07:55 BAUBRANCHE

Bauwirtschaft Zürich, Aargau, Schaffhausen: Taktgeber gerät aus dem Tritt

Geschrieben von: Stefan Schmid (sts)
Teaserbild-Quelle: Matthias Bader

Die Bauregion steht nach zwei Jahren mit ausserordentlichen Investitionsvolumina vor einer Phase des Abschwungs. Vom Rückgang der umsatzstärksten Region sind alle Segmente betroffen, kantonal in unterschiedlichem Ausmass allerdings. Lichtblicke sind Grossprojekte.

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In der Bauregion Zürich, Aargau und Schaffhausen dürfte die Hochbautätigkeit vor einer Abschwächung stehen. Denn die auf Basis von Gesuchen ermittelte Hochbausumme ging im Vergleich zum Vorjahr nominal um 7,4 Prozent zurück. Weil es sich aufgrund des Investitionsvolumens um die bedeutendste Bauregion der Schweiz handelt und auf die drei Kantone über ein Viertel der schweizweit getätigten Hochbauinvestitionen entfällt, setzt die Abschwächung ein markantes Zeichen.

Insbesondere dürfte die Auftragslage im Bauhaupt- und Ausbaugewerbe in der Region das schlechte Resultat des Kantons Zürich beeinträchtigen. Der Bezug zum hohen Vorjahreswert kann den Rückgang nur zum Teil erklären, denn in Zürich lagen als einzigem der drei Kantone die geplanten Investitionen unter dem Fünfjahresschnitt. Vom Kanton Aargau dürften ebenso wenige Wachstumsimpulse für die künftige Hochbautätigkeit ausgehen. Denn die geplanten Investitionen in die Hochbausegmente reduzierten sich im Vergleich zum Vorjahr um 5,0 Prozent (Stichtag 31.Januar). 

Immerhin konnte die Hochbausumme den langjährigen Durchschnitt übertreffen. Ein positives Zeichen setzen konnte einzig der Kanton Schaffhausen, der die geplanten Investitionen im Vorjahresvergleich um 14,8 Prozent ausweiten konnte. Das etwas düstere Gesamtbild der Bauregion zeichnen zum Teil auch die einzelnen Segmente nach, wobei es durchaus Lichtblicke gibt.

Wohnbau kommt nicht auf Touren

Beim Wohnbau zeichnet sich mittlerweile über die vergangenen drei Perioden ein Negativtrend ab, der sich im letzten Jahr noch verstärkte. Die geplante Summe für Wohnbauprojekte reduzierte sich im Vergleich zur Vorjahresperiode gesamthaft um 13,1 Prozent (Vorjahr: -5,0%), wie aus den Datenreihen der Docu Media Schweiz GmbH hervorgeht.Während die Kantone Zürich und Schaffhausen im Vorjahr bei der geplanten Bausumme in Wohnbauten noch ein gutes Ergebnis ausweisen konnten, wurden letztes Jahr die Investitionen zusammengestrichen.

In Zürich lagen sie 13,5 und im Kanton Schaffhausen 42,4 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Immerhin konnte der Kanton Aargau den Krebsgang abschwächen, doch verharrte die Summe 8,3 Prozent im Minus. Vom Rückgang betroffen waren beide Wohnbausegmente. Bei den Mehrfamilienhäusern (MFH) ist dieser gesamthaft zwar etwas weniger hoch ausgefallen, doch dürfte der Volumeneffekt Folgen für die Auftragslage haben. Denn in den letzten Jahren entfielen gemessen am langjährigen Schnitt rund 84 Prozent der Wohnbausumme auf dieses Segment.

Darüber hinaus wird durch die flaue Bautätigkeit das Angebot an Wohnungen zusätzlich verringert. In Zürich entwickelten sich die Investitionen in den Bau von Mehrfamilienhäusern kantonsweit unterdurchschnittlich. Nach zwei Jahren mit überdurchschnittlich hohem Investitionsvolumen ist die Segmentsumme um 12,3 Prozent eingebrochen. Insbesondere in der Stadt Zürich dürfte sich die Situation verschärfen.

Dabei wurden in der Stadt, wo Wohnungen mittlerweile äusserst knapp sind, letztes Jahr über 3000 Einheiten gebaut. Die Kadenz dürfte in der Stadt aufrechterhalten werden. Auf über 800 Millionen Franken beläuft sich die geplante Summe für Wohnbauten. Und dabei umfasst die Summe lediglich Objekte mit einer projektierten Investitionssumme von über 50 Millionen Franken. Aufgrund der hohen Mieten in der Stadt werden vermehrt grosse Wohnbauprojekte in Gemeinden mit guter Verkehrsanbindung realisiert wie in Regensdorf, Dietikon, Küsnacht oder Greifensee. 

