11:24 BAUBRANCHE

Bauregion Zürich und Schaffhausen: Bauboom und fehlende Millionen

Geschrieben von: Ben Kron (bk)
Teaserbild-Quelle: Pascale Boschung

Wohnraum bleibt im Kanton Zürich rar, obwohl in den Gemeinden rund um die Metropole diverse Grossüberbauungen am entstehen sind. In der Stadt selbst stossen Bauprojekte auf diverse Hindernisse. Im Kanton Schaffhausen dominiert derzeit die Diskussion um den Neubau des Kantonsspitals: 70 Millionen Franken fehlen zur Finanzierung.

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Quelle: Pascale Boschung

Baustelle des Entlastungsstollens Sihl-Zürichsee bei Thalwil: Das Projekt eines durchgehenden Seeuferwegs wurde deutlich abgelehnt.

Gleich über zwei Vorlagen, die für die Baubranche von Bedeutung sind, stimmte der Kanton Zürich vor knapp zwei Wochen ab: Zum einen wurde die Pistenverlängerung beim Flughafen Kloten deutlich angenommen (siehe «Verkehr Zürich, Schaffhausen und Aargau»), zum anderen verwarf der Souverän die Idee von einem durchgehenden Uferweg am Zürichsee deutlich. Damit hat die Regierung in beiden Fragen ihren Willen erhalten, sprich, das ungeliebte Uferweg-Projekt ist vom Tisch. Die Stadtregierung ihrerseits, als Aktionärin der Flughafen AG, sieht den lukrativen Betrieb ihres Assets gesichert.

Ein weiteres Seeufer-Projekt wurde auch von den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern der Stadt Zürich verworfen: Diese hätte vorgesehen, einen öffentlichen Weg entlang des gesamten Seeufers auf Kantonsgebiet zu erstellen, was indes vom Stimmvolk recht deutlich verworfen wurde, ebenso eine städtische Vorlage für den Mythenpark am linken Seeufer.

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Quelle: Ben Kron

Baugrube fürs neue Unispital Zürich: Insgesamt werden für die verschiedenen Projekte zwei Milliarden Franken investiert.

Innovationspark kommt voran

Derweil macht ein Prestigeprojekt des Kantons weiter Fortschritte: Der zweite nötige Gestaltungsplan für den Innovationspark Dübendorf dürfte im März von der Baudirektion allenfalls überarbeitet, anschliessend aber genehmigt werden. Der Plan beinhaltet konkrete Angaben über Baufelder, Grünflächen und Vorgaben zur Gestaltung. Für einen ersten Teil des Projekts liegt bereits ein gültiger Plan vor. Der Innovationspark soll Platz für bis zu 15 000 Forschende bieten, vor allem in den Bereichen Aviatik und nachhaltige Mobilität. 

Die Flughafenstadt Dübendorf erhofft sich davon neue Arbeitsplätze, passend zur massiven Bautätigkeit und der stark wachsenden Bevölkerung: Letzten Herbst feierten die drei Wohntürme des Projekts «3point» Aufrichte, wobei die 265 Eigentumswohnungen längst verkauft sind. Mit ihnen besitzt die Stadt die höchsten Wohngebäude der Schweiz, nachdem man diesen Rekord kurzfristig bereits mit dem 100 Meter messenden «Jabee-Tower» gehalten hatte. Schon 2020 entstand der 85 Meter hohe Giessenturm.

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Quelle: Ben Kron

Skyline von Zürich-Oerlikon: Die Wohnbautätigkeit kann mit dem Bevölkerungswachstum der grössten Schweizer Stadt nicht mithalten.

Hochhausboom in «Dübai»

Kein Wunder, ist Dübendorf seit der Jahrtausendwende auf heute über 30 000 Einwohner angewachsen. Und es geht weiter: Das 60 Meter hohe Wohnhochhaus «Sorrento» ist im Sommer bezugsbereit. Ihm wird bald das gleichhohe «Sky» folgen. Bis 2028 entstehen die drei «Hofgarten»-Türme, mit über 400 Wohnungen. Der neue Spitzname der Stadt deshalb: «Dübai».

