16:36 BAUBRANCHE

Fusion Holcim-Lafarge: Lafont wird nicht Konzernchef

Die erste Beziehungskrise ist vorbei: Die beiden Zementriesen Holcim und Lafarge haben ihren den Ehevertrag angepasst und ihre vor dem Aus stehende Elefantenhochzeit gerettet. - Holcim hat sich gegenüber Lafarge durchgesetzt.

Einerseits wird das Austauschverhältnis zugunsten von Holcim angepasst: Die Lafarge-Aktionäre erhalten für 10 eigene Titel nur noch 9 Aktien von Holcim. Dies teilten die beiden Konzerne heute Freitag mit. Ursprünglich war ein Austauschverhältnis von eins zu eins vereinbart worden. Andererseits wird Bruno Lafont wird nicht wie ursprünglich vorgesehen Chef des fusionierten Konzerns; Holcim hatte gemäss Insidern den Franzosen wegen seines Führungsstils abgelehnt.

Ein grösserer Holcim-Aktionär hatte erklärt, Lafont habe nach der Veröffentlichung des Jahresabschlusses bei vielen Investoren Vertrauen eingebüsst. Seine Prognosen für das laufende Geschäftsjahr von Lafarge seien bei vielen Investoren als allzu optimistisch eingestuft worden. Zudem bezweifelten sie, dass die bei einem Zusammenschluss mit Holcim angepeilten Einsparungen erreicht werden können. Lafont ist seit 2007 sowohl Konzernchef als auch Verwaltungsratspräsident von Lafarge und gilt als Architekt der Übernahme des ägyptischen Zementherstellers Orascom, die dem Konzern hohe Schulden aufgebürdet hat.

Trostpreis für Lafont

Nun erhält Lafont als Trostpreis den Posten des Co-Verwaltungsratspräsidenten, den er zusammen mit dem aktuellen Holcim-Präsidenten Wolfgang Reitzle ausüben wird. Holcim-Verwaltungsrat Beat Hess soll Vize-Verwaltungsratspräsident werden. Damit hat die Schweizer Seite ihre Vorstellungen weitgehend durchgesetzt. Unter dem Druck von Grossaktionären hatte Holcim am vergangenen Montag eine Nachbesserung der Fusionsvereinbarungen verlangt.

Während Lafarge daraufhin beim Austauschverhältnis der Aktien Entgegenkommen signalisierte, lehnten die Franzosen Änderungen beim Chefposten zunächst kategorisch ab. Erst der Druck der eigenen Grossaktionäre leitete dann aber gemäss Insidern ein Umdenken ein, wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtete.

Immerhin dürfen die Franzosen weiterhin einen Kandidaten für den Konzernchef ernennen. Der Holcim-Verwaltungsrat muss dann noch zustimmen. Nun suche man wahrscheinlich einen neuen Chef von ausserhalb, meinte ein Analyst der ZKB laut der Nachrichtenagentur AWP. Dies würde die Chance bergen, dass diese Person unbefangen den entstehenden Zementmulti führen könnte.

Prämie für Holcim-Aktionäre

Als weiteres Zückerchen für die Aktionäre bieten Holcim und Lafarge einen Bonusaktienplan an. Nach dem Vollzug des Zusammenschlusses soll es eine neue Lafarge-Holcim-Aktie für jeweils 20 vorhandene Aktien geben. Mit dem neuen Austauschverhältnis kämen die Holcim-Aktionäre in den Genuss einer Prämie von 11 Prozent, rechnete die ZKB in einem ersten Kommentar vor. Damit werde dem Umstand Rechnung getragen, dass Holcim besser in Form sei als die Franzosen und somit mehr Substanz in die neue Gesellschaft einbringe. Auch die Aufwertung des Schweizer Frankens spiele eine gewichtige Rolle, hiess es.

Die Diskussion um das Austauschverhältnis war entbrannt, nachdem die beiden Unternehmen im Februar sehr unterschiedliche Geschäftszahlen präsentiert hatten. So konnte Holcim den Reingewinn 2014 um 1,2 Prozent auf knapp 1,3 Mrd. Franken steigern, während Lafarge mit 143 Mio. Euro nur noch auf einen Viertel des Gewinns von 2013 kam. Auch bei der operativen Marge schnitt Lafarge deutlich schlechter ab als Holcim.

Aktienkurse steigen kräftig

Anleger begannen daraufhin auf ein besseres Austauschverhältnis zu spekulieren. In der Folge entwickelten sich die Aktienkurse der beiden Unternehmen immer mehr auseinander. Am Freitag schloss sich der Graben nun wieder etwas. Während die Holcim-Aktie an der Schweizer Börse bis kurz vor Mittag 1,3 Prozent an Wert gewann, kletterte der Lafarge-Aktienkurs in Paris um 2,8 Prozent nach oben.

Zu den neu ausgehandelten Bedingungen sollte die Firmentransaktion aus heutiger Sicht zustande kommen, hiess es in Händlerkreisen. Allerdings sei am Markt in den letzten Tagen zum Teil auf ein noch besseres Umtauschverhältnis für die Aktionäre von Holcim spekuliert worden sei. Die Rede war von 0,875 Holcim- Aktien für einen Lafarge-Anteil. Daher reagiere die Lafarge-Aktie jetzt noch stärker als jene von Holcim, hiess es.

Der grösste Aktionär das Schweizer Zementkonzerns Holcim steht jedenfalls hinter der überarbeiteten Fusionsvereinbarung mit Lafarge. "Thomas Schmidheiny ist erfreut, dass es gelungen ist, die in den letzten Wochen aufgetretenen Diskrepanzen zu klären", erklärte ein Sprecher am Freitag.

"Es ist ein starkes Signal, dass sich die industrielle Logik eines Zusammengehens der beiden Unternehmungen und die damit verbundenen langfristigen Perspektiven durchgesetzt haben." Schmidheiny hält gut ein Fünftel der Holcim-Aktien. (Johannes Brinkmann, sda)

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