Der Kanton Aargau wiederum konnte den Rückgang immerhin abbremsen, doch verharrte die MFH-Summe in der Minuszone. Einen speziellen Schatten auf das Gesamtbild wirft der Kanton Schaffhausen, wo sich die Summe für den Bau von Mehrfamilienhäusern halbierte, nach einem Plus im Vorjahr. Der Wert geplanter Wohnbauprojekte fiel weit unter den Fünfjahresdurchschnitt. 

Eine drastische Wende vollzog sich in Zürich bei den Einfamilienhäusern (EFH). Nachdem im Vorjahr kantonsweit noch ein Plus von 3,9 Prozent zu verzeichnen war, drehte die Entwicklung ins Minus (-22,2%). Der Wert geplanter Bauprojekte fiel sogar auf ein Fünfjahrestief. Verschlechtert hat sich laut den Docu-Media-Zahlen die Lage in den Kantonen Aargau und Schaffhausen, in denen die stark rückläufigen Investitionen im EFH-Segment den Negativtrend bestätigten. Im Kanton Aargau büsste die Segmentsumme zum Vorjahr 14,7 Prozent und in Schaffhausen 15,4 Prozent ein.

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Tatsächlich konnten Bauunternehmen letztes Jahr weniger Aufträge für den Bau von Wohnungen einsammeln. Der Auftragsbestand reduzierte sich im Vergleich zum Vorjahr um 13,7 Prozent, befand sich aber immer noch über dem Fünfjahresdurchschnitt, wie Zahlen des Schweizerischen Baumeisterverbands (SBV) zeigen. 

Beim Arbeitsvorrat sieht es auf den ersten Blick noch schlimmer aus. Im Vergleich zum Vorjahresstichtag sank in der Bauregion per Ende 2023 der Wert vorrätiger Aufträge im Wohnbaubereich um 29,9 Prozent, wobei es wiederum den hohen Vorjahreswert zu berücksichtigen gilt. Zudem übertraf der Arbeitsvorrat den Fünfjahresdurchschnitt deutlich. Insgesamt entwickelte sich auch die Wohnbautätigkeit im Jahr 2023 überdurchschnittlich. Gegenüber dem Vorjahr erhöhte sich die verbaute Summe um 8,5 Prozent. Die Zahlen des SBV beziehen sich auf die Produktion des Bauhauptgewerbes, während die Zahlen der Docu Media Schweiz GmbH zusätzlich noch das Ausbaugewerbe umfassen.

Zurückhaltende Unternehmen

Der Industriesektor konnte einzig im Kanton Aargau einen positiven Akzent setzen. Zwar fuhren Unternehmen die Investitionen für Erweiterungen der Gebäudeparks zurück, was im Vergleich zur Vorperiode ein Minus von 25,2 Prozent bedeutete. Doch blieb die geplante Bausumme im traditionell wichtigen Industriestandort überdurchschnittlich. Bereits in den vier Jahren davor verzeichnete der Kanton ein beispielloses Wachstum mit einer Verdoppelung der Investitionen in Industrie- und Gewerbebauten. Konkret ist in Lupfig für 54 Millionen Franken ein neues Industriegebäude für die Saviva AG geplant, die Dienstleistungen in den Bereichen Lebensmittelgrosshandel und -logistik erbringt. 

Den Gebäudepark erweitern will auch die in den Bereichen Reinraum- und Isolatortechnik sowie in der Kontaminationskontrolle tätige Skan AG, die in Stein AG für 28,15 Millionen Franken ein Kompetenzzentrum bauen lassen will. Dagegen lassen Zürich und Schaffhausen bei Investitionen in Industrie- und Gewerbegebäude die Konstanz vermissen, zumal die Segmentsummen in den letzten Jahren starken Schwankungen unterworfen waren. Im Kanton Zürich verliert die Bausumme zum Vorjahreswert 47,2 und in Schaffhausen 33,0 Prozent. Damit dürften die globalen wirtschaftlichen Verwerfungen auch in der Bauregion Folgen zeitigen. Denn im Vorjahr wiesen die drei Kantone bei den Investitionen in Produktionsgebäude noch hohe zweistellige Wachstumsraten auf.