Generell geht das Bevölkerungswachstum weiter: Zürich wächst und wächst. Ende 2023 lebten schon über 1,6 Millionen Menschen im grössten Schweizer Kanton, 24'000 mehr als im Jahr davor, wobei das Furttal mit plus 3,1 Prozent und das Unterland mit 2,1 den stärksten Zuwachs verzeichneten. Auch die Stadt Zürich hat um 4000 Menschen zugelegt und zählt aktuell 447'082 Einwohner – auch das eine absolute Höchstmarke. Bis 2040 dürfte die Marke von einer halben Million erreicht sein.

Zahlen Zürich 2024
Quelle: Bundesamt für Statistik

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Quelle: ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv / Fotograf: Leuenberger, Heinz / DES_00-0024-06 / CC BY-SA 4.0

Flughafen Dübendorf: Die Umwandlung in einen Innovationspark ist einen wichtigen planerischen Schritt weitergekommen.

144 Wohnungen frei

Kombiniert mit einer rückläufigen Wohnbautätigkeit ergibt dies vor allem im tiefen Mietsegment einen komplett ausgetrockneten Wohnungsmarkt, während hochpreisige Objekte zunehmend schwierig zu vermieten sind. Über alle Segmente hinweg sank die Leerwohnungsziffer weiter auf 0,53 Prozent. In der Stadt Zürich waren gerade noch 144 Wohnungen frei, was eine Ziffer von 0,06 Prozent ergibt. Im Kanton ist gerade mal jede 200. Wohnung zu haben.

Tatsächlich also ist die Wohnungsnot ein Problem der Städte, «sofern es sie überhaupt gibt». Zu diesem Schluss kommt «Avenir Suisse». Der wirtschaftsnahe Thinktank unterstreicht, dass die Zahl der ausgeschriebenen Objekte auf dem Immobilienmarkt die offizielle Leerwohnungsziffer um ein Vielfaches übertreffe. Eine tiefe Leerwohnungsziffer könnte zudem positiv aufgefasst werden, «als Zeichen, dass der Wohnungsbestand zur vollen Kapazität genutzt wird.» Ganz anders die Lagebeurteilung der Zürcher Kantonalbank, die wegen der Nettozuwanderung mit einer weiteren Verknappung des Angebots rechnet. Zugleich werde nach wie vor zu wenig gebaut, um den Druck auf den Wohnungsmarkt zu senken.

Baustelle Haus zum Falken Stadelhofen Zürich

Quelle: Ben Kron

Baustelle Haus zum Falken in Zürich-Stadelhofen: Der Calatrava-Bau kommt direkt neben den Calatrava-Bahnhof zu stehen.

Weniger private Besitzer

Der Wohnungsbau kann mit diesen Zahlen nicht mithalten, obwohl letztes Jahr allein in der Stadt Zürich 3047 Neubauwohnungen erstellt wurden, 481 mehr als im Vorjahr. 57 Prozent dieser Wohnungen wurden durch private Gesellschaften erstellt, was einer seit 2008 andauernden Entwicklung entspricht: Die institutionellen Anleger haben seit damals massiv Land und Immobilien von Privaten erworben. Im Juni besassen diese Anleger erstmals mit 33 Prozent mehr Wohnungen als die Privaten, deren Anteil von 42 auf 32 Prozent geschrumpft ist. Erst durch die bevorstehende Zinswende könnten sich die institutionellen Anleger wieder vermehrt anderen Investitionen wie Obligationen zuwenden.

Auch im Rest des Kantons ist Wohnen für viele ein Problem. Lediglich im Weinland mit knapp 0,9 Prozent und im Rafzerfeld mit 1,36 Prozent ist die Leerwohnungsziffer nicht ganz so tief. Diese Regionen sind indes abseits der Zentren gelegen und vergleichsweise spärlich mit öffentlichen Verkehrsmitteln erschlossen.

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Quelle: Ben Kron

Wohnsiedlung Zürich-Brunau: Die Gespanne haben schon Rost angesetzt - die Realisierung des Neubauprojekts zieht sich weiter in die Länge.

