Dürre war der Untergang des Mayareichs
Das Klima hatte einen starken Einfluss auf die Entwicklung des Mayareiches: Liessen regenreiche Perioden Bevölkerung und Städte wachsen, besiegelten Trockenperioden den Untergang der Hochkultur. Zu dieser Erkenntnis gelangte ein internationales Team von Wissenschaftlern der ETH Zürich und der Pennsylvania State University, in dem es die Klimaschwankungen jener Zeit rekonstruierte.
Neu ist diese Idee nicht: Wissenschaftler diskutieren seit längerem über Studien, die die Entwicklung der Mayakultur und ihren Untergang zwischen den Jahren 700 und 1000 mit dem Klima in Zusammenhang bringen. Allerdings wurde immer wieder kritisiert, dass Klimawissenschaftler und Archäologen kaum zusammenarbeiten. Mit dem Projekt der ETH und der Pennsylvania State University haben nun Forscher verschiedenster Fachrichtungen zusammengeschlossen und Klimadaten mit dem geschichtlichen Kontext verbunden: Ein internationales Team aus Archäologen, Anthropologen, Geologen und Klimaforschern verglich archäologische und anthropologische Daten mit detaillierten geochemischen Untersuchungen von Paläoklimatologen der ETH Zürich. Die dabei gewonnen Erkenntnisse untermauern die Hypothese, dass Klimaschwankungen die Gesellschaftsstrukturen der Maya massgeblich beeinflussten.
Tropfstein als Zeitzeuge
Als Forschungsobjekt diente den Klimageologen ein Tropfstein aus der Yok-Balum-Höhle im zentralamerikanischen Belize: Mit über 4200 Proben aus den obersten 42 Zentimeter des Stalagmiten konnten die Wissenschaftler detailliert rekonstruieren, wie sich das Klima während der Maya-Zeit entwickelte. Als das Forscherteam die Klimadaten mit den archäologischen Daten verglich, zeigte sich, dass die Expansion der Maya im Tiefland mit besonders regenreichen Perioden in der Zeit 450 bis ca. 660 zusammenfällt. Während dieser Zeit blühte die Landwirtschaft. Zudem entwickelten sich wichtige Zentren wie Tikal im Norden Guatemalas und Uxbenka in Südbelize.
In Gebieten, in denen sich während der nassen Periode saisonale Feuchtgebiete etabliert hatten und in deren Nähe die Maya lebten, stieg die Bevölkerungszahl und die Siedlungen wuchsen. Die Wissenschaftler vermuten, dass starke Regenfälle während der frühen klassischen Maya-Zeit solche Regionen nährten und die Wasserspeicher saisonal füllten. Das könnte den feuchtgebietsnahen Siedlungszentren einen entscheidenden Vorteil in den klimatisch unzuverlässigen Zeiten verschafft haben. „Als sich das Klima und die sozialen Verhältnisse am Ende des vierten Jahrhunderts stabilisierten, entwickelte sich beispielsweise die Stadt Tikal zur dominanten soziopolitischen Kraft“, erklärt dazu Sebastian Breitenbach, einer der Hauptautoren der Studie.
Kriege und destabilisierte Gesellschaft
Studienleiter Gerald Haug und seine Mitarbeiter konnten mit den Klimadaten des Stalagmiten jedoch auch Hinweise auf jahrzehntelange Trockenphasen sowie auf kurze, schwerwiegende Dürren ausmachen. Ein Trend zur Trockenheit zeichnet sich zwischen 660 und 1000 ab. Dieser leitete laut den Forschern einen zweistufigen Zerfall des Maya-Reichs ein: Zwischen 760 und 800 mehren sich Hinweise auf kriegerische Auseinandersetzungen, Zersplitterung der Stadtstaaten und eine destabilisierte Gesellschaft in der Petexbatun-Region. Die Krisenherde breiteten sich bis etwa ins Jahr 900 weiter aus, parallel dazu ging das Bevölkerungswachstum zurück. Nach den neuen Ergebnissen folgte dann zwischen 1020 und 1100 eine starke Dürreperiode. Sie dürfte laut den Wissenschaftlern zum endgültigen Ende der klassischen Mayakultur geführt haben. (mai/mgt)