Ein Kartenhaus ist auch eine Kathedrale
Die Bauarbeiten an der neuen anglikanischen Kathedrale von Christchurch laufen ab nächster Woche wieder auf Hochtouren. Bereits im Februar soll sie eröffnet werden. Das Projekt stammt aus der Feder Shigeru Bans und besteht aus Karton und Holz. Es ersetzt die ursprüngliche Kathedrale, die im Februar 2011 einem Erdbeben zum Opfer gefallen ist.
Die A-förmige Kirche steht auf einem Fundament aus Beton, stabilisiert wird der Bau mit Schiffscontainern. Ihre Wände bestehen aus mit Polyurethan überzogenen Kartonrollen, die innen mit Holz verstärkt wurden. Sie verfügt über 500 Plätze, je nach Veranstaltung ist im Eingansbereich genug Raum für weitere 200 Plätze.
„Die Stabilität eines Gebäudes hängt nicht von seinem Baumaterial ab“, sagt Shigeru Ban. „Selbst Bauwerke aus Beton können leicht einem Erdbeben zum Opfer fallen. Häuser aus Papier hingegen nicht.“ Der japanische Stararchitekt ist vor allem bekannt für seine Projekte in Katastrophengebieten, bei denen er auf Material wie Karton, Papier und Holz zurück greift. Dies hat zum Teil pragmatische Gründe. „Normalerweise steigt der Preis für Baumaterial nach Katastrophen massiv an“, erklärt Ban. Da aber Karton und Co. nicht unter die Kategorie „traditionelle Baustoffe“ fallen, ist die Umsetzung seiner Projekte kostengünstig. Zudem besteht kaum Gefahr, dass die notwendige Menge nicht aufgetrieben werden kann. Ban konzpiert seine Bauten so, dass sie einfach rückgebaut und gegebenenfalls an einem neuen Ort wieder neu errichtet werden können. Das gilt etwa für die Kirche von Kobe, die er 1995 für die vom Erdbeben heimgesuchte Stadt baute und die elf Jahre später in ihre Bestandteile zerlegt worden und in Taiwan wieder aufgestellt worden war, wo sie bis heute architekturinteressierte Touristen anlockt.
Etwas Ähnliches erhofft man sich auch in Christchurch. Die Kartonkathedrale soll Touristen anziehen. Schaulustige pilgern schon jetzt auf ihre Baustelle. „Die Leute sind fasziniert, ihnen imponiert die Grösse“, sagt Pfarrer Craig Dixon. Zurzeit pausieren die Arbeiten, die vergangenen Herbst starteten, allerdings. Kommende Woche werden sie wieder aufgenommen. Neben Profis arbeiten zahlreiche Freiwillige am neuen Gotteshaus. Auch dies ist typisch für Bans Projekte für Krisen- bzw. Katastrophengebiete. (mai)