Brandgefährliche Styroporplatten?
In Deutschland kommen die relativ günstigen Styroporplatten bei über vier Fünftel aller Wärmedämmmassnahmen zum Einsatz. Das ist auch in der Schweiz nicht viel anders. Wie Erfahrungen mit Bränden Wärme gedämmter Häuser zeigen, haben sich solche Platten als eigentliche Brandbeschleuniger erwiesen. Nun ist in Deutschland eine Diskussion um die Gefährlichkeit von Styropor oder vielmehr Polystyrol entbrannt.
Die Erfahrungen der Feuerwehren zeigen, dass brennende Styropor-Fassaden schnell auf den Dachstock übergreifen und brennendes Styropor an den Fassaden herunterläuft, auf die Fenstersimse abtropft und sich giftige schwarze Rauchgase entwickeln. So berichtete das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" von einem "normalen" Zimmerbrand in einem Berliner Mehrfamilienhaus, bei dem die Flammen aus dem Fenster schlugen und damit innert Kürze die ganze Fassade in Brand setzten, schliesslich griff das Feuer auf weitere Wohnungen über. Und in Delmenhorst entwickelte sich vergangenes Jahr ein Grossbrand, weil Jugendliche zwei Kehrichtcontainer in der Nähe von einer mit Styropor gedämmten Fassade in Brand setzten. In der Folge fingen die Fassaden von fünf Mehrfamilienhäusern Feuer und brannten völlig aus.
Bei höheren Gebäuden muss in Deutschland bei Isolationen über 10 Zentimeter Stärke nach jedem zweiten Geschoss ein 20 Zentiemter breite Brandsperre aus nicht brennbarer Mineralwolle eingebaut werden. Damit wird das Problem von Zimmerbränden, die schnell auf die Fassade übergreifen können, zwar nicht eliminiert aber im Bezug auf das ganze Gebäude etwas entschärft. Einfamilienhäuser sind jedoch von diesen Vorschriften ausgenommen. Bei Grossbränden, vor allem mit starken Isolationsschichten hat es sich gezeigt, dass nicht brennbare Brandsperren durch das Feuer auch übersprungen werden können.
Immer mehr deutsche Fachleute stehen der Fassaden-Isolation mit Styropor, bzw. Polystyrol kritisch gegenüber. Den Bewohnern und Bauherren ist das Problem jedoch noch kaum bewusst. Sicher ist, dass sich die Diskussion über die Fassaden-Dämmung auch in der Öffentlichkeit mit jedem entsprechenden Brand-Ereignis verstärken dürfte.
Schweiz: neue Vorschriften erst bis 2015
Auch in der Schweiz ist das Problem der Brennbarkeit von Styropor an Fassaden im Gespräch. Basismaterial für die Produktion von Styropor-Platten ist das Erdöl. Die vor etwa 30 Jahren üblichen Styroporplatten von sechs bis acht Zentimeter Dicke entsprechen etwa einem Liter Öl pro Quadratmeter. Die heute üblichen Dicken von 20 bis 30 Zentimeter entsprechen damit etwa 4 Liter Öl pro Quadratmeter. Wie René Stüdle, Leiter Brandschutz von der Vereinigung Kantonaler Feuerversicherungen, gegenüber den Nachrichten auf Radio DRS erklärte, sollen die entsprechenden Brandschutzvorschriften bis 2015 verschärft werden. So dürfte auch in der Schweiz zwischen den Stockwerken ein Riegel aus nicht brennbarem Isolationsmaterial vorgeschrieben werden, um die Ausbreitung des Feuers zu erschweren. Ob solche Vorschriften wie in Deutschland nur für höhere Gebäude vorgesehen sind oder es vielmehr Ausnahmen geben wird, ist noch nicht klar. Das Problem: Bei einem Brandausbruch im oberen Fassadenbereich, kann das herunterlaufende brennende Material solche nichtbrennbaren Riegel überlaufen.
Das Problem brennbarer Fassadenisolationen ist schon lange bekannt, in Deutschland gibt es dafür bereits verbindliche Vorschriften. Unverständlich, dass die Schweiz nun noch Jahre brauchen soll (bis 2015), um die Brandschutzvorschriften entsprechend anzupassen. (mai)