Eine Schweiz der Städte
Knapp drei Viertel der Schweizer Bevölkerung leben in Städten und vier Fünftel aller Erwerbstätigen arbeiten in urbanen Gebieten, wo über vier Fünftel der schweizerischen Wirtschaftsleistung erbracht werden. Vor diesem Hintergrund fordert der Schweizerische Städteverband mehr Unterstützung von der Bundespolitik.
Die Bedeutung der Städte für die Wirtschaftsentwicklung der ganzen Schweiz wird immer wieder in verschiedensten Erhebungen bestätigt. In der Politik wird diese Bedeutung aber häufig unterschätzt. Zentrumsfunktionen und Leistungen, die Städten erbringen, werden in der Politik oft wenig gewürdigt und unterstützt. Das äussert sich auch darin, dass die Kantone mit dem Ständerat über eine starke Vertretung in Bern verfügen und die urbane Schweiz dabei untervertreten ist und ihre Interessen kaum geschlossen wahrnehmen kann. Die vom Wirtschaftsforschungs-Institut Bak Basel erhobenen Daten zeigen, das Bild einer sehr urbanen Schweiz, in der 80 Prozent der Erwerbstätigen rund 84Prozent des Bruttoinlandproduktes erwirtschaften.
International gut aufgestellte metropolitane Schweiz
Wie Bak-Basel-Direktor Boris Zürcher an der Jahresmedienkonferenz des Städteverbandes fest stellte, hat sich die traditionelle Wirtschaftspolitik als Folge der globalisierten Wertschöpfungsketten zur Standortpolitik gewandelt. Diese bestehe darin, günstige Rahmenbedingungen zu schaffen. Die urbane und namentlich die metropolitane Schweiz sei im internationalen Kontext leistungsfähig und attraktiv und verfüge über ein beträchtliches Standortpotential. Handlungsbedarf ortet Bak Basel trotzdem: Dies namentlich in den Bereichen Bildung und Forschung, Regulierung, Erreichbarkeit und Lebensqualität.
Grosse Herausforderungen
Dr. Marcel Guignard, der Präsident des Städteverbandes verlangt, dass auch die Bundespolitik ihren Beitrag zur Wirtschaftsentwicklung der urbanen Schweiz leisten müsse. Städte und Agglomerationen stehen im Zusammenhang mit einer dynamischen Bevölkerungs- und Wirtschaftsentwicklung vor grossen Herausforderungen. Damit die Lebensqualität und der soziale Zusammenhalt auch künftig ein Standort-Trumpf bleiben, muss der Bund die Agglomerationspolitik gesetzlich verankern, die Städte in ihrer Wohnbaupolitik unterstützen sowie die Sozialwerke aus einer Gesamtsicht heraus reformieren.
Die zunehmenden Verkehrsengpässe in Städten und Agglomerationen bedrohen die Erreichbarkeit der Schweizer Wirtschaftsräume. Im Rahmen der Vorlage zu Finanzierung und Ausbau der Bahn-Infrastruktur, die im Januar an das Parlament überwiesen wurde, erwartet der Städteverband für einen ersten Ausbauschritt sechs Milliarden Franken und eine genügende Finanzierung der Agglomerationsprogramme. Guignard empfiehlt dem Uvek, die Koordinationskonferenz Verkehr zu stärken und sie mit Städten, Gemeinden und Kantonen abzustimmen. Schliesslich erwartet der Städteverband vom Bund eine aktive Innovations- und Ressourcenpolitik. Dies beginnt bei der Energiepolitik, in der die zentrale Rolle der Städte und Gemeinden gesetzlich anerkannt werden muss. Weiter fordern die Städte und Agglomerationen Handlungsspielräume in der Energiestrategie und fordern vom Bund Massnahmen, um Innovationen rascher zur Marktreife zu bringen.
Standort bedingte unterschiedliche Strategien
Trotz der gemeinsamen Stossrichtung unterscheiden sich die konkreten Strategien in der Wirtschafts- und Standortpolitik. Für die Bundesrätin Doris Leuthard sind die Städte „Brennpunkte der Zukunft“, in denen alle Problemfelder konzentriert sichtbar werden: „Wachstum der Bevölkerung und knapper Wohnraum; Energie- und Wasserversorgung; Abfallentsorgung und nachhaltiges Ressourcenmanagement; Engpässe beim Verkehr. Das sind keine leichten Herausforderungen. Intelligent bewältigt, ergeben sich daraus grosse Chancen für die ganze Schweiz“, zeigte sich die Bundesrätin überzeugt. (mai/mgt)