12:22 BAUBRANCHE

Baustellengeschichte(n): Blick zurück auf Schweizer Grossprojekte

Teaserbild-Quelle: ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv / Hs_1085-1929-30-1-24

Die Saginatobelbrücke, die Staumauer Grande Dixence oder das Kernkraftwerk Gösgen – das Baublatt wirft mit historischen Bildern einen Blick zurück auf spektakuläre Baustellen und beeindruckende Ingenieurleistungen, die die Schweiz geprägt haben. 

Baustelle des Kernkraftwerks Gösgen, Aufnahme von 1975

Quelle: ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv / Com_FC27-5013-002

Baustelle des Kernkraftwerks Gösgen, Aufnahme von 1975.

Kernkraftwerk Gösgen, 1973 – 1979

Als bekannt wurde, dass die Atel (heute Alpiq) in Gösgen SO die Errichtung eines Kernkraftwerks plant, blies dem Vorhaben von Atomkraftgegnern zwar eisiger Wind entgegen. Dennoch war die Baubewilligung rekordwürdig schnell erteilt: Nachdem das Projekt im November 1972 aufgelegt worden war, lag die Bewilligung am 12. Januar vor. Obwohl Gruppen und auch Einzelpersonen gegen das Projekt rekurriert hatten und die entsprechenden Verfahren noch nicht abgeschlossen gewesen waren, fuhren im Juni 1973 am künftigen Standort des AKW die ersten Bagger auf. Das Vorhaben sorgte auch in Obergösgen – dessen Ortskern nahe bei der Anlage zu liegen kommen sollte – für Widerstand: Der Gemeinderat hatte zwar im November Einsprache gegen das Projekt erhoben, sie aber noch im selben Monat zurückgezogen. Gemäss einem Gemeinderatsprotokoll, das Monate später auftauchte, soll er von der Atel unter Druck gesetzt worden sein.

Der Bau des KKW Gösgen fiel in eine Zeit, in der die Antiatomkraftbewegung im Auftrieb war: So ist die Überparteiliche Be-wegung gegen Atomkraftwerke Solothurn 1975 gegründet worden. Sie sollte unter anderem eine Nationale Petition für einen vierjährigen Baustopp aller KKW in der Schweiz lancieren. Aus dieser Zeit stammt vermutlich auch das Foto. – Zum ersten Protestmarsch gegen das AKW kam es im Mai 1977, rund 10 000 Menschen zogen damals zur Baustelle. Kurz darauf entstand das Schweizerische Aktionskomitee gegen das KKW Gösgen: Es sollte die Besetzung der Baustelle koordinieren. Wenig später versuchten rund 3000 Besorgte die Zufahrten zur Baustelle zu blockieren. Ein massives Polizeiaufgebot verhinderte dies. Auch ein späterer Besetzungsversuch mit 6000 Teilnehmern sollte auf diese Weise scheitern. – 1979 ging das Kraftwerk schliesslich in Betrieb. Läuft alles nach Plan, wird es Mitte des Jahrhundert still gelegt. (mai)


Baustelle Grande Dixence

Quelle: ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv / Com_M04-0426-0006

Blick auf die Baustelle der Grande Dixence, im Hintergrund ist die alte Mauer zu sehen.

Grande Dixence, 1950 – 1961

Mit einer Höhe von 285 Metern ist die 695 Meter lange Staumauer Grande Dixence  Val d’Hérémence das höchste Bauwerk der Schweiz - und die höchste Gewichtsstaumauer der Welt. Erbaut wurde sie von 1950 bis 1961 nach Plänen von Alfred Stucky (1892 – 1969). Bauingenieur Stucky hatte verschiedene Talsperren konstruiert, darunter auch zusammen mit dem Elektroingenieur Jean Landry (1875 – 1940) die Vorgängerin der Grande Dixence. Sie war als Pfeilerstaumauer angelegt gewesen und ist zwischen zwischen 1926 und 1934 erbaut worden. Als obenstehendes Foto aufgenommen wurde, war sie noch zu sehen: Die Grande Dixence (im Vordergrund) hatte damals, im Jahr 1955, bereits die Hälfte ihrer Höhe erreicht. Dahinter befindet sich die alte Mauer. Als rund zwei Jahre später die Flutung eingeleitet wurde, verschwand sie schliesslich im Lac de Dix. – Nicht nur das Projekt auch die Baustelle auf 2365 Metern über Meer selbst war spektakulär. Zeitweise waren hier 3000 Arbeiter beschäftigt. Sie übernachteten in einer eigens für sie erstellten Unterkunft, der sie den glamourösen Übernamen «Ritz» verliehen hatten. Der neungeschossige Bau hat die vergangenen Jahrzehnte überdauert und dürfte damit einer der letzten erhaltenen Zeugen der Baustelle sein. Heute ist in ihm das «Hôtel du Barrage» untergebracht. (mai)


Leergerüst Salginatobelbrücke

Quelle: ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv / Hs_1085-1929-30-1-24

Der Bau des Leergerüstes für die Salginatobelbrücke bei Schiers GR.

