13:05 BAUBRANCHE

Bauwirtschaft Bern und Wallis: Tiefbau stabilisiert

Geschrieben von: Stefan Schmid (sts)
Teaserbild-Quelle: Shivendu Shukla, Unsplash

Während der Kanton Bern beim Industrie- und im Bürobau Akzente setzen konnte, bringt im Wallis die Fertigstellung der Autobahn Aufträge. Rückläufig war die Summe für den Bau von Wohnrenditeliegenschaften. Insgesamt hat sich die Bauwirtschaft in der Region im vergangenen Jahr abgeschwächt. Sorgen bereitet die Entwicklung der Arbeitsvorräte.

Die Corona-Krise wird zweifellos auch die Bauwirtschaft in Mitleidenschaft ziehen. Unklarheiten über den Verlauf der Pandemie und die Folgen der Massnahmen zur Eindämmung des Virus führten zu grossen Unsicherheiten, zumal Bauherrschaften Investitionen aufgrund bestimmter Erwartungen in der Zukunft tätigen. Bauprojekte sind in aller Regel aber auf einen längeren Zeithorizont ausgerichtet. Zahlen der Vergangenheit können daher Hinweise liefern für künftige Entwicklungen. Auffallend waren in der Bauregion Bern Wallis angesichts der wirtschaftlichen Unsicherheiten die starken Schwankungen der Summe in den letzten zwei Monaten.

März und April volatil

Im April lag in beiden Kantonen sowohl die Zahl der Einreichungen als auch die auf Basis von Gesuchen aggregierte Hochbausumme deutlich im Plus. Bern konnte gegenüber dem Vorjahresmonat sogar eine um 11,7 % höhere Summe verbuchen, im Wallis schoss die Bausumme um 71,8 % nach oben. Die Summe erreichte den Fünfjahresdurchschnitt jedoch nicht, dies war allerdings bereits im Vorjahr so. Im März erhöhte sich die Bausumme im Kanton Bern um 17,5 %, während sich im Wallis im selben Monat ein Minus von 36,7 % ergab, wie die Zahlen der Docu Media Schweiz GmbH zeigen.

Die Bauregion konnte 2019 bei den gesamten in der Schweiz getätigten Hochbauinvestitionen einen Anteil von rund 14,0 % auf sich vereinigen. Auf Basis von Zahlen des Schweizerischen Baumeisterverbandes (SBV) entfielen im letzten Jahr auf Bern rund Dreiviertel des Hoch- und Tiefbauvolumens beider Kantone. Unterschiede ergaben sich bei der baukonjunkturellen Dynamik.

Wohnbau ohne Elan

In der Gesamtregion Bern und Wallis steht die Baukonjunktur unter Betrachtung der Jahreszahlen vor einer Abschwächung. Die Hochbausumme ging für die Bauregion im Vergleich zur letzten Periode um 6,7 % zurück und bestätigt damit den leichten Abwärtstrend der letzten Jahre (Zahlen per Ende April). In Bern war gemäss Auswertungen von Zeitreihen der Docu Media Schweiz GmbH der Rückgang der projektierten Summe des Hochbaus ausgeprägter (-7,7 %) als im Wallis (-4,6 %). Beim wichtigsten Hochbausegment mussten vorerst beide Kantone erneut einen Dämpfer verkraften. Die Hochbausumme geplanter Projekte des Segments Wohnrenditeliegenschaften ging gegenüber dem Vorjahr insgesamt um 13,6 % zurück. (Bern:- 13,2 %; Wallis: -14,8 %). Auch der Fünfjahresdurchschnitt war klar ausser Reichweite. Etwas besser ist die Situation bei den Einfamilienhäusern (EFH). Die geplante Investitionssumme sank zwar um 4,2 %, doch konnte der Kanton Bern in diesem Segment das Investitionsvolumen ausweiten (+1,3 %). Im Wallis dagegen war die EFH-Summe deutlich im Minus (-10,9 %).

Rolex erweitert in Biel

Die Bausumme des Segments Industriebau erhöhte sich um 9,2 %. In Gewicht fällt dabei das Grossprojekt der Manufacture des Montres Rolex SA in Biel, die dort für 100 Millionen Franken den Umbau und die Erweiterung des Produktionsgebäudes plant. Im Wallis ist nach den ausserordentlich hohen Investitionen der Lonza in Visp die projektierte Bausumme des Segments auf ein vergleichswiese tiefes Niveau gesunken. Investiert hat aber auch die Bosch-Tochter Scintilla, welche letztes Jahr die Erweiterung des Produktionsgebäudes in Betrieb nehmen konnte.

Gesuche für den Neubau von zwei Verwaltungsgebäuden, die das Bundesamt für Bauten und Logistik in Zollikon für 144 Millionen Franken bauen lässt sowie jenes der SBB Immobilien AG für 44 Millionen Franken verleihen dem Bürosegment Schub. Die geplante Bausumme verdoppelte sich laut den Daten der Docu Media Schweiz GmbH gegenüber dem Vorjahr vom allerdings sehr tiefen Wert. Im Wallis verringerte sich die Bausumme auf den tiefsten Stand der letzten fünf Jahre.

