Besserer Hochwasserschutz dank Klimawandel?
Bestehen Schutzwälder heute vor allem aus Weisstannen und Fichten, wachsen dort in Zukunft auch zahlreiche Buchen. Denn steigen die Temperaturen, werden Buchen auch in höheren Lagen heimisch. Diese Entwicklung könnte laut Experten der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) dem Hochwasserschutz zugute kommen.
Vor allem in voralpinen Regionen werden Buchen wegen der steigenden Temperaturen vermehrt auch in Tannen- und Fichtenwäldern gedeihen. Dies beeinflusst die Durchwurzelung des Bodens: Die Bauche macht tiefere Wurzeln als die Fichte. Sterben Wurzeln ab, hinterlassen sie Hohlräume, in denen der Boden vermehrt Wasser speichern kann. Das heisst: Je mehr Buchenwurzeln den Boden durchdringen und langfristig lockern, umso mehr Wasser nimmt der Boden auf und umso weniger fliesst es oberflächig ab. Als Folge davon verringert sich das Hochwasserrisiko.
Eine Stunde künstlicher Regen
Um den Einfluss der veränderten Baumartenzusammensetzung auf die Schutzwirkung gegenüber Hochwasser abzuschätzen, haben Wissenschafter WSL, der Universität Bern und der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL in Zollikofen im Gantrischgebiet BE einen fichtenreichen Mischwald mit einem tiefer gelegenen buchenreichen verglichen. Dazu ermittelten sie das Wasserspeichervermögen des auf 1000 Meter über Meer liegenden Tannen-Fichtenwaldes mit einem nahe gelegenen, etwa 100 Meter tiefer liegenden Tannen- und Buchenwald. An beiden Orten waren die Bodeneigenschaften in etwa vergleichbar, etwa was Vernässungsgrad, Dichte, Körnung und Bodensäure betrifft. In einem Experiment simulierten die Forscher auf einer Fläche von einem Quadratmeter während einer Stunde starken Niederschlag. Dabei zeigte sich, dass der Tannen-Buchenwald insgesamt rund 15 Prozent mehr Wasser aufnehmen konnte als der buchenarme Tannen-Fichtenwald. Denn der Boden im Tannen-Buchenwald war bis in eine Tiefe von zirka 70 Zentimetern gut durchwurzelt ist, im Gegensatz zum Tannen-Fichtenwald, bei dem dies nur bis in eine Tiefe von 10 Zentimetern zutraf.
„Tiefgründige“ Buchen
Aufgrund des Zusammenhangs zwischen Wurzeldichte und Wasserspeicherkapazität des Bodens lässt sich laut den Experten berechnen, wie sich die Wasserspeicherungskapazität Tannen-Fichtenwald verändert, wenn sich dort mehr Buchen ansiedeln. Sie gehen davon aus, dass die Wasserspeicherung nur in den obersten 10 Zentimetern leicht abnimmt, weil dort die Wurzeldichte der sehr oberflächlich wurzelnden Fichte gross bleiben wird. Hingegen dürfte der Boden einer Tiefe von 10 bis 100 Zentimeter mehr Wasser speichern.
Ob mehr Buchen aber tatsächlich den Hochwasserschutz nachhaltig und nicht nur teilweise erhöhen können, ist laut den Wissenschaftlern unklar. Sie weisen darauf hin, dass sich die Wasserspeicherkapazität zwar dank der Buche zwar leicht erhöht, dass die Klimaerwärmung aber auch höhere Niederschläge mit sich bringen wird. (mai/mgt)