Salginatobelbrücke, 1929-1930

Vor hundert Jahren gelangte man nur über einen Saumpfad in den Weiler Schuders im Prättigau. Eine Brücke sollten dies ändern: 1928 schrieb das Bündner Bauamt einen Wettbewerb für eine Querung über das Salginatobel aus. Den Zuschlag erhielt die Florian Prader & Cie, die dazu eine filigrane Stahlbetonkonstruktion von Robert Maillart (siehe auch Beitrag zur Zementhalle) vorschlug. Mit ihrem sparsamen Materialeinsatz und ihrem eleganten Design gilt die Salginatobelbrücke als ingenieurtechnischer Geniestreich. Allerdings wäre das kühne Bauwerk ohne Richard Coray (1869-1946) nicht möglich gewesen: Von ihm stammt das für die Bauarbeiten notwendige Lehrgerüst. Coray erstellte die Holzliste, half beim Montageplan und unterstützte bei den Vermessunsgarbeiten. Insgesamt sind für luftig anmutende Konstruktion rund 700 Kubikmeter Holz verbaut worden. Im 1929 starteten Arbeiten. 1930 wurden die Betonierarbeiten aufgenommen und noch im August desselben Jahres konnte das Gerüst entfernt und die Brücke dem Verkehr übergeben werden.

Coray, der wie Maillart als einer der Grossen seiner Zunft gilt, hatte ursprünglich eine Zimmermannslehre absolviert und sich später am Technikum Winterthur weiter gebildet. Allerdings sind seine Bauten im Gegensatz zu jenen Maillarts sehr vergänglich: Die filigranen, teils spektakulären Gerüste haben nur auf Fotografien und auf Plänen überdauert. So hatte er unter anderem auch die Gerüste für das Langwieser Viadukt und das Sitterviadukt geplant. Daneben wirkte er auch an grossen Bauprojekten im Ausland mit, zum Beispiel an der Bagdadbahnlinie, die Bagdad mit dem türkischen Kony verbinden sollte. (mai)


 

Gunit-Zementhalle für die Landesausstellung 1939

Quelle: ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv / Hs_1085-1938-39-1-6

Gunit-Zementhalle für die Landesausstellung 1939 in Zürich / Erbaut 1938, Bh.: Schweiz. Landesausstellung 1939,Architekt: H. Leuzinger, Ausführung: Prader & Cie. AG, Zürich, wurde nach der Ausstellung zerstört 1938 – 1939.

Gunit-Zementhalle der Landi, 1938-1939

Sie war eine der Attraktionen an der Schweizerischen Landesausstellung von 1939, die sich damals rund um das Zürichseebecken gezogen hatte: die Gunit-Zementhalle, ein steiler Bogen mit einer Spannweite von 16 Metern und einer Pfeilhöhe von 12 Metern. Das kühne Design der Schale aus gerade Mal sechs Zentimeter dünnem Spritzbeton stammte vom Architekten Hans Leuzinger und dem Ingenieur und Pionier des Stahlbetonbaus Robert Maillart (1872-1940). Es bescherte Maillart in der Fachwelt viel Aufmerksamkeit. Allerdings gilt das auch für viele seiner Werke, die mit perfektem Materialeinsatz, Funktionalität und Eleganz überzeugen. Zum Beispiel für die Salginatobelbrücke bei Schiers oder die von ihm ab 1908 entwickelte «Pilzdecke», bei der er auf Unterzüge verzichtete. Allerdings existiert die fertige Halle wie die ihre Baustelle nur noch auf Bildern. Als die Ausstellung Ende Oktober 1939 ihre Pforten schloss, wurde sie rückgebaut. - Die Zementhalle ist das letzte Werk Maillarts, er starb wenige Monate nach der Landi, am 5. April 1940. (mai)


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