Digitale Baugesuche

Eine Massnahme, um Baugesuche zu erleichtern, hat der Kanton immerhin realisiert. Voraussichtlich ab April können Baugesuche über die Plattform «eBaugesucheZH» vollständig digital eingereicht und abgewickelt werden. Bei der Baueingabe sind allerdings nach wie vor eine handschriftliche Unterzeichnung und zusätzliche Papierdossiers des Baugesuchs erforderlich. 

Ein Hindernis für den Wohnbau ist der Lärmschutz, der diverse Projekte verzögert oder die Verantwortlichen zu Anpassungen zwingt. Das grösste Problem ist hierbei der Verkehr: Im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Ländern ist Tempo 30 innerorts noch immer die Ausnahme und wird heftig bekämpft. Stattdessen will der Bundesrat die Vorschriften des Lärmschutzes lockern, sehr zum Unwillen der Städte. «Es gilt, Augenmass zu wahren», heisst es von Seiten des Städteverbandes.

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Quelle: H&B Real Estate AG

Überbauung Rägipark in Regensdorf: In mehreren Städten rund um die Metropole Zürich entstehen grosse Wohnüberbauungen.

Tempo 30 ausgebremst

Doch erst kürzlich überwies das Parlament eine Motion, wonach auf wichtigen Strassen Tempo 30 nicht eingeführt werden dürfe, um den Verkehrsfluss zu gewährleisten. Der Städteverband wiederum sieht darin einen Versuch von National- und Ständerat, die Autonomie der Gemeinden zu beschneiden. Tatsächlich braucht es schon heute ein Gutachten, um auf wichtigen Strassen das Tempo zu reduzieren, weshalb selbst der Verkehrsminister den Sinn des Vorstosses nicht sieht.

Ein anderes Hindernis, vor allem in Zürich, ist eine «Rekurswut», wie sie der «Tages-Anzeiger» nennt: Seit 2010 ist die Rekursquote bei Bauprojekten von 55 auf 71 Prozent angestiegen, was zu erheblichen Verzögerungen führt. Andere Städte haben eine deutlich tiefere Quote, Luzern als Beispiel nur 30 Prozent, und melden einen Rücklauf an Beschwerden bei Neubauvorhaben.

Chance verschlafen?

Doch ein Teil des Problems ist hausgemacht: So mache die Stadt Zürich Dienst nach Vorschrift und verpasse den Wohnungsbau, moniert eine Gruppe von Planern. Der Zankapfel ist das Josefareal mitten in der Stadt, dessen Entwicklung die Stadt derzeit plant. Auf den 20'000 Quadratmetern sollen mehrere öffentliche Bauten, ein Park und 130 Alterswohnungen entstehen. Die Planer hingegen wollen Wohnhochhäuser errichten, die 90 Meter hoch sind, wie der stehengebliebene Kamin der ehemaligen Kehrichtverbrennung. So wären 600 Wohnungen möglich, wenn man auf die geplante Grünfläche verzichtet. Denn: Das Areal grenzt bereits an die ebenfalls 20'000 Quadratmeter grosse Josefswiese.

Im Quartier Witikon, wo die Swisscanto-Anlagestiftung 370 Wohnungen bauen will, regt sich im Gemeinderat Widerstand gegen die Umzonung des 30'000 Quadratmeter grossen Areals, wenn nicht genügend preisgünstige Objekte entstehen. Viele Politiker hätten es generell als Aufgabe der Stadt angesehen, das Grundstück zu erwerben und zu überbauen.

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Quelle: Stadt Dietikon

Bauboom in der Agglo: In der Stadt Dietikon bleibt gemäss Limmattaler Zeitung «kein Stein auf dem anderen».

Brunau immer noch blockiert

Damit drohen dem Projekt grosse Verzögerungen, wie sie schon andernorts eintraten: Beim Areal Neugasse wollte die SBB Wohnungen errichten, wurde aber vom Stimmvolk zurückgepfiffen. Es verlangt von der Stadt, das Areal zu erwerben und komplett mit preisgünstigen Wohnungen zu entwickeln. Die SBB ihrerseits hat ihr Vorhaben begraben. Das Projekt Brunau der CS-Pensionskasse ist blockiert: Kürzlich hat das Verwaltungsgericht eine Beschwerde gegen das Vorhaben wegen mangelhaftem Gestaltungsplan gutgeheissen. Die Investorin kann diesen Entscheid vors Bundesgericht weiterziehen, doch eine weitere Verzögerung ist unabwendbar.

