Die Richter wehren sich
Wann der neue Sitz des Bundesstrafgerichts in Bellinzona errichtet wird, steht zurzeit in den Sternen: Der Baubeginn wurde auf Geheiss aus Bern auf unbestimmte Zeit verschoben. Die Richter zeigten sich "überrascht". Sie forderten, dass die Bauarbeiten noch vor dem Sommer beginnen.
Quelle: zvg
Modell des neuen Bundesstrafgerichts in Bellinzona.
Kommende Woche hätten die ersten Bagger im alten Schulgebäude am Viale Franscini auffahren sollen. Daraus wird nun nichts. Grund ist das Sparprogramm 2011-2013 des Eidg. Finanzdepartements. Vor rund zwei Wochen wurden die Richter in Bellinzona vom Bundesamt für Bauten und Logistik (BBL) über den Baustopp informiert. Doch am Bundesstrafgericht hat man kein Verständnis dafür: "Wir befinden uns seit sechs Jahren in einem Provisorium", sagte Mascia Gregori Al-Barafi, Generalsekretärin des Bundesstrafgerichts. Mit der Aufstockung des Personals werde die Situation immer schlimmer. Ausserdem sei der Gerichtssaal klein und unpassend für wichtige Prozesse, die auch bestimmte Sicherheitsstandards erforderten. Bereits mehrmals habe das Gericht Alternativen ausserhalb der eigenen Räumlichkeiten suchen müssen, etwa im Tessiner Kantonsparlament, hielt Gregori Al-Barafi fest.
Hoffnungen setzen die Richter in einen Brief, den sie kürzlich an den Bundesrat geschickt haben. Darin forderen sie den Baubeginn innert Kürze. Unterstützt werden sie überdies von der Standortgemeinde Bellinzona, die sich ebenfalls per Brief an die Landesregierung für einen baldigen Baubeginn stark macht.
Das neue Bundesstrafgericht ist im alten Schulgebäude am Viale Franscini geplant. Es wird mit Investitionen in der Höhe von 46,8 Millionen Franken gerechnet. Der Bund kommt für 57 Prozent der Kosten auf, der Kanton Tessin und die Stadt Bellinzona übernehmen den Rest. Seit der Eröffnung im April 2004 ist das Bundesstrafgericht provisorisch im Business Center ausserhalb des Stadtzentrums von Bellinzona untergebracht. Die Prozesse hingegen finden meist im alten Bezirksgericht statt.
Für das neue Bundesstrafgericht hatten der Kanton Tessin und das BBL im Frühjahr 2008 einen öffentlichen Projektwettbewerb ausgeschrieben: Siegerprojekt war der Vorschlag des Generalplanerteams CDL Bearth & Deplazes AG, Durisch+Nolli Architetti Sagl geworden. Mit dem geplanten Um- und Neubau hätte das Bundesstrafgericht ein Gebäude mit rund 80 Arbeitsplätzen und zwei Gerichtssäle erhalten sollen. Laut einer Medienmitteilung vom Juni letzten Jahres war die Ausführung zwischen 2010 und 2012 vorgesehen und der Bezug auf Ende 2012 geplant. (sda/mai)