Bauwirtschaft Zentralschweiz: Segmente kompensieren Wohnbau-Rückgang
Die Zentralschweiz steht insgesamt vor einer soliden Entwicklung der Hochbautätigkeit. Gegenläufig waren die Trends bei den Wohnbausegmenten. Der Boom bei den Einfamilienhäusern konzentriert sich auf einzelne Regionen, beim Bürobau auf die Agglomeration Luzern. Überdurchschnittlich sind die Investitionen der Unternehmen in den Gebäudepark.
In der Zentralschweiz zeigt sich beim Hochbau weiterhin ein positiver Trend. Gesamthaft kann die Bauregion sogar einen Rekordwert verbuchen. Die auf Basis von Gesuchen ermittelte Bausumme erhöhte sich im Vergleich zum Vorjahr um 8,1 Prozent und konnte den langjährigen Durchschnitt übertreffen. Nicht mithalten konnte einzig Nidwalden. Gebremst wurde das Wachstumstempo vom Wohnbau, was schwerer ins Gewicht fällt, da dieser im letzten Jahr in den sechs Zentralschweizer Kantonen rund drei Fünftel der Investitionen in Hochbauten ausmachte.
Weniger Mehrfamilienhäuser
Gesamthaft sank die Summe geplanter Wohnbauten im Vergleich zum Vorjahr um 4,1 Prozent, wobei der langjährige Durchschnitt gleichwohl fast erreicht wurde. Die Bausumme ins Minus geschoben hat in erster Linie die Entwicklung im Kanton Luzern, wo die für Wohnbauten geplante Summe um 13,2 Prozent einbrach und sich unter dem langjährigen Durchschnitt einpendelte(-4,8 %). Im Kanton Schwyz wiederum verzeichnete der Wohnbau ein Minus von 9,0 Prozent, wie die Zahlen der Docu Media Schweiz GmbH zeigen (Zahlen per Ende Juli). Immerhin lag die Wohnbausumme im Bereich des langjährigen Durchschnitts.
Luzern und Schwyz sind zusammen mit dem Kanton Zug beim Wohnbau die Taktgeber. In diesen drei Kantonen werden rund vier Fünftel der in der Zentralschweiz in Wohngebäude investierten Summe verbaut. Die Dominanz hat auch ihre Schattenseiten, wie das Segment Mehrfamilienhäuser (MFH) zeigt. In Luzern wurde die für mehrstöckige Wohnbauten geplante Summe im Vergleich zum Vorjahr um 22,0 Prozent zurückgestutzt, nachdem letztes Jahr noch eine positive Veränderungsrate in diesem Ausmass resultierte. Volatiler aber mit ähnlicher Tendenz verlief die Entwicklung in Nidwalden.
Im Kanton Schwyz war der Einbruch der MFH-Bausumme zwar geringer (-12,0 %), doch beschleunigte sich die Abschwächung (Vorjahr: -2,2 %). Den Rückgang des MFH-Segments etwas in Grenzen hielten die Kantone Zug, Obwalden und Uri. Die für Wohnbauten geplante Summe überdurchschnittlich steigern kann auch der Kanton Zug (+46,9 %), insbesondere dank des MFH-Segments (+57,2 %; Vorjahr -36,6 %). Auch das EFH-Segment kann ein solides Summenwachstum von 15,5 Prozent ausweisen (Vorjahr: -28,1 %). Prosperieren dürfte der Wohnbau auch in Obwalden (+36,4 %), wo die Bausumme beider Bereiche eine Zunahme verzeichnete.
Regionaler Boom
Zu den Kantonen, die vor einer wachsenden Wohnbautätigkeit stehen, gehört auch Uri. Kantonsweit betrug das Plus im Vergleich zum Vorjahr 19,6 Prozent, wobei der wichtigste Wachstumsbeitrag vom Ausbau der touristischen Infrastruktur in Andermatt kommen wird. Geplant sind dort mehrere Apartmenthäuser für insgesamt über 60 Millionen Franken. In Planung ist auch ein weiteres Hotel für fast 16 Millionen Franken. Vor einer Abschwächung steht das EFH-Segment (-31,6 %) nach einem Plus im Vorjahr (+29,6 %).