Wie es anders gehen kann, will die Pensionskasse der UBS in Zürich Altstetten beweisen: Eine dortige Überbauung mit 240 Wohnungen soll in den nächsten neun Jahren durch eine Kombination von Anbauten, Sanierungen und Aufstockungen auf 520 Wohnungen erweitert werden. Und das erst noch sozialverträglich, so die Investorin: Durch eine Etappierung des Bauvorhaben sollen die Menschen eine längere Vorlaufzeit für ihre Kündigung haben und innerhalb der Siedlung Umzugsmöglichkeiten haben.

Bülach Verdichtungsmeister

Andernorts geht es mit dem Wohnungsbau reibungslos voran. So ist Bülach jüngst zur Schweizer Meisterin im Verdichten gekürt worden. Die Stadt im Zürcher Unterland, früher bekannt für ihre gläsernen Christbaumständer, hat den ehemaligen Standort der Glashütte in ein Wohnquartier mit total 583 Wohnungen umgewandelt, in direkter Nähe zum Bahnhof. Insgesamt hat Bülach seine Bewohnerdichte pro Hektar drastisch erhöht: Zwischen 2017 und 2022 betrug diese Zunahme 18 Prozent, so eine Studie des Baumeisterverbandes. Auf Rang zwei und drei dieser Rangliste liegen mit Kloten und Schlieren zwei weitere Zürcher Städte.

Aktuell wird im Kanton indes nirgends soviel gebaut wie in Regensdorf. Dieses Jahr werden in der Furttaler Gemeinde nicht weniger als 1100 neue Wohnungen fertiggestellt, viele weitere Projekte sind in Arbeit. Regensdorf hat den Vorteil, nicht nur Baulandreserven auf der grünen Wiese zu besitzen, sondern auch ein Industrieareal, das umgenutzt werden kann. Folgerichtig hat die Stadt kürzlich 11,5 Millionen für einen Landkauf genehmigt, worauf ein neues Schulhaus für bis zu tausend Kinder gebaut werden soll.

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Quelle: Ben Kron

Bauarbeiten am Spital Wetzikon: Im Kanton Zürich sind eine ganze Reihe von Spitalprojekten im Gange.

Kein Stein auf dem anderen

Bauboom auch in Dietikon. In der Stadt sind zahlreiche Grossbauprojekte angedacht, in Planung, kurz vor dem Baubeginn oder in Realisierung: Ganze Areale werden neu gestaltet und verdichtet, auf einer Fläche von insgesamt fast 64 Fussballfeldern. «In Dietikon bleibt kein Stein auf dem anderen», bilanziert die «Limmattaler Zeitung». Das fand auch ein Dietiker, der diesem Bauboom einen Riegel vorschieben will und eine nachhaltige Entwicklung fordert: Die Initiative «Ja zu einer nachhaltigen Stadtentwicklung» wurde kürzlich eingereicht.

Intensive Bautätigkeit ist auch bei den Spitälern zu vermelden: Das neue Kinderspital in Zürich wird gegen Ende Jahr fertiggestellt sein, die Sanierung und Erweiterung des Spitals Wetzikon Ende 2035. Währenddessen haben die umfangreichen Arbeiten fürs zwei Neubauten des Unispitals begonnen, die bis 2029 dauern und 800 Millionen Franken kosten. Noch in der Planung sind Bauprojekte der Spitäler Uster und Bülach. Bei beiden Vorhaben wurden die Kosten bereits in dieser Phase deutlich reduziert.

Hallenbad doppelt so teuer

Genau umgekehrt läuft es bei der Planung des neuen Hallenbades und Sportzentrums in Zürich Oerlikon: Für dieses Bauvorhaben hätte dieses Jahr über einen Kredit von 210 Millionen Franken abgestimmt werden müssen. Doch nun dürfte sich dieser Urnengang um ein Jahr verzögern, denn bei der Planung lief einiges schief. Gemäss Zürcher Stadtrat «kam es bei der Formulierung des Wettbewerbsprogramms zu einem Übertragungsfehler der in der Machbarkeitsstudie angenommenen Gebäudetechnikflächen.» So wurde nur halb so viel Technikfläche vorgeschrieben wie tatsächlich nötig, weshalb das Projekt verzögert und am Ende gegen 400 Millionen kosten dürfte.

