Ein Dorf wandelt sich
In Andermatt wird bald wenig noch so sein, wie es einmal war. Diese Woche starteten die Bauarbeiten für Samih Sawiris Ferienresort.
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In Andermatt wird gebaut: Samih Sawiris Ferienresort fängt seit Wochenbeginn an Gestalt anzunehmen. Bis anhin sind wenig kritische Stimmen gegen das Gigaprojekt des Ägypters laut geworden. Ein Grund dafür mag sein, dass Sawiris Projekt Arbeit und wirtschaftlichen Aufschwung verspricht. Schliesslich hat sich der wichtigste Arbeitgeber des Ortes, die Armee, aus Andermatt zurückgezogen.
Was der Bau von sechs Nobelhotels, 500 Luxuswohnungen, eines Golfplatzes und 25 Villen für die Bewohner bedeutet, ergründet der „Tages-Anzeiger“ in seiner aktuellen Ausgabe. So entfalle dieses Jahr erstmals die Viehschau, weil dem Tal langsam die Bauern ausgingen, heisst es im Artikel. Denn ein knapper viertel der ansässigen Landwirte hat sein Land verkauft oder den Hof zugunsten des Projekts aufgegeben. „Es war entscheidend, dass die Bauern mitmachen“, wird Urner Volkswirtschaftsdirektor Isidor Baumann zitiert. Gezwungen sei keiner geworden, sagt ein Landwirt. Doch wenn eine Alp statt von hundert nur noch von 60 Kühen bestossen werde, müsse man sich irgendwann die Frage stellen, ob man überhaupt noch alpen könne.
Besonders zu denken gibt alteingesessenen Andermattern ein drohender Verlust der Identität, dass der Ort zu einer Oase für Reiche werden könnte. Damit es nicht so weit kommt, gilt für 50 Prozent der Häuser im Dorfkern Wohnsitzpflicht. Ansonsten wird keine Baubewilligung erteilt. Er könne sich nicht vorstellen, dass ein Mailänder Industrieller eine Luxuswohnung für zwei Millionen kaufe und sich dann in der Feuerwehr engagiere, formuliert eine Andermatter seine Befürchtungen gegenüber dem „Tages-Anzeiger“. Andere sorgen sich darum, dass die riesigen Ausmasse des Projekts die Entwicklung anderswo im Urserntal behindern könnte. Die Naturschützer bremsten mit dem Argument, nun sei genug gebaut, so Talammann Columban Russi. Die Bürger müssten wegen des Baus auf Rechte verzichten. Die Korporation spüre dies bereits, sie werde bei Plänen zur Nutzung der Wasserkraft oder zum Bau von Lodges oberhalb Realp zurückgebunden.
Das Unbehagen gegenüber dem Wandel, den das Dorf in nächster Zeit erfahren wird, scheint ernst genommen zu werden: In Zusammenarbeit mit der Schule für soziale Arbeit in Luzern wird bis 2018 eine Studie durchgeführt, um festzustellen, was die Anwohner besorgt und um dann geeignete Massnahmen zu erarbeiten. Erste Resultate soll es bereits Ende Mai vorliegen. (mai)