Bei geplanten Handels- und Verwaltungsgebäuden bahnte sich im vorletzten Jahr eine Erholung an. Diese fand nicht in allen drei Kantonen ihre Fortsetzung. Einem Grossprojekt ist es sogar zu verdanken, dass sich der Rückgang der Segmentsumme in Grenzen hielt (-9,4%). Wiederum in der Gemeinde Lupfig betrifft dabei ein Gesuch der Global Technical Reality (GTR) den Bau eines Rechenzentrums, das für 300 Millionen Franken auf den Reichholdareal realisiert werden soll. Damit etabliert sich die Region rund um die Gemeinde immer mehr zu einer weiteren schweizweit wichtigen Drehscheibe für den Datentransfer. Denn auch die Tech-Firma Green.ch plant ein zusätzliches Datacenter. 45 Millionen Franken will das Unternehmen dafür aufwerfen. In Zürich und Schaffhausen blieben die Segmentsummen dagegen unterdurchschnittlich.

Öffentliche Hand investiert kräftig

Der Ausbau des Bildungswesens wird in allen drei Kantonen vorangetrieben. Zu Buche schlagen dabei das geplante Hochschulgebäude der ZHAW in Winterthur für 308,6 Millionen sowie eine Schulanlage in der Stadt Zürich für 231 Millionen Franken. Ausserordentlich ist die Segmentsumme auch im Kanton Schaffhausen, wo ein achtmal höherer Betrag in Gebäude für Bildungseinrichtungen fliesst als im Durchschnitt der vier Jahre davor. Gesamthaft beträgt das Plus in der Bauregion im Vergleich zum Vorjahr 82,9 Prozent.

In den Kantonen Zürich und Aargau sind dagegen von der Fürsorge als weiterer Domäne der öffentlichen Hand wenige Impulse für die Bauwirtschaft zu erwarten. Ohne den Neubau des Kantonsspital Schaffhausen sähe es für das Segment trist aus. Auch das Tourismussegment kann zulegen. Erstaunlicherweise schwingt dabei der Kanton Aargau obenaus. In der Stadt Schaffhausen sind bauliche Interventionen beim Kulturzentrum Kammgarn geplant wie der Umbau des Westflügels des ehemaligen Industriegebäudes sowie eine Neugestaltung des Innenhofs für insgesamt 35 Millionen Franken. In der wichtigen Schweizer Feriendestination Zürich ging die für Hotelbauten geplante Summe indes zurück, übertrifft aber gleichwohl den Fünfjahresdurchschnitt.

Tiefbau stabilisiert Auftragslage

Der Bauwirtschaft in der Region Schub verleihen dürfte der übrige und öffentliche Hochbau. Laut SBV-Zahlen rechnen Bauunternehmen mit einem guten Auftragsbestand, und zwar sowohl beim übrigen (+16,6%) als auch beim öffentlichen Hochbau (+13,7%). Im Fünfjahresvergleich sind es durchschnittliche bis überdurchschnittliche Ergebnisse.

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Etwas weniger aufgehellt präsentiert sich die Lage beim Arbeits-vorrat. Während der übrige Hochbau per Stichtag am 31. Dezember den Wert der Arbeitsvorräte markant ausweiten konnte (+20,3%), gingen diese in der Bauregion beim öffentlichen Hochbau um 8,0 Prozent zurück. Zudem befanden sich die Summen beider Segmente weit unter dem Fünfjahresdurchschnitt. Insgesamt schwächte sich im letzten Jahr die Bautätigkeit sowohl beim übrigen (-13,4%) als auch beim öffentlichen Hochbau (-6,9%) ab. In beiden Bereichen lagen laut SBV-Zahlen die verbauten Summen unter dem langjährigen Durchschnitt.

In der Region dürfte sich der Tiefbau als Stütze des Bauhauptgewerbes erweisen. Zwar entwickelte sich der Auftragseingang unterdurchschnittlich und der entsprechende vom SBV erfasste Summenwert ging im Vergleich zum Vorjahr um 9,7 Prozent zurück. Doch die Summe vorrätiger Tiefbauaufträge legte im Vergleich zum Vorjahrstichtag um satte 36,4 Prozent zu, wenn auch der Fünfjahresschnitt verfehlt wurde. Die Tiefbautautätigkeit war überdurchschnittlich, obwohl im Vergleich zum Vorjahr eine kleinere Summe verbaut wurde (-3,2%). Insgesamt wird der Tiefbau seiner Rolle als stabilisierender Faktor innerhalb der Branche einmal mehr gerecht.

Bauregion ZH AG SH Kochareal

Quelle: Matthias Bader

Auf dem rund 30000 Quadratmeter grossen Kochareal im Westen der Stadt Zürich entstehen 360 preisgünstige Wohnungen für 900 Personen, Gewerbeflächen sowie ein öffentlicher Quartierpark.

Geschrieben von

Redaktor Baublatt

Seine Spezialgebiete sind wirtschaftliche Zusammenhänge, die Digitalisierung von Bauverfahren sowie Produkte und Dienstleistungen von Startup-Unternehmen.

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