Deckeneinsturz mit Toten: Bauherren fordern Freispruch
Sieben Jahre nach dem Deckeneinsturz in Gretzenbach SO, bei dem sieben Feuerwehrmänner ums Leben gekommen sind, hat heute Montag vor dem Solothurner Obergericht die Berufungsverhandlung begonnen. Die beiden erstinstanzlich verurteilten Bauherren hatten Freisprüche gefordert.
Beim Einsturz der Decke einer unterirdischen Einstellhalle in Gretzenbach waren am frühen Samstagmorgen des 27. November 2004 sieben Feuerwehrmänner ums Leben gekommen. Drei weitere Feuerwehrleute erlitten Verletzungen. Der Löscheinsatz am ersten Adventswochenende hatte für die Stützpunktfeuerwehr Gretzenbach als Routineeinsatz begonnen, nachdem in derTiefgarage der Überbauung „Staldenacker“ ein Auto brannte. Der Einsatz endete als grösstes Feuerwehrunglück in der Geschichte der Schweiz.
Im Dezember vergangenen Jahres hatte das Amtsgericht Olten-Gösgen die beiden heute 67-jährigen Bauherren, die auch Zwillingsbrüder sind, je zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 20 Monaten verurteilt. Die Straftatbestände waren fahrlässige Tötung, fahrlässiges Verursachen eines Einsturzes und fahrlässige Körperverletzung. Der Kaufmann und der Gartenarchitekt hatten es laut Amtsgericht unterlassen, die viel zu hohe Erdüberschüttung auf der Decke der Tiefgarage abzutragen. Dieser Fehler sei ihnen seit 1990 bekannt gewesen. Laut Gutachten führte die zu hohe Erdüberschüttung zum Deckeneinsturz und nicht der Brand.
Verteidigung machte Verfahrensmängel geltend
Die beiden Angeklagten akzeptierten die Schuldsprüche des Amtsgerichtes nicht. Die Verteidigung plädierte am Montag vor Obergericht - wie bereits vor erster Instanz - auf Freisprüche für beide Anklagten. Die Fehler bei der Erdüberschüttung auf der Decke und die entsprechende Gefahrenlage seien den Anklagten nicht bekannt gewesen. Sie seien auch keine Baufachleute gewesen. Zusätzlich machte die Verteidigung Verfahrensmängel geltend. Der Oberstaatsanwalt forderte bedingte Freiheitsstrafen von je 20 Monaten und damit eine Bestätigung des Urteils der ersten Instanz. Das Obergericht wird seine Urteile noch diese Woche eröffnen.
Vor Obergericht erschien einzig der Kaufmann. Er machte von seinem Recht Gebrauch, die Aussage zu verweigern. Der in Kanada lebende Gartenarchitekt liess sich aus gesundheitlichen Gründen entschuldigen.
Vieles ist verjährt
Zentrale Frage bei der Berufsverhandlung vor Obergericht, ob das Brüderpaar Handlungen unterlassen hatte, um den drohenden Deckeneinsturz zu verhindern. Diese Handlungen sind gemäss Anklage im kommenden November verjährt, also sieben Jahre nach dem Unglück. Längst verjährt sind nach einem früheren Entscheid des Obergerichtes die offensichtlichen Bau- und Berechnungsfehler beim Errichten der Überbauung von 1990. Das Amtsgericht Olten-Gösgen hatte beim Prozess im Dezember 2010 drei weitere Angeklagte von allen Vorwürfen freigesprochen. Es handelte sich um den Ingenieur, seinen Vorgesetzten sowie um den Bauleiter. (mai/sda)