Kein Wunder, dass der Kanton Zürich bei all diesen Kosten fürs laufende Jahr ein Minus von 370 Millionen erwartet, bei einem Aufwand von über 19 Milliarden. Dem gegenüber steht der Umstand, dass schon in den Jahren zuvor solche roten Zahlen budgetiert worden waren, Zürich aber acht Jahre hintereinander positive Rechnungsabschlüsse präsentieren konnte – 2002 war es ein Ertragsüberschuss von 543 Millionen. 

Die Stadt Zürich erwirtschaftete im selben Jahr ein Plus von fast 300 Millionen und hatte ihrerseits 192 Millionen Miese erwartet. Fürs 2023 rechnet die grösste Schweizer Stadt mit einer Schwarzen Null, genauer ein minimes Defizit von 16 Millionen. Eine von den Bürgerlichen geforderte Steuersenkung wurde nach einer Monsterdebatte knapp verworfen. Anders der Kanton, der den Steuerfuss um ein Prozentpunkt gesenkt hat, auch für Unternehmen, um im schweizweiten Wettkampf mitzuhalten.

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Quelle: Ben Kron

Leitungsbau im Zürcher Niederdorf: Die Arbeiten ziehen sich noch bis ins Jahr 2028 hin.

Gesunde Gemeindefinanzen

Nebst den wie überall hohen Steuereinnahmen ist auch die Kantonalbank am Geldsegen beteiligt: Die ZKB erzielte einen Milliardengewinn, wovon der Kanton und die Zürcher Gemeinden in Form von Dividendenzahlungen profitieren. Der Kanton erhält 358 Millionen, die Gemeinden zusammen 170, im Verhältnis zur Bevölkerung. Zürich zum Beispiel erhält 46 Millionen, Winterthur 12,6 Millionen, Uster immerhin noch 3,9. «Zwei Jahre nach Corona stehen die Gemeinden im Kanton Zürich finanziell insgesamt sehr solide da», sagt Alexander Haus, der Leitung der Abteilung Gemeindefinanzen beim Kanton.

Nicht nur Stadt und Kanton Zürich stehen finanziell mehrheitlich gut da. So sind fürs laufende Jahr Steuersenkungen aus 25 Gemeinden zu melden, Erhöhungen nur in 10. In 124 Gemeinden ändert sich damit gar nichts. Zumindest steuerlich am günstigsten ist und bleibt das Zürichseeufer: in Kilchberg beträgt der Steuerfuss gerade mal 72 Prozent, direkt dahinter Küsnacht mit 73, wobei die Kilchberger ihren Spitzenplatz verlieren könnten, wenn die für 2026 angekündigte Erhöhung um 4 Prozentpunkte durchkommt. Ausserhalb der Seeregion ist nur das Unterland mit Winkel (76) und Neerach (77) im U-80-Club präsent. Am anderen Ende der Tabelle findet sich nach wie vor die Säuliämter Gemeinde Maschwanden mit einem Steuerfuss von 130 Prozent. 

Schaffhausen senkt Steuern

Noch ist das Staatssäckel des Kantons Schaffhausen gut gefüllt: So budgetiert man fürs laufende Jahr ein deutliches Plus von gut 20 Millionen Franken. Dies rührt vor allem daher, dass man finanzpolitische Reserven aus der Coronazeit auflösen muss. Dazu kommen höhere Steuereinnahmen durch die kantonale Umsetzung der OECD-Mindeststeuer. Den Steuerfuss für juristische Personen will die Regierung bei 97 Prozent belassen und den Überschuss dafür investieren: Für dieses Jahr sind Nettoinvestitionen von 52 Millionen Franken geplant, grösstenteils in Liegenschaften. Und: Der Steuerfuss für natürliche Personen sinkt um 8 auf nur noch 81 Prozent.

