Das Haus der Plastikflaschen
Wie man aus der Not eine Tugend machen kann, zeigt ein Projekt in Nigeria. Um die Umwelt zu entlasten und den Wohnungsmangel zu lindern, hat man damit angefangen, Häuser aus PET-Flaschen zu bauen.
Fehlende Unterkünfte und Umweltverschmutzung werden in Nigeria zunehmend zum Problem. Dem Land fehlen nicht nur rund 16 Millionen Wohnmöglichkeiten, sondern auch Einrichtungen, um den Abfall fachgerecht zu entsorgen. Nun hat man entdeckt: Der herumliegende Müll kann auch als Baustoff verwendet werden. Pro Tag fallen rund drei Millionen Tonnen an Plastikflaschen an. Gefüllt mit Sand und eingefasst in Zement und Erde eignen sie sich hervorragend für den Bau von Bungalows. Die fertige Konstruktion ist feuerfest, kugelsicher und erdbebenresistent. Im Inneren des "Plastikhauses" soll die gute Isolierung eine Raumtemperatur von 18 Grad Celsius gewährleisten.
Keine Hilfe vom Staat
Das Projekt ins Rollen gebracht hat die Non-Profit-Organisation Development for Renewable Energies (DARE). Im Dorf Sabon Yelwa hat die NGO den ersten Bungalow zu bauen begonnen. Die Vorzeigekonstruktion, die grösstenteils schon fertig gestellt ist und 58 Quadratmeter Wohnfläche aufweist, wird am Ende rund 14’000 Flaschen verbraucht haben. DARE will in Zukunft Maurer ausbilden, um das Vorhaben in die Breite zu tragen. Als zweiter Musterbau soll eine Schule entstehen. Wie Thomas Mösch, Leiter der Afrika-Programme der Deutschen Welle, erklärt, sind die plastikgestützten Unterkünfte nicht nur stabiler als die meist aus Lehmziegeln errichteten Häuser traditioneller Bauart, sondern auch günstiger. Ein aus Plastik-Flaschen errichteter Bungalow kostet etwa zwei Millionen Naira, was in etwa 9,2 Euro entspricht.
Sollte sich das Pilotprojekt bewähren, so kann sich Mösch vorstellen, es weiter voran zu treiben und später sogar zu vermarkten. Von der Regierung in Abuja ist dabei jedoch keine Hilfe zu erwarten: "Der Staat Nigeria kümmert sich kaum um solche Fragen. Hilfe von der Politik ist bestenfalls auf lokaler Ebene möglich. Und auch nur dann, wenn es gelingt, den Gouverneur des jeweiligen Bundesstaates von der Sache zu überzeugen." (ffi/mgt)