Gleichwohl dürfte in der Zentralschweiz der Boom bei den Einfamilienhäusern vorerst weitergehen, auch wenn sich gesamthaft die Investitionen verringerten (+8,7 %; Vorjahr: 22,6 %). Der Boom manifestiert sich regional unterschiedlich. Namentlich der Kanton Luzern, wo fast die Hälfte der Zentralschweizer Segmentsumme verbaut wird, bleibt für Häuslebauer attraktiv (+18,4 %; Vorjahr: +22,4 %). Schwyz kann immerhin die hohe EFH-Summe des Vorjahres bestätigen. Mehr in den Bau von Einfamilienhäusern investiert wird auch in Zug (+15,5 %) sowie in Obwalden (+24,5 %).
Produktionsstandort gestärkt
Den Produktionsstandort Zentralschweiz stärken werden die hohen Investitionen der Industrie- und Gewerbeunternehmen. Trotz konjunktureller Risiken erhöhte sich die Summe für den Ausbau des Gebäudeparks im Vergleich zum Vorjahr um 43,4 Prozent. Auch beim Industriesegment werden die Kantone Luzern, Zug und Schwyz die künftige Bautätigkeit prägen. Im Kanton Luzern legte das Industriesegment gegenüber dem Vorjahr sogar um 51,5 Prozent zu, was auch über die letzten fünf Jahre gesehen ausserordentlich ist. Die Bausumme in die Höhe getrieben haben verschiedene Grossprojekte für den Kapazitätsausbau.
Das Transportunternehmen Planzer investiert laut der «Luzerner Zeitung» in Wikon LU 140 Millionen Franken in ein neues Logistikzentrum. Und in Weggis LU wirft die auf die Herstellung von Geräten für die Lebensmittelverarbeitung spezialisierte Thermoplan AG 70 Millionen Franken auf für ein neues Werk. Überdurchschnittlich sind die Investitionen auch im Kanton Zug (+61,7%). Zu Buche schlagen drei in Baar geplante Gewerbegebäude für 130 Millionen Franken.
Mit der Dynamik der Nachbarkantone mithalten kann auch Schwyz (+44,1%). In Einsiedeln plant das Unternehmen HLM ein Produktionsgebäude für 30 Millionen Franken. Und ein Gesuch der Riwag betrifft den Bau einer Produk-tionsanlage in Oberarth für 16 Millionen Franken.
Bürobau in Luzern konzentriert
Der Bürobau kommt auch in der Zentralschweiz nicht aus dem Tal der Tränen (-17,4 %). In Zug, wo viele Dienstleistungs- und Produktionsunternehmen angesiedelt sind, fiel die Summe für geplante Büro-bauten in sich zusammen (-77,4 %), in Schwyz halbierte sie sich. Dass das Segment nicht noch stärker ins Minus abschmierte, lag am Kanton Luzern (+31,9 %), wobei Grossprojekte das Bild prägen.
88,1 Millionen Franken fliessen gemäss Gesuch in den Neubau des Sozialversicherungszentrums Eichhoff-West in Kriens. Neue Büro- und Geschäftshäuser vorgesehen sind auch in Emmenbrücke (21,1 Millionen Franken) sowie in Rothenburg (19,1 Millionen). Der Hochbautätigkeit Auftrieb verleihen dürften auch Neubauten für Schulgebäude für gesamthaft 150 Millionen Franken. Zwei davon sind ebenfalls in Baar geplant, ein weiteres in Zug. Entsprechend konnte der Kanton Zug die Hochbausumme um 55,4 Prozent steigern.
