken verbanden die deutschsprachige Ostseite mit der französischsprachigen Westseite des Saaneufers.
Was heute noch auf alten Postkarten und Bildern zu sehen ist, wurde 1960 endgültig dem Untergang geweiht. Und zwar mit dem Baubeginn der Schiffenen-Staumauer;Die Arbeiten sollten drei Jahre dauern. Damit entstand ein fast 13 Kilometer langer, 65 Millionen Kubikmetern umfassender See, der die gesamte Gegend stark veränderte. Dennoch ist der Fjord ähnliche See mit seiner 47 Meter hohen und 417 Meter langen Staumauer und seinen steilen, felsigen Uferhängen ebenso wie früher das Tal, das er flutete, heute ein beliebtes Ausflugziel.
„Erinnerungen wach halten“
Davon was war, und von den Veränderungen, die der See brachte, erzählt das durchgehend zweisprachige Buch „Schiffenensee – Das versunkene Tal“ des Vereins O.S.K.A.R. Die Arbeit am Buch nahm anderthalb Jahre in Anspruch. „Wir wollen mit dem Buch die Erinnerungen von Zeitgenossen wachhalten, aber sie auch für kommende Generationen bewahren“, sagt Projektleiter Hubert Dietrich. Viele Bilddokumente stammen aus den Sammlungen von Louis Aebischer und Mario Baeriswyl. Die persönlichen Beiträge früherer Talbewohner sind Glanzpunkte des Buches. Weitere Kapitel widmen sich etwa dem Bau der Grandfey-Brücke, den Burgen und Schlössern rund um den See, dem früheren Kieswerk von Schiffenen und natürlich dem Bau des Staudamms gewidmet. In einem Beitrag wird das damals schweizweit bekannte Kurbad Bonn gewürdigt, das kurz vor seinem Abbruch und Untergang im See noch als Kulisse für eine Szene der Jeremias-Gotthelf-Verfilmung „Annebäbi Jowäger“ diente.
Parallel zum Erscheinen des Buchs zeigt das Gutenberg Museum Freiburg eine Ausstellung zum Thema Schiffenensee und Staumauerbau. Von einigen Zeitzeugen, die auch im Buch zu Wort kommen, sind Interviews zu hören. Dazu gibt es Amateur-Filmaufnahmen und natürlich viele Fotos und Originaldokumente zu sehen. – Sowohl Buch als auch Ausstellung verzichten darauf, zu werten, ob der Bau richtig war oder falsch. Sicher ist wohl, dass es heute schwer wäre, ein solches Projekt durchzuziehen. (mai)
Das Buch
„Schiffenensee – Das versunkene Tal“umfasst 264 vierfarbige Seiten und etwa 250 Abbildungen. Mehr zum Buch unter: www.gutenbergmuseum.ch
Die Ausstellung
Adresse: Gutenberg-Museum, Place de Notre-Dame 16, 1700 Fribourg, info@gutenbergmuseum.ch, www.gutenberg.ch Öffnungszeiten: Mittwoch, Freitag, Samstag 11 bis 18 Uhr, Donnerstag 11 bis 20 Uhr, Sonntag 10 bis 17 Uhr.