Die Elbphilharmonie wird zum Gerichtsfall
Die neue Elbphilharmonie von Herzog & de Meuron steht unter einem schlechten Stern: Wegen Terminverzögerungen und massiven Kostenüberschreitungen will die Stadt Hamburg das Bauunternehmen Hochtief AG verklagen. Derweil gibt der Bund der Steuerzahler den Basler Architekten die Schuld am Finanzdesaster.
Der seit Monaten andauernde Streit um die von Herzog & de Meuron entworfene Hamburger Elbphilharmonie geht in eine weitere Runde. Die Stadt Hamburg will das Baununternehmen Hochtief AG verklagen und leitet nun juristische Schritte ein. Auslöser sind Terminverzögerungen und massive Kostenüberschreitungen. Ursprünglich war das Projekt auf 77 Millionen Euro veranschlagt gewesen, mittlerweile sind es 323 Millionen.
„Seit drei Monaten versuchen wir, einen verbindlichen Terminplan der Baufirma Hochtief zu bekommen. Da das nicht geschehen ist, haben wir heute Klage beim Amtsgericht Hamburg eingereicht", sagte Karl Olaf Petters von der Kulturbehörde gegenüber der Deutschen Depeschenagentur (DPA). Momentan seien die Arbeiten zehn bis zwölf Wochen in Verzug. Nun wird voraussichtlich auch der Eröffnungstermin vom Mai 2012 nicht mehr eingehalten werden können. Dies hatte Generalintendant Christoph Lieben-Seutter gegenüber der DPA bestätigt. Wann schliesslich das erste Konzert stattfinden soll, ist zurzeit ungewiss.
Im Januar hatte Hochtief angekündigt, dass sich die Eröffnung um bis zu ein Jahr verzögern könnte. Das Bauunternehmen hatte dies damals mit nachträglichen Änderungswünschen des Bauherrn und der fehlenden Planung der Architekten begründet. "Wir haben unsere Planungsbeiträge vertragsgemäss geleistet, die diesbezüglichen Behauptungen von Hochtief sind nicht nachvollziehbar", kontert das Büro Herzog & de Meuron die Vorwürfe gegenüber der SDA. Seinerseits kann man beim Bauunternehmer Hochtief die Klage der Stadt Hamburg "nicht nachvollziehen, da sie sachlich gegenstandslos ist". Man habe im Januar einen klaren Terminplan genannt: Alles werde pünktlich fertig, nur beim Grossen Saal werde es ein Jahr länger dauern.
Bund der Steuerzahler will Architekten zur Kasse bitten
Ungemach könnte übrigens auch den Architekten drohen: Die Schuld an den stark gestiegenen Kosten ortet der Bund der Steuerzahler (BdSt) nämlich bei Herzog & de Meuron. Wie der „Tages-Anzeiger“ in seiner aktuellen Ausgabe berichtet, nimmt die einflussreiche Lobby-Organisation Herzog & de Meuron nun ins Visier. Bei den Architekten liege das „grösste Problem“ wird BdSt-Sprecher Marcel Schweitzer zitiert. Herzog & de Meuron sind nicht nur als Architekten sondern auch als Generalplaner engagiert worden. Mit der Umsetzung eines solchen Projektes hätten sie keinerlei Erfahrung, so Schweitzer. Man fordere daher, die Architekten an den Kosten zu beteiligen. Von mangelnder Erfahrung will man bei Herzog & de Meuron nichts wissen und verweist auf die Tate Modern in London, die Allianzarena in München und das Nationalstadion in Peking.
Die Hamburger Stadtverwaltung gebe sich bedeckt, heisst es im „Tages-Anzeiger“. Wo es ein Verschulden gebe, werde man Forderungen aufstellen, wird ein Mitarbeiter der Hamburger Kulturbehörde zitiert. Derzeit gebe es keine Hinweise, dass Herzog & de Meuron davon betroffen seien. Noch ist es ungewiss ob der BdSt mit seinen Forderungen Erfolg hat. Die Organisation sei berüchtigt dafür, vermeintliche oder tatsächliche Steuergeldverschwendungen aufzudecken, heisst es im Artikel. Gelegentliche schiesse de BdST über das Ziel hinaus. (mai)
Siehe auch Artikel vom 23. März 2010:„Die Kosten sind in ihrer Höhe völlig unplausibel“