Chemikalien bleiben draussen
Wer unter MSC (Multiple Chemical Sensitivity) leidet, hat es schwer, eine geeignete Wohnung zu finden. In Zürich-Leimbach soll ein Wohnhaus mit 15 Wohnungen entstehen, das auf die Bedürfnisse von MSC-Betroffenen zugeschnitten ist. Die Stadt Zürich stellt nun das Grundstück für das Projekt im Baurecht zur Verfügung.
Quelle: zvg
Besonders verträgliche Baustoffe sind oberstes Gebot bei dem Projekt.
Das Pilotprojekt habe Forschungs- und Modellcharakter und werde europaweit erstmalig Expertenwissen zu diesem Thema zusammenführen, ist auf der Website des Zürcher Hochbaudepartements zum MCS-Wohnhaus zu lesen. Die Erkenntnisse aus diesem Projekt seien aufgrund der steigenden Zahl von Menschen mit Umweltunverträglichkeitsproblemen für weitere Wohnbauten von grossem Interesse.
Schweizweit gibt es rund 5'000 MCS-Patienten. Sie leiden unter einem komplexen Krankheitsbild, das durch Chemikalien etwa in der Luft, am Arbeitsplatz und im Wohnbereich hervorgerufen wird. Der Kontakt mit solchen Stoffen - selbst wenn ihre Menge den gesetzlich festgelegten Grenzwert weit unterschreite - könne bei einigen Menschen schwerwiegende Gesundheitsbeschwerden auslösen, sagt Roger Waeber von der Fachstelle Wohngifte des Bundesamtes für Gesundheit. Symptome äussern sich etwa in Kopf- und Gliederschmerzen aber auch in Haut- und Atemwegsproblemen und in chronischer Erschöpfung. Solche Menschen suchten verzweifelt Möglichkeiten, um wenigstens in ihren eigenen vier Wänden vor ständigen Bedrohungen und entsprechenden Beschwerden geschützt zu sein, so Waeber. Wohnungen, die diesen Ansprüchen genügten, seien Mangelware.
Mineralische Baustoffe und Schleusen
Mit dem Wohnhaus in Zürich-Leimbach will die „Baugenossenschaft Gesundes Wohnen MCS“ nun einen Bau realisieren, der höchsten baubiologischen Anforderungen genügt und wissenschaftlich begleitet wird. So liegt bei dem rund 5,8 Millionen Franken schweren Projekt das Augenmerk unter anderem auf einer äusserst sorgfältigen Materialwahl und auf ihrer Verarbeitung. Das Projekt ging aus einem Studienwettbewerb unter fünf Architekturbüros hervor. Sieger wurden ARGE Andreas Zimmermann Architekten AG aus Zürich.
Wohnungen für MCS-Betroffene zu konzipieren ist anspruchsvoll: Wie die Andreas Zimmermann Architekten in ihrer Dokumentation zum Projekt festhalten, sollen in erster Linie mineralische Bauteile verwendet werden. Der Grund dafür liegt darin, dass mineralische Baustoffe weitgehend emmissionsfrei sind. Zweiter wichtiger Aspekt war die Elektrobiologie. Damit Kriechströme von Anfang an vermieden und Magnetfeldverzerrungen – diese können gesundheitliche Probleme bei MCS-Betroffenen auslösen oder verstärken – ausgeschlossen werden können, sei die gesamte Konstruktion weitestgehend stahlfrei konzipiert worden, heisst es in der Dokumentation weiter.
Bei einem solchen Projekt sind noch weitere Punkte zentral: Um sich beim Betreten von Wohnung und Waschraum von chemischen Substanzen reinigen zu können, werde der Bau mit speziellen Schleusen ausgerüstet, erklärte Architekt Andreas Zimmermann anlässlich der Medienkonferenz zum Projekt. Das Prinzip „immer reiner“ werde bis zum Schlafzimmer konsequent weitergeführt; dort lassen sich verbliebene Luftverunreinigungen in einem entlüfteten Schrankraum ablegen. „Das Schlafzimmer wird so zum Erholungsraum vor Umweltchemikalien.“ (mai/mgt)