Längerfristig aber wird Schaffhausen wieder in die Roten Zahlen abrutschen: Der Finanzplan sieht für die kommenden drei Jahre ein Minus zwischen 36 und 47 Millionen Franken vor. Als Gründe hierfür werden Unsicherheiten bei der Entwicklung der Unternehmenssteuer genannt, dazu wie überall die steigenden Kosten für Bildung, Gesundheit und Soziales.

Schaffhausen Zahlen 2024
Quelle: Bundesamt für Statistik

Stimmvolk grosszügig

Noch offen ist dabei der Entscheid über einen Zusatzkredit fürs neue Polizei- und Sicherheitszentrum im Herblingertal: Im November entscheidet das Stimmvolk über zusätzliche sieben Millionen, welche die Gesamtprojektkosten auf rund 100 Millionen Franken erhöhen würden.

Bei einem anderen Projekt zeigten sich die Stimmberechtigten grosszügig: Mit grossem Mehr wurde ein kantonaler Beitrag von 12 Millionen ans neue Hallenbad gutgeheissen. Gleichentags sagte auch die städtische Bevölkerung Ja zu ihrem Anteil von 32 Millionen am Neubau. Dieser wird  das bestehende Bad von 1972 ersetzen und total 80 Millionen Franken kosten. Die Eröffnung ist für 2029 geplant.

Visualisierung Neubau Kantonsspital Schaffhausen

Quelle: PD

Visualisierung des neuen Kantonsspitals Schaffhausen: Noch sind die Baukosten nicht zusammen, doch die Finanzen des Kantons sollten Mehrausgaben erlauben.

Problemkind Spitalneubau

Das Problemkind des Kantons bleibt das Spital: Der Neubau auf dem Geissberg wird 240 Millionen Franken kosten, doch die Schaffhauser Spitäler können hiervon 70 Millionen nicht auftreiben. Die 2022 eingereichte Spitalinitiative der SP will den Spitälern einen einmaligen Beitrag von 60 Millionen verschaffen. Der Abstimmungstermin ist noch offen.

Vor drei Jahren hatte sich das Stimmvolk für einen Ersatzneubau beim heutigen Magazin Birch ausgesprochen, doch der Baubeginn verzögerte sich wegen der Einsprache eines beim Wettbewerb unterlegenen Unternehmens. Nun hat das Obergericht diese Einsprache abgewiesen, wobei ein Teil des Projekts, die Sanierung eines Wasserturms, neu ausgeschrieben werden musste. Auf dem Areal realisiert ein privater Investor das Projekt «82birch», das drei Gebäude mit total 21 Eigentumswohnungen umfasst und rund 40 Millionen Franken kostet. An der angrenzenden Parzelle sollen zwei weitere Gebäude mit 40 Mietwohnungen entstehen.

«Hotspot des öffentlichen Lebens»

Bei obiger Abstimmung vor drei Jahren wurde auch die Entwicklung des Kammgarnareals gutgeheissen, bei dem der Baustart bereits letztes Jahr hätte erfolgen sollen. Nach der Umgestaltung, die nun 2026 abgeschlossen sein soll, wird die Pädagogische Hochschule einen Flügel des Industriebaus beziehen. Der Bau wird bereits seit 1979 für kulturelle Aktivitäten genutzt. Der neu gestaltete Innenhof des Areals soll gemäss kantonaler Mitteilung zu einem «Hotspot des öffentlichen Lebens» werden.

Auf Gemeindeebene sind bei sechs Kommunen Senkungen und bei zwei Erhöhungen zu vermelden, wobei auch die Stadt Schaffhausen ihren Steuerfuss um zwei Prozentpunkte senkte. Das benachbarte Neuhausen darf sich über einen ausgeglichenen Haushalt und eine Senkung von 96 auf 93 Prozent freuen, dank rekordhoch sprudelnder Unternehmenssteuern. Zugleich investiert die Gemeinde am Rheinfall kräftig: Geplant sind Nettoinvestitionen von 8,7 Millionen Franken. Für die nächsten Jahre sieht der Finanzplan gar Investitionen in zweistelliger Millionenhöhe vor. Spätestens 2026 wird Neuhausen deshalb wieder Geld aufnehmen müssen.

Geschrieben von

Freier Mitarbeiter für das Baublatt.


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