Eawag erfindet das stille Örtchen neu
Trotz aller Vorteile für Siedlungshygiene und Gesundheit sind Wasser-Klosets für viele Gebiete der Welt Luxus, weil es an finanziellen oder technischen Mitteln mangelt. Nun will die Eawag eine Toilette entwickeln, die Urin und Fäkalien für die weitere „Verarbeitung“ separat sammelt und gleichzeitig Brauchwasser recycelt.
Etwa ein Drittel der Menschheit hat keinen Zugang zu einer Kanalisation. Und über eine Milliarde Menschen verfügt über kein sauberes Wasser. Die in vielen Weltgegenden weit verbreiteten Plumpsklos mit Fäkaliengruben und ihre unsachgemässe Leerung führen zu teils schwierigen bis katastrophalen hygienischen Zuständen. Daneben belasten sie auch die Ökosysteme und die oft schon knappen Trinkwasserressourcen. – Der Grund für solche Missstände: Die in den Industriestaaten etablierte Version des Wasser-Klosets braucht nicht nur grosse Mengen Spülwasser, sondern verlangt auch eine aufwändige Kanalisation sowie eine zentrale Abwasserreinigung. So ist dieses System bei allen Vorteilen für Siedlungshygiene und Gesundheit in vielen Gebieten eine zu aufwändig, unerschwinglich und damit nicht nachhaltig genug. – Ein interdisziplinäres Team von Verfahrensingenieuren, Designern von EOOS (Wien) und Fachleuten für Siedlungshygiene in Entwicklungsländern unter Leitung der Eawag will dafür eine Lösung entwickeln.
Dünger aus der Latrine
In manchen Ländern werden als einigermassen saubere Lösung Grubenlatrinen mit separater Urinableitung von den Entwicklungsorganisationen gefördert, etwa in Nepal. Versickert der Urin nicht und wird auch noch aufbereitet, fördert dies nicht nur Gesundheit und Hygiene sondern liefert auch noch wertvolle Rohstoffe wie Phosphor, Stickstoff oder Kalium. Diese können dann als Dünger weiter verwendet werden. – Gegenwärtig untersucht die Eawag mit lokalen Partnern im südafrikanischen Durban die Bedingungen die es braucht, damit ein solches System verfahrenstechnisch und sozioökonomisch nachhaltig funktioniert.
Doch auch bei Trockentoiletten mit Urinseparierung geht es nicht ganz ohne Wasser. Dieses wird für die Reinigung der Toilette und für die Hygiene ihrer Benutzer verwendet. Gerade das Händewaschen nach dem „Geschäft“ zählt zu den grundlegenden Voraussetzungen im Kampf gegen Infektionskrankheiten. Die neue Toilette soll nicht nur Urin und Fäkalien getrennt abführen, sondern vor Ort auch gerade das Brauch- und Reinigungswasser wiederverwerten, so dass mit einer möglichst bescheidenen Frischwasserzufuhr optimale Voraussetzungen für die Körperhygiene und zur Reinigung der Toilette geschaffen werden. Die Wasseraufbereitung mit einer Membranfiltration soll dabei ohne Strom auskommen. Die Pumpe, die das Wasser in den über der Toilette angebrachten Speicher befördert, soll einzig mit dem Gewicht der Toilettenbenutzer betrieben werden. – Das Projekt umfasst nicht nur die Entwicklung der neuen Toilette, sondern setzt sich auch mit den Fragen rund um einen möglichst nachhaltigen Abtransport und Behandlung der Fäkalien und des Urins auseinander.
Auch die Frage, ob private, von einigen Familien geteilte oder ganz öffentliche Anlagen die beste Lösung bieten, wollen die Forschenden klären. So werden die öffentlichen Toiletten etwa an vielen Orten von Frauen gemieden, weil sie dort von Männern angesprochen und belästigt werden. (mai/mgt)