Der Permafrost im Gebirge erwärmt sich europaweit
In europäischen Gebirgsregionen steigen die Temperaturen im Permafrost stetig, während der letzten zehn Jahre teils um über 1 Grad Celsius. Der seit Jahrhunderten gefrorene Grund verändert sich stärker und schneller als bisher. Das zeigt eine aktuelle Studie.
Quelle: Jeannette Nötzli / SLF
Permafrost-Bohrloch am Schafberg bei Pontresina (GR).
Von Spitzbergen im Norden von Norwegen hinunter über die Alpen bis ^in die südspanische Sierra Nevada: In den Europas Gebirgsregionen steigt die Temperatur im Permafrost. Dies geht aus einer internationalen Studie hervor, für die 64 Messreihen aus neun europäischen Ländern unter Leitung der WSL-Instituts für Schnee-und Lawinenforschung (SLF) zusammengetragen und ausgewertet worden sind. Sie zeige erstmals deutlich, dass der Gebirgs-Permafrost in ganz Europa wärmer werde, schreibt das SLF ins einer Medienmitteilung. In den letzten zehn Jahren habe die Temperatur in zehn Metern Tiefe an einigen Standorten um mehr als ein Grad Celsius zugenommen. «Die Erwärmung des Permafrosts im Gebirge ist gross», resümiert Jeannette Nötzli vom SLF, die Wissenschaftlerin leitete die Datenerhebung und -auswertung. «Und Sie zeigt sich in allen Regionen, Tiefen und Zeiträumen, die wir analysiert haben.»
Das Hochgebirge und in den Polargebieten, wo der Permafrost vorkommt, reagieren besonders stark auf die Klimaveränderung: Laut der Studie ist die Zunahme der Permafrost-Temperaturen in den Gebirgsregionen Europas teils ähnlich gross ist wie in der Arktis: Die stärkste Erwärmung stellten die an der Studie beteiligten Fachleute an den höchstgelegenen und nördlichsten Standorten fest. – Denn steigen die Temperaturen im eisreichen Permafrost gegen 0 Grad Celsius, verlangsamt sich die Erwärmung deutlich und kommt beinahe zum Stillstand. Dies, weil die Energie für das Schmelzen des Eises im Untergrund benötigt wird. Ist das Eis im Permafrostboden jedoch geschmolzen, nehmen die Temperaturen wieder zu.
Naturgefahren und bedrohte Infrastrukturen?
Nötzli und ihr Team konnten für ihre Arbeit auf zum Teil jahrzehntelange Messreihen aus europäischen Gebirgen zurückgreifen, die die Temperaturen in mindestens zehn Metern Tiefe messen. Das Erheben jener Daten in der harschen Umgebung ist äusserst aufwendig. «Dieser grosse Datensatz ist einmalig und enorm wertvoll», sagt Nötzli.
Allerdings bilden solche Zeitreihen und ihre Auswertung nicht nur eine wichtige Grundlage für die Forschung, sondern auch für die Praxis und Behörden. Zumal die zunehmenden Veränderungen im Gebirge und die möglichen Folgen für Naturgefahren und die Infrastruktur sind eine grosse Herausforderung in vielen Berggebieten. .- Die Messungen werden weiter fortgesetzt. Derweil erwärmt sich auch der Permafrost weiter. «Das sieht man auch daran, dass die Erwärmung in zehn Metern Tiefe stärker ist als tiefer im Boden», sagt Nötzli. So reagieren die Temperaturen im Boden mit zunehmender Verzögerung auf die Klimaveränderung. Die beobachtete Erwärmung werde in den kommenden Jahrzehnten weiter in grössere Tiefen vordringen, schreibt SLF. (mai/mgt)
Quelle: Grafik: Noetzli et al. (2024, Nat. Commun.)
Übersicht der ausgewerteten Standorte in europäischen Permafrostgebirgen. (Für vergrösserte Ansicht bitte aufs Bild klicken.)