Baugesuche und -summen, welche die Docu Media Schweiz GmbH systematisch erfasst, gelten als Vorlaufindikator für die künftige Entwicklung der Hochbautätigkeit. Die auf Erhebungen des Schweizerischen Baumeisterverbands (SBV) basierenden Daten gewähren sowohl einen Aus- als auch einen Rückblick, wobei auch der Tiefbau berücksichtigt wird (siehe rote Grafiken).
Zuversicht bei Arbeitsvorrat
Ende letzten Jahres erreichten die Arbeitsvorräte einen Stand, der eine gute Entwicklung der Hochbautätigkeit erwarten lässt. Die von den Unternehmen gemeldeten Arbeitsvorräte lagen 26,9 Prozent über dem Vorjahreswert und rund ein Viertel über dem langjährigen Mittelwert (Zahlen per Stichtag 31. Dezember).
Dagegen fiel die Auftragssumme beim Tiefbau im Vergleich zum Vorjahr um 9,9 Prozent. Einen positiven Beitrag zum Rekordwert des Hochbaus lieferten sowohl der Wohnbau (+18,8 %) als auch der übrige Hochbau (+70,4 %) und der private Tiefbau (+6,2 %), während der öffentliche Tiefbau ins Hintertreffen geriet (-17,0 %). Gesamthaft kann die Zentralschweiz den Arbeitsvorrat um 8,4 Prozent steigern (Hoch- und Tiefbau).
Erholung beim Auftragseingang
Düster sieht es dagegen beim Auftragseingang aus. Denn der Wert eingesammelter Aufträge ist im Vergleich zum Vorjahr gesamthaft um 10,6 Prozent eingebrochen, wobei das geringere Auftragsvolumen beim Tiefbau negativ zu Buche schlug (-20,6 %). Der Auftragswert des Hochbaus schwächte sich zum Vorjahr jedoch nur leicht ab (-1,0 %). Auffallend ist der Rückgang beim Wohnbau (-9,1 %), beim übrigen Hochbau gingen dafür mehr Aufträge ein (+35,1 %).
Ähnliche Veränderungsraten ergaben sich auch aus der Semesterbetrachtung, wobei der höhere Auftragswert beim übrigen Hochbau immerhin den Rückgang beim Wohnbau kompensieren konnte. Gegen Ende des letzten und zu Beginn dieses Jahres hat sich die Auftragslage gesamthaft wieder verbessert (+0,4 %), insbesondere dank des Tiefbaus.
Quelle: zvg
Der Bürobau dürfte sich in der Zentralschweiz behaupten können. Bild: Verwaltungsgebäude des Kantons Luzern (Visualisierung).
Bautätigkeit unterdurchschnittlich
Rückblickend verlor im gesamten letzten Jahr die Bautätigkeit in der Zentralschweiz (Hoch- und Tiefbau) an Dynamik (-2,4 %). Der Hochbau (-0,6 %) konnte sich besser behaupten als der Tiefbau (-4,4 %). Ende des letzten und Anfang dieses Jahres beschleunigte sich wegen des Tiefbaus die Abschwächung, während sich der Hochbau im Plus befand. Allzu schlecht stehen die sechs Innerschweizer Kantone jedoch nicht da, denn die Summe ausgeführter Bauvorhaben erreichte immer noch ein überdurchschnittliches Niveau, und zwar sowohl übers Gesamtjahr gesehen als auch im letzten und ersten Quartal.
Sowohl über beide Quartale als auch übers letzte Jahr gesehen konnte der Wohnbau beim Umsatz abgearbeiteter Aufträge zulegen. Im Vergleich zu den Vorjahresquartalen betrug die Zunahme 3,4 Prozent, gegenüber dem gesamten Vorjahr sogar 3,7 Prozent. Als Stütze der Bautätigkeit erwies sich auch der übrige Hochbau (+1,5 %). Im gesamten Semester konnte das Segment den Auftragswert erhöhen (+4,9 %), dennoch entwickelten sich die Summen unterdurchschnittlich.