Dächer wie Strohhüte und Säulen aus Kartonröhren
Shigeru Ban spricht im Rahmen der Architekturvorträge morgen Samstag über seine Arbeit. Der in New York ausgebildete japanische Architekt hat sich vor allem mit dem Bau mit Kartonröhren einen Namen gemacht.
Die bräunliche Farbe der zahlreichen Säulen verleihen dem Innenraum der katholischen Kirche von Nagata-ku in Kobe eine warme Atmosphäre. Sie sind aus Karton. Solches Material ist eine Art Markenzeichen von Shigeru Ban, der die Kirche entworfen hat. Der japanische Stararchitekt hat ein Faible für den ungewöhnlichen Einsatz sehr gewöhnlicher Materialien wie Karton und Papier. Das gilt auch für die Kirche. Errichtet wurde sie 1995, kurz nachdem Kobe von einem Erdbeben heimgesucht worden war. Heute steht sie übrigens nicht mehr in Japan, sie wurde in ihre Einzelteile zerlegt und nach Taiwan transportiert.
„Ich glaube es waren zwei Motivationen, nach Kobe zu gehen“, erklärte Shigeru Ban in einem Interview mit der „Basler Zeitung“. „Da war zuerst ganz einfach der Gedanke, dass wir etwas für die Opfer tun müssten. Ein Bedürfnis, das von Herzen kam und das jeder fühlen kann. Kam hinzu, dass ich als Architekt eine Verantwortung spürte, weil viele Menschen wegen einstürzender Bauten ums Leben gekommen waren. Und dann dachte ich, dass sich die Papierröhrenstruktur, die ich entwickelt hatte, gut eignen würde, Notunterkünfte zu errichten.“ Vier Jahre danach nutzte er dieses System, um in Ruanda für Flüchtlinge Häuser zu bauen. Das Problem sei gewesen, dass die Uno Plastikplanen geliefert habe und die Flüchtlinge dazu aus Holz hätten Gerüste machen sollen. “Weil es so viele waren, holzten sie die Wälder ab und verursachten ein ökologisches Problem. Als die Uno daraufhin Aluminiumgestänge lieferte, verkauften die Leute das Metall und holzten weiter ab. Gestänge aus Kartonröhren verbesserten die Situation“, erklärte Shigeru Ban dazu in der „Neuen Zürcher Zeitung“. Im Jahr 2004 engagierte er sich für den Aufbau des vom Tsunami zerstörten Dorfes Kirinda in Sri Lanka.
Auch sonst faszinieren die Werke des 52jährigen. So schuf er unter anderem das „Nomadic Museum“ für die Ausstellung „Ashes and Snow“ des Fotografen Gregory Colbert. Das Gebäude wurde jeweils neu aufgebaut und besteht aus Frachtcontainern, unter anderem „gastierte“ es in Tokyo, New York und Mexico City. Dieses Jahr ist es in Brasilien zu sehen.
Centre Pompidou in Metz
Ein Museum baut Shigeru Ban derzeit auch im französischen Metz, und zwar eine Filiale des Pariser Centre Pompidou. 2006 starteten die Bauarbeiten. Dieses Jahr soll es eröffnet werden. Das geschwungene, weisse Dach, das das Gebäude wie ein gewelltes Zelt überspannt, besteht aus einer gigantischen Holzkonstruktion von einer Gesamtfläche von 8'000 Quadratmetern. An ihrem höchsten Punkt misst sie 77 Meter. Zum ausgefallenen Dach inspirierte den Architekten ein traditioneller chinesischer Strohhut. Dies spiegelt sich auch in der Holzkonstruktion wider: es ähnelt dem Geflecht eines solchen Hutes. Aus einer Holzkonstruktion soll übrigens auch der geplante Erweiterungsbau des Medienhauses Tamedia an der Zürcher Werdstrasse bestehen, für das Shigeru Bahn verantwortlich zeichnet. (mai)
Linktipp: www.shigerubanarchitects.com