Eigenmietwert: Das sind die Gewinner und die Verlierer
Der Streit um die Abschaffung des Eigenmietwerts sorgt seit
Jahrzehnten für heftige Diskussionen. Und nun wird die
Bevölkerung über die Besteuerung selbstgenutzten Wohneigentums entscheiden.
Raiffeisen hat sich die Details genauer angeschaut und zeigt auf, wer
von der Abschaffung profitieren dürfte und wer nicht.
Nach einem parlamentarischen Hin und Her hat sich die Bundesversammlung jetzt doch noch zu einem Reformvorschlag des Eigenmietwerts durchgerungen. Aktuell entspricht er einer Art fiktivem Mietzins, den Eigentümerinnen und Eigentümer bei der Vermietung ihres Wohneigentums erzielen könnten, und muss als Einkommen versteuert werden. - Jetzt liegt ein kompletter Systemwechse auf dem Tisch: Wer nur eine
Immobilie besitzt und diese selbst bewohnt, soll künftig keinen Eigenmietwert mehr versteuern müssen, kann aber im Gegenzug die bezahlten Hypothekarzinsen sowie einen Grossteil der Unterhaltskosten nicht mehr von den Steuern abziehen. - Beim derzeit tiefen Zinsniveau dürften damit sämtliche Wohneigentümer Steuern einsparen, wie Raiffeisen Schweiz in einer am Dienstag veröffentlichten Studie mitteilt. Doch sei der Umfang
sehr unterschiedlich.
Abschaffung des Eigenmietwerts ist gut für Wohneigentümer aber nicht für Baubranche und Staat
Dank des hohen Ersterwerberabzugs würden Ehepaare, die zum ersten Mal Wohneigentum kaufen, am meisten entlastet, schreibt Raiffeisen. Auch Rentnerehepaare mit tiefer Verschuldung dürften vom Systemwechsel profitieren. Weniger rosig sieht es für diejenigen aus, die eine sanierungsbedürftige Liegenschaft besitzen, sie haben das Nachsehen. Dies, weil sie Auslagen für Renovationen und pauschale Unterhaltskosten nicht mehr vom steuerbaren Einkommen abziehen könnten. Die Folge: Diese Eigenheime könnten wegen der wegfallenden latenten Steuerabzüge an Wert verlieren.
Ebenfalls zu den Verlierern der Reform dürfte das Baugewerbe zählen. Laut Raiffeisen könnte dieses zwar in der Übergangsphase bis zum Inkrafttreten der Reform kurzfristig von vielen Last-Minute-Aufträgen profitieren. Doch langfristig dürften wegen des Wegfalls eines Grossteiles des steuerlichen Unterhaltsabzugs weniger Mittel in die Sanierung von Wohngebäuden fliessen.Wenig Freude würden wohl auch Bund und Kantone an einer Abschaffung des Eigenmietwerts haben. Denn bei gleichem Zinsumfeld hätte der Staat aufgrund der Reform auf Jahre hinaus mit Mindereinnahmen in Milliardenhöhe zu rechnen. Erst ab einem Zinsniveau von knapp drei Prozent dürften sich Steuerentlastungen und Steuerbelastungen in etwa die Waage halten. - Kommt die Vorlage an der Urne durch, könnten die Kantone in Zukunft eine Objektsteuer auf Ferienwohnungen erheben, was sie zumindest teilweise für die Steuerausfälle entschädigt.e
Gewisse Chancen auf ein Ja von der Stimmbevölkerung
Am Ende bleibt die Frage, wie die Stimmbevölkerung über die Abschaffung des Eigenmietwerts entscheiden wird. Dieser wird seit über 100 Jahren besteuert und hat bisher noch jeden Angriff überstanden.
Raiffeisen räumt den Wohneigentümern nun gewisse Aussichten auf Erfolg ein. Auch wenn sie hierzulande klar in der Minderheit seien, hätten sie im anstehenden Abstimmungskampf durchaus Chancen sich durchzusetzen, konstatiert die Genossenschaftsbank. "Der Eigenmietwert scheint mit Blick auf die Vergangenheit sieben Leben zu haben, doch dass er 2025 tatsächlich einen siebten Tod stirbt, ist keineswegs ausgeschlossen", sagt
Chefökonom Fredy Hasenmaile. Mit der Volksabstimmung ist laut der Bank frühestens kommenden Herbst zu rechnen. In Kraft treten würde eine etwaige Abschaffung des Eigenmietwerts wegen einer Übergangsfrist von mindestens 2 Jahren sodann kaum vor 2028. (awp sda/mai)