Einem 1200-jährigen Bauplan auf der Spur
Im St. Galler Klosterbezirk machten Archäologen aussergewöhnliche Funde: bauliche Überreste aus der Zeit zwischen dem 7. und 11. Jahrhundert. Die Mauern könnten Aufschluss darüber geben, wie die heutige Unesco-Weltkulturerbe-Stätte im Mittelalter aussah.
Quelle: Wikipedia
819 gab Abt Gozbert einen Bauplan für das Kloster in Auftrag.
Die St. Galler Altstadt soll mit dem Grossprojekt „Gallusplatz und südliche Altstadt“ fussgängerfreundlicher und verkehrsarmer werden. Während mit Hochdruck an der Umsetzung gearbeitet wird, untersuchen Fachleute der Kantonsarchäologie den Baugrund. Zwar konnte der Zeitplan bis jetzt eingehalten werden, sowohl was die Arbeit der Archäologen als auch die der Bauleute betrifft. Denn die Hälfte des Gallusplatzes ist bereits mit einer Natursteinpflasterung versehen. Aber nun haben die Altertumsexperten während der vergangenen Wochen aussergewöhnliche Funde gemacht, und nun brauchen sie mehr Zeit. Bei den Entdeckungen handelt sich um bemerkenswert gut erhaltene früh- bis hochmittelalterliche Schichten aus dem 7. bis 11. Jahrhundert. Somit werden die Grabungsarbeiten auf dem Gallusplatz nicht wie vorgesehen diesen Monat beendet, sondern dauern laut Stadt möglicherweise bis Mitte März 2012. Der Zeitbedarf für die archäologischen Arbeiten sei schwierig abzuschätzen, weil viele verschiedene Faktoren mitspielten, heisst es weiter. Das können etwa Dicke und Anzahl der Schichten, Art der Befunde, spezielle Fundbergungen und bestehende Störungen wie Leitungen sein.
Abt Gozberts Bauprojekt?
Die Wissenschaftler entdeckten diese Zeugnisse aus den Anfängen des Klosterbezirks im Bereich Gallusplatz, Gallus- und St.Georgen-Strasse. Sie erlaubten einen direkten Vergleich mit dem weltberühmten karolingischen Klosterplan, hiess es dazu in einer Medienmitteilung der Stadt. Er gilt als weltweit ältester noch erhaltener Bauplan und war um 819 im Kloster Reichenau für Abt Gozbert von St.Gallen angefertigt worden. Man realisierte aber nur Teile davon. Bis heute ist nicht ganz klar, was letztlich erbaut worden war und was nicht. Deshalb versucht man seit Jahrunderten der 1200jährigen Zeichnung auf den Grund zu gehen. Die Grabungen am Gallusplatz könnten mehr Klarheit schaffen und zumindest Teile dieses Rätsels lösen. So zeigten erste Auswertungen der Funde, dass im Westen der Kathedrale tatsächlich ein Wirtschaftsbereich mit Wohn- und Stallhäusern lag. Zudem entsprechen die Hausgrundrisse, Feuerstellen und Pflasterungen ziemlich genau dem Plan. Mit diesen Bauresten ist es der Archäologie erstmals möglich, grossflächig Befunde des frühen Klosterbezirks zu dokumentieren. Ob das archäologische Kulturgut an anderen Stellen im Klosterbezirk ähnlich gut erhalten ist, ist aber unsicher. Der Grund dafür liegt im Umstand, dass sich im Klosterhof viele Gräber befinden und der ehemalige Klausurbereich im Zusammenhang mit den Um- und Neubauten in der Barockzeit wohl beschädigt wurde.
Interessant dürften Erkenntnisse der Kantonsarchäologie übrigens auch für ein aktuelles Wissenschaftsprojekt sein: Derzeit läuft an der University of California Los Angeles in Zusammenarbeit mit der Stiftsbibliothek ein grosses Klosterplan-Forschungsprojekt.
Ungeachtet der Grabungen sollen aber sämtliche Arbeiten pünktlich zum Gallusjubiläum (siehe Box) im April 2012 abgeschlossen sein. (mai)
Die Anfänge des Klosterbezirks
2012 jährt sich die Ankunft von Gallus, der Stadt, Kanton und Bistum St.Gallen den Namen gab, zum 1400. Mal: Um das Jahr 612 baute der irische Mönch im Tal der Steinach eine Einsiedlerklause. Er scharte Jünger um sich und legte damit gewissermassen den Grundstein für das künftige Kloster. Sie bauten eine kleine Klosternlage mit einer Kapelle und einer Holzhütte für jeden der Mönche. Nach Gallus’ Tod avancierte der Ort zum Wallfahrtsstätte. 719 gründete der alemannische Priester Otmar dort zu Ehren des Iren eine Abtei mit Namen „Sankt Gallen“. (mai/Quelle: Wikipedia.ch)
Weiterführende Links
Gallusjubiläum: www.gallusjubilaeum.ch
Eintrag im historischen Lexikon der Schweiz zur Fürstabtei Sankt Gallen: www.hls.dhs-dss.ch