Grossprojekte im Tourismus

Beim Segment Schulen ergaben die Statistiken im Vergleich zum Vorjahr hohe Ausreisser, positive im Wallis und negative in Bern. Die akkumulierte Bausumme des Schulhausbaus blieb in Bern auch unter dem Fünfjahresdurchschnitt, während die Summe im Wallis deutlich darüber lag.

In der gesamten Bauregion weist das Tourismussegment, das Hotels, Restaurants und andere Gebäude des Freizeitsektors umfasst, im Vergleich zum Vorjahr bei der Bausumme hohe Zuwachsraten auf. Das Plus ist vor allem zurückzuführen auf ein Grossprojekt in Lens mit einem ausserordentlich hohen Investitionsvolumen. Ohne dieses auf einige Projekte konzentrierte V olumen wäre die Summe ins Minus gerutscht. Projekte im Segment Schulen sind im Bau wie in Bern und Sion, oder die Planung sind weit fortgeschritten.

Der Fokus der zeitnah generierten Docu- Media-Zahlen liegt bei den Gesuchen und der projektierten Bausumme des Hochbaus. Eine Gesamtbetrachtung von Hoch- und Tiefbau erlauben die SBV-Erhebungen zum zweiten Semester (siehe rote Grafiken) und zum Jahr 2019. Unterschieden werden der von den Bauunternehmen gemeldete Arbeitsvorrat, die Auftragseingänge sowie die effektive Bautätigkeit. Baugesuche sind vorlaufende Indikatoren künftiger Bautätigkeit. In den allermeisten Fällen führen die Einreichungen innerhalb bestimmter Fristen zu Baubewilligungen, die dann im Verlaufe eines Jahres oder länger bei den Unternehmen des Bauhaupt- und Ausbaugewerbe Umsätze generieren.

Arbeitsvorrat dank A9

Stark rückläufig ist der Arbeitsvorrat beim Tiefbau. Die Bausumme ist im zweiten Halbjahr laut Zahlen des SBV in der gesamten Bauregion gegenüber dem Vorjahr um 27,2 % eingebrochen. Das ist umso dramatischer als bei der gemeldeten Bausumme von Projekten (Stichtag: 31. Dezember) rund zwei Drittel auf den Tiefbau entfallen. Im Kanton Bern betrug der Rückgang gegenüber dem gesamten Vorjahr 38,3 %, auch befand sich dort der Vorrat laut den Erhebungen weit unter dem Fünfjahresdurchschnitt (-28,6 %). Grossprojekte des Tiefbaus in Biel oder Bern sind in Diskussion oder in der Planung, aber noch nicht beschäftigungswirksam (siehe auch Verkehrsteil Seite 22). Wegen der Fertigstellung der Autobahn A9 befanden sich im Wallis die Tiefbauinvestitionen auf dem Niveau der letzten fünf Jahre. Im Kanton tätige Bauunternehmen meldeten im Vergleich zum Stichtag des Vorjahres sogar einen um 33,3 % höheren Arbeitsvorrat.

Arbeitsvorrat auch im Wohnbau

Im Wohnbausegment lag der von den Bauunternehmen gemeldete Arbeitsvorrat 14,3 % über dem Stichtagswert des Vorjahres. Bei Berücksichtigung des Basiseffekts wegen der tiefen Bezugswerts relativiert sich die Zunahme allerdings, zumal die vorrätige Bausumme den Fünfjahresdurchschnitt mit deutlicher Differenz nicht erreichte (-10,3 %). Die Zunahme beim Vorrat Ende Jahr geht vor allem auf die geplanten Investitionen in Wohnbauten im Kanton Bern zurück (+20,7 %), im Wallis resultierte jedoch ein Minus von 3,1 %.

Höhere Arbeitsvorräte gegenüber dem Vorjahr weist auch das Segment übriger Hochbau aus (+11,2 %), wiederum zeigt sich dabei der Kanton Bern dynamischer (+28,8 %). Im Wallis betrug das Minus 24,2 %, wobei der Rückgang allerdings auf Basis des höchsten Werts der letzten fünf Jahre zu sehen ist. Wenige Impulse ausgehen dürften im Kanton Bern vom öffentlichen Hochbau, wo die gemeldete Projektsumme, ebenfalls zum hohen Vorjahreswert, stark zurückging (-23,9 %). Im Fünfjahresdurchschnitt beträgt das Minus aber nur noch 2,7 %. Schub dürfte der öffentliche Hochbau im Wallis erhalten, dessen Bausumme zum Vorjahr ausserordentlich stark zulegte. Ende 2019 befand sich der Arbeitsvorrat gesamthaft für beide Kantone 18,9 % unter dem Vorjahreswert (Hoch- und Tiefbau).

