18:44 BAUBRANCHE

Flüssige Gebäudehülle: Bei Kälte und Hitze alles im Fluss

Scheint die Sonne, sorgen eine smarte Fassade für Kühlung. Ist‘s eisig kalt draussen, wärmt sie – ohne, dass es dafür eine Heizung braucht. Möglich machen soll eine solche Gebäudehülle, die zu einem grossen Teil aus Flüssigkeit besteht. Hinter dem Konzept stecken deutsche Materialwissenschaftler.

„Die grundlegende Idee besteht darin, Gebäude in eine sehr dünne, flüssige Hülle zu kleiden“, erklärt Materialforscher Lothar Wondraczek von der Friedrich Schiller Universität in Jena, wo die Idee entwickelt wurde das Prinzip. Zunächst diene die Flüssigkeit als Puffer- und Speichermedium für Wärme. Sie könne darüber hinaus aber auch weitere Funktionen wie etwa einen Farbwechsel oder solarthermischen Wärmeaustausch übernehmen.

Geschehen soll dies über Glasmodule, die etwa so dick wie gewöhnliche Fensterscheiben sind. Sie werden mit dünnen, parallel verlaufenden Kanälen versehen, durch die eine farblose Speicherflüssigkeit auf Wasserbasis fliesst. „Die Module lassen sich einerseits als Fensterverglasung einsetzen, wofür eine möglichst geringe Sichtbarkeit der Kanalstrukturen entscheidend ist“, so Wondraczek. Andererseits könnten sie direkt in Gebäudefassaden integriert werden. – Mit einer solchen Scheibe liesse sich eine oder mehrere beliebige Scheiben einer herkömmlichen Doppel- oder Dreifachverglasung ersetzen. Allerdings bedarf es dazu noch zusätzlicher Flüssigkeitskanäle und Anschlüsse in der Rahmenkonstruktion. Daran arbeiten zurzeit mehrere Industriepartner.

Dass dieses System der Wärmeregulierung funktionieren kann, Computersimulationen aber vor allem auch Wärmebildaufnahmen und Untersuchungen an ersten Glasmodulen von Wondraczek und seinem Team. Zirkuliert die Flüssigkeit kontinuierlich durch die Kapillaren kann je nachdem sowohl Wärme aufgenommen als auch abgegeben werden. Innert weniger Minuten können so Temperaturschwankungen ausgeglichen werden, wobei die Glasmodule und Fenster als grossflächige Kühlung, Heizung oder Luftwärmeaustauscher – etwa für den Betrieb einer Wärmepumpe – eingesetzt werden können.

Ob sich die Erfindung nicht nur im Labor, sondern auch im grossen Massstab bewährt, soll demnächst in einem rund einjährigen Versuch an Modellgebäuden getestet werden. Die Tests laufen nicht nur in Deutschland – in Jena und Weimar –, sondern auch in Skandinavien und Südeuropa. Mit den unterschiedlichen Standorten wollen die Forscher unterschiedliche Witterungsbedingungen und Jahreszeiten in den Test miteinbeziehen können. (mai/mgt)

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