Frische Brise in der Stadt
An heissen Tagen steht die Luft in den Städten. Die dichte Bebauung verhindert, dass sie zirkuliert. Dabei entstehen „Wärmeinseln“, die das Stadtklima und die Gesundheit belasten. Im neuen Windkanal der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) der ETH Zürich können Wind- und Wärmesituationen in äusserst urbanen Gebieten simuliert werden.
Allerdings muss in Städten nicht unbedingt schlechte Luft herrschen: So wird beispielsweise Chicago auch in heissen Sommern stets von einer angenehmen Brise gekühlt. Grund ist die Art und Weise, wie die Stadt angelegt wurde: Nachdem grossen Feuer von 1871, das praktische die ganze Stadt zerstörte, baute man die Strassen in einem Raster wieder auf. Seither kann der Wind vom See her kommend gut durch die Strassenschluchten zirkulieren.
Wie sich Wind- und Wärmesituation in Städten verhält, aber auch wie diese verbessert werden kann, lässt sich im neuen Windkanal der Empa in Dübendorf simulieren und testen. Der 26 Meter lange und rund vier Meter hohe Windkanal hat die Empa zusammen mit der ETH Zürich aufgebaut. Ein Ventilator mit einem Durchmesser von 1,8 Meter und ein Elektromotor mit 110 kW (150 PS) erzeugen in der Teststrecke Wind mit einer Höchstgeschwindigkeit von bis zu 90 Kilometern pro Stunde. Dabei geht es den Forschern darum, herauszufinden wie Luftmassen Gebäude umströmen, welche Geschwindigkeiten und Turbulenzen auftreten und welche Auswirkungen dies in Bezug auf Energie, Komfort und Gesundheit haben kann: Ob sich so etwa Häuser im Sommer allein durch Wind kühlen lassen, wo Zugluft stören könnte und ob sich Schadstoffe auch auf natürlichem Wege abtransportieren lassen.
Anders als bei Simulationen am Computer, bei denen sich Resultate lediglich berechnen lassen, erlaubt der Windkanal exakte Messungen. Simulationen können so überprüft und verfeinert werden. Zudem hat der Empa-Windkanal verfügt gegenüber vielen seiner Art über einen Vorteil: eine ausgeklügelte Messtechnik, die aus zwei Hochgeschwindigkeitskameras und einem speziellen Hochleistungslaser besteht. Wo in anderen Windkanälen Luftbewegungen aus Einzelmessungen an spezifischen Messpunkten zusammengesetzt würden, könne man den Luftstrom mit all seinen Fluktuationen zeitaufgelöst sichtbar machen, erklärt Viktor Dorer von der Abteilung „Bautechnologien“. Damit die beiden Hochgeschwindigkeitskameras den Luftstrom fest halten können, werden der Luft winzige Partikel beigefügt. Sie werden dann von einem Speziallaser mit einem auf eine Ebene aufgeweiteten Laserstrahl beleuchtete. Dann schiessen die beiden Kameras im Abstand pro Sekunde tausend Bilder der Partikelbewegungen. Sind die Bilder per Computerprogramm ausgewertet aufbereitet, kann die Bewegung der Luftströmungen visualisiert werden. Diese Resultate nutzen nicht nur Architekten, Städteklimaplaner, Gebäudeingenieure oder Entwickler von Rechenprogrammen für die energetische Analyse von Gebäuden. Sie werden ausserdem gebraucht, um die gegenseitige Beeinflussung von Windturbinen fest zustellen. (mai/mgt)