Wenige Tiefbauaufträge in Bern

Ein ähnliches Bild zeigen die Auftragseingänge bei den Bauunternehmen für Arbeiten im Hoch- und Tiefbau. In der Bauregion ist im Gesamtjahr 2019 die Auftragssumme um 6,7 % zurückgegangen, beim Hochbau allerdings stärker als beim Tiefbau, wobei die in Tiefbauprojekte fliessenden Beträge praktisch doppelt so gross waren wie beim Hochbau.

Dem Kanton Bern fehlen Tiefbauaufträge. Dort ist die entsprechende Bausumme im zweiten Halbjahr laut SBV-Zahlen eingebrochen (-44,6 %), während sich im Wallis die Auftragslage des Tiefbaus auf hohem Niveau stabil entwickelte (+86,9 %). Weil der Zuwachs im Wallis die Rückgänge in Bern nicht kompensieren konnte, schwächte sich im zweiten Semester in der gesamten Bauregion der Tiefbau gleichwohl ab (-15,2 %). Auf das Gesamtjahr 2019 bezogen sanken die Auftragssumme im Tiefbau in Bern um 19,5 %, während der Kanton Wallis ein Plus von 59,8 % verzeichnete, sodass dank der hohen Volumina beim Tiefbau noch ein Minus von 4,1 % resultierte.

Hochbau mit gutem Halbjahr

Beim Hochbau konnte das Wallis 2019 ein grösseres Auftragsvolumen mit einer zum Vorjahr um 18,4 % höheren Bausumme einsammeln, in Bern ging dagegen der Auftragswert um 23,0 % zurück. Dass die Summe der Auftragseingänge nicht noch tiefer ins Minus fiel, ist dem Wohnbau zu verdanken, der im zweiten Semester in beiden Kantonen mehr Aufträge brachte als in der Vorjahresperiode. In Bern erreichte die Wohnbausumme mit einem Plus von 41,6 % den höchsten Semesterwert der letzten fünf Jahre (Wallis: +43, 8%).

Auch für den übrigen Hochbau entwickelte sich laut den SBV-Zahlen die Auftragslage in der zweiten Jahreshälfte im Kanton Bern positiv (+11,2 %). Gleichwohl betrug der Rückgang 2019 im Hochbausegment und gesamthaft für beide Kantone 14,2 %.

Abgeschwächte Bautätigkeit

Die Bautätigkeit schwächte sich 2019 gegenüber dem Vorjahr ab. Davor befanden sich die verbuchten Umsätze noch leicht im Plus. Die Entwicklung des Tiefbaus im zweiten Semester trug dazu bei, dass sich die Bautätigkeit auf dem Niveau des Vorjahres halten konnte. Die Tiefbauumsätze lagen leicht im Plus (+0,42 %), wiederum kam der Schub im zweiten Halbjahr aus dem Wallis (4,7 %), während sich der Tiefbau in Bern verhalten entwickelte (-1,1 %).

Gesamthaft rückläufig war im zweiten Halbjahr auch die Wohnbautätigkeit (-4,6 %). Die hohen Zuwachsraten des Wohnbaus im Wallis (+31,4 %) trugen dazu bei, dass sich der Rückgang in Grenzen hielt. In Bern waren die Wohnbauinvestitionen zwar mehr als doppelt so hoch als beim südlichen Nachbarn, doch verlor das Segment im zweiten Semester deutlich (-15,2 %).

Der übrigeHochbau konnte sich im zweiten Semester gesamthaft halten (+0,5 %), gestützt vom Plus im Wallis (+46,8 %). In Bern war das Segment rückläufig (-11,1 %). Für die Bauregion resultierte im Gesamtjahr 2019 bei der Bautätigkeit ein Minus von 3,7 %. Der Hochbau verlor mehr (-5,3 %) als der Tiefbau (-2,7 %).

Infomanager für den Bau

Der Infomanager der Docu Media Schweiz GmbH liefert Daten zur Baukonjunktur in der Schweiz. Erfahrungsgemäss werden geplante Bauvorhaben je nach Grösse und Verlauf der Einsprachen oder dem Ausgang politischer Entscheidungen bei öffentlichen Bauten innerhalb von zwei Jahren realisiert. Schätzungsweise 10 % der Gesuche werden nicht bewilligt oder freiwillig zurückgezogen.

Der Infomanager unterscheidet formal zwischen Baugesuchen und -bewilligungen sowie Submissionen. Abfragen können nach diversen und individuell definierbaren Selektionskriterien und Objekten wie Wohnhäuser, Bürogebäude oder öffentliche Bauten und anderen Kategorien durchgeführt werden. Abrufbar sind auch Baustadien und -arten sowie viele weitere Ausbaumerkmale von Gebäuden. Auf diese Weise sind Unternehmen jederzeit exakt über die Investitionsvolumina in ihrem Tätigkeitsgebiet informiert.

Weitere Infos: www.infomanager.ch

Geschrieben von

Redaktor Baublatt

Seine Spezialgebiete sind wirtschaftliche Zusammenhänge, die Digitalisierung von Bauverfahren sowie Produkte und Dienstleistungen von Startup